Den großartigsten Dialog der Filmgeschichte führt Rick (Humphrey Bogart) mit Major Strasser in Casablanca. Der Nazi fragt den Barbesitzer unter anderem, was er mache, wenn die Wehrmacht London erobere, und Rick meint, das sage er, wenn es soweit ist. Dann will Strasser wissen, wie Rick reagiere, wenn die Wehrmacht in New York einmarschiert, und der antwortet: „Also in New York gibt es einige Viertel, da würde ich Ihnen empfehlen, besser nicht einzumarschieren.“
Nun hat dieser Boris Pistorius verkündet: „Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind, also verteidigungsfähig gegenüber einem offensiven, brutal geführten Angriffskrieg“, schreibt die Bild, das Fachblatt für Puppen-Bordelle, Tattoos von Sophia Thomalla und Ankündigungen, dass es bald einen Putsch gegen Wladimir Putin geben wird. Wir haben uns dagegen entschieden, das zu melden. Also nicht das mit dem Puppen-Bordell oder dem Thomalla-Tattoo, sondern das mit den Streitkräften, die nicht verteidigungsfähig sind. Das ist nicht neu, und folglich taugt es nicht als Nachricht.
Aber für eine Glosse kommt es genau richtig. Denn die deutsche Verteidigungspolitik ist seit Ursula von der Leyen (CDU) und der Helikoptermutter Christine Lambrecht nur noch mit Humor zu ertragen. Mit sehr viel Humor. Dazu passt, dass Pistorius seine Nicht-Nachricht in einer SPD-Fraktionssitzung verbreitet hat, die den Titel „Zeitenwende“ trug. Für alle, die mit dem Begriff nichts anfangen können: Zeitenwende gilt als das Wort des Jahres. Und heißt auf Deutsch übersetzt: Dieses Land ist nicht verteidigungsfähig, wir wissen das auch und reden offen darüber, tun aber nichts dagegen – und das nun schon seit einem Jahr.
Eins muss dem Verteidigungsminister aber entgegengehalten werden. Dass die Bundeswehr als Armee nur noch für schwangerengerechte Panzer gut ist, stimmt zweifellos. Aber dass wir keine verteidigungsfähigen Streitkräfte mehr hätten, ist glatt gelogen. Da wären wir wieder bei Humphrey Bogart. Wenn Putin in Deutschland einmarschiert – nachdem die Bild zum hundertsten Mal den baldigen Putsch gemeldet hat –, dann steht Putin sicherlich keine wehrtüchtige Armee im Weg. Aber ob der Russe wirklich in Neukölln einmarschieren will, das sollte er sich besser zweimal überlegen.
Sollte Putin jemals an Berlin vorbeikommen und auch noch die 200. Putsch-Meldung der Bild-Zeitung überstehen, dann muss er auf Deutschlands Verkehrswegen weitermarschieren. Gutes Gelingen dabei. Mit der Deutschen Bahn ist noch jede Offensive ins Stocken geraten und in Leverkusen den Rhein zu überqueren, ist schon lange keinem mehr gelungen. Auch die Orientierung über GPS ist in Deutschland alles andere als ein Vergnügen – über ein so gutes Netz wie das östliche Ost-Sibirien verfügen wir leider nicht.
Wenn der Russe doch so weit kommt, darf er das Land mit Soja-Sören und Finn Thorben wieder aufbauen. Da trifft dann eine Militärführung auf Studenten der Politikwissenschaft. Selbst der militanteste Lagerleiter kapituliert bereits, wenn er sich alle 37 Pronomen Finn Thorbens merken muss und Putin wird lieber freiwillig zurücktreten, als sich über die 250. Putschmeldung in der Bild-Zeitung wund zu lachen.