Wenn es in Deutschland keinen Hitzetodessommer gibt, muss man ihn irgendwo anders herbeireden. Etwa in Italien, wo es 48 Grad geben soll. Die DUH erklärt Spanien für unbewohnbar, Karl Lauterbach fantasiert von einer spektakulären Hitzewelle in Bologna und Ricarda Lang muss ihren Tweet leider wieder löschen
Es sind nur 25 Grad in Berlin. Das ist eine Katastrophe. Dabei geht es diesmal gar nicht vorrangig um Berlin – das durchgängig Katastrophen liefert – als vielmehr um die Temperatur. Die Medien sind schnelllebig, da hat man glatt vergessen, dass letztes Wochenende eigentlich 40 Grad Sahara-Temperatur bringen und damit die Klimakatastrophe sowie die Notwendigkeit eines Hitzeschutzplanes bestätigen sollte. Das Sommerwochenende war jedoch schneller vorbei als gedacht und der Effekt, nunmehr für Hitzetote und den Klimaschutz sensibilisiert zu werden, ebenso verpufft.
Irgendwo, so dachten sich findige Medien, noch findigere NGOs und oberfindige Bundesgesundheitsminister, irgendwo musste sie doch sein – die Sommerhitzekatastrophe. Wenn nicht in Deutschland, dann vielleicht im Ausland. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach etwa berichtete von der Hitzewelle in Italien. Er sei gerade in Bologna eingetroffen. Die Hitzewelle sei „spektakulär“ hier. Die eigentliche Spektakularität erwähnt Lauterbach aber gar nicht. Denn 29 Grad nehmen sich für Mitte Juli in der Po-Ebene eher lau aus. Dort kann es nämlich schnell mal 33 Grad werden. Don Camillo und Peppone sind Zeugen: anders als in den Hügeln am Apennin- und Alpenrand knallt die Hitze dort förmlich auf einen runter.
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) July 13, 2023
Freilich hält das denselben Lauterbach einen Tag später nicht davon ab, aus der Toskana – kein Sozialdemokratenklischee wird ausgelassen – von Zypressen umrankt aus dem Sommerurlaub zu twittern. Ja, wenn die Hitzekatastrophe in Italien so schlimm ist, warum fährt denn der Gesundheitsminister dann überhaupt dorthin? Ist das die neue Form des Extremurlaubs? Oder ist Sonne am Ende doch etwas Gutes?
Die Deutsche Presse-Agentur verbreitet indes weitere Horrormeldungen, die Medienformate wie der Spiegel abbildeten. Über 40 Grad soll es im Mittelmeerraum werden – bis zu 48 Grad auf Sizilien! Aber auch Andalusien (45 Grad) und Griechenland (41 Grad) werden sich nächste Woche demnach in eine brutzelnde Gluthölle verwandeln. Es stehe ein „globaler Hitzerekord“ bevor. Erst ganz zum Schluss eröffnet aber diese Meldung: es geht gar nicht um die Lufttemperatur, die für gewöhnlich mit unserem Celsius-Empfinden gleichgesetzt wird. Die Rekordwerte betreffen – die Bodentemperatur!
Das ist eine ganz neue Art der Wissenschaft. Genauso gut könnte man die Temperatur in 50 ausgewählten Pizzaöfen, über Deutschland verstreut, testen, und nun sagen: ja, das ist ja auch eine Temperatur. Schlagzeile: 300 Grad in Gelsenkirchen. Unterzeile: In Giuseppes Holzofen. Oder man misst einfach die Bodentemperatur in Stromboli. Beim nächsten Vulkanausbruch. Dann kommt man auch locker auf 1.000 Grad.
Man fragt sich: welche menschlichen Individuen könnten so skrupellos sein, eine solche absurde Meldung nicht nur für voll zu nehmen, sondern sie auch für politische Zwecke zu instrumentalisieren und Panik zu schüren? Richtig, die Deutsche Umwelthilfe natürlich. Dieseltote waren nicht genug, nun also die Entvölkerung Südeuropas. Zumindest suggeriert das DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Er twittert: „Die Bodentemperaturen in Spanien haben 60 Grad erreicht. Bald ist Spanien kein Urlaubsziel mehr, sondern ein Herkunftsort für Klimaflüchtlinge.“ Aus Giuseppes Pizzeria sollen sie auch schon geflüchtet sein, hat man neulich bei Spiegel gelesen.
Ach ja: Auch Ricarda Lang hatte ursprünglich die legendäre sizilianische Todeshitze von 48 Grad in ihrem Tweet beklagt und dies als bahnbrechenden Beleg für ihre Ideologie gewertet. Wer jetzt nicht für Klimaschutz sei, ignoriere die Realität. Überraschenderweise hat die grüne Vorsitzende ihren Tweet mittlerweile gelöscht. Offenbar bekommen einige trotz Jahrtausendhitze doch kalte Füße, wenn sie der Falschaussage überführt werden.
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