Tichys Einblick
Achtung, Satire

Die ARD streikt – und keiner stört sich daran

ARD-Mitarbeiter legen die Arbeit nieder. Der Schock sitzt jetzt vielleicht nicht so ganz tief. Aber der Arbeitskampf könnte schwerwiegende Folgen haben. Also jedenfalls ist die ARD im Streik. Im Karneval, aber nicht beim Klima.

IMAGO / Seeliger

Es gibt Streiks, die gefürchtet sind. Bei Politikern wie bei Bürgern. Wenn etwa die Müllmänner die Arbeit niederlegen, und das Thermometer steigt über 20 Grad Celsius – dann wird das unschön. So manche Biotonne mutiert dann zur schmutzigen Geruchsbombe. und so mancher Schwabe kaut verzweifelt an seinem Kehrbesen. Deswegen haben die Müllmänner gute Karten in Tarifverhandlungen.

Wie lässt sich nun eine Brücke von Müllmännern zu ARD-Mitarbeitern schlagen? Nun. Letztere sind jetzt im Streik. Das wirkt sich sichtbar aufs Programm aus. Also zumindest wirkt es sich aus. So zeigte die ARD-Sendung „Live nach Neun“ keine aktuelle Folge, sondern nur ein „Best-Of“. Manchem Zuschauer wird vor Schreck das Morgenbier aus der Hand gefallen sein.

Die Tagesschau ist nicht betroffen. Noch nicht. Geht der Streik weiter, kann sich das ändern. Dann würde die Tagesschau keine aktuellen Beiträge mehr zeigen, etwa wie dramatisch der Klimawandel, wie verrückt Donald Trump oder wie gefährlich der Corona-Virus ist. Stattdessen gäbe es historische Beiträge zu sehen. Etwa dazu, wie dramatisch der Klimawandel, wie verrückt DonaldTrump oder wie gefährlich der Corona-Virus ist.

Die Radiowellen BR-Klassik und Bayern 2 mussten Sendungen ausfallen lassen. Zum Trost spendierte der Bayerische Rundfunk jedem Hörer einen Schnaps. Nun diskutieren sie im Sender darüber, was sie mit dem Rest der Flasche machen. Die Welle „BR Schlager“ – ja, die gibt es wirklich – ließ die Moderation weg. Nun läuft die Musik, ganz alleine, ohne das Gelaber dazwischen. Zum Thema Drohkulissen könnten BR-Mitarbeiter noch eine Fortbildung brauchen. Nach dem Streik.

Immerhin können die Zuschauer des WDR beruhigt sein: Die fünfeinhalb Stunden Live-Berichterstattung von der Karnevalseröffnung soll es trotz Streik geben. Allerdings nur eingeschränkt. Die Kampagne steht unter dem Motto „Ov krüzz oder quer“. Das Kreuz bestreiken die WDR-Mitarbeiter aus grüner Überzeugung, das Queer liefern sie ungefragt und kostenlos. Auch die drei Divisionen an ARD-Mitarbeitern, die zur Klimakonferenz nach Sharm El-Sheikh geflogen sind, berichten weiter. Sie liefern sogar Bonus-Kommentare dazu, dass sich ARD-Zuschauer nicht ohne Not ins Flugzeug setzen sollen – etwa nach Sharm El-Sheikh.

Enthaltung bleibt in der ARD ein wichtiges Anliegen. Etwa für Lorenz Beckhardt. Der hat eigens seinen Tauchurlaub auf den Cokos Islands unterbrochen, um nach Sharm El-Sheikh zu fliegen – um dort wiederum für Flug-Enthaltsamkeit zu werben. Das ist lustig. Das ist ironisch. Aber tatsächlich alles auch reell. Es ist schwer für Satire, die Zustände in der ARD noch zu überzeichnen.

Bliebe noch die Frage, wie sich der Streik beenden lässt. Was sind die Forderungen? Wollen die ARD-Mitarbeiter zigfach so viel verdienen wie normale Arbeitnehmer? Ist schon erfüllt. Wollen die ARD-Mitarbeiter x-mal zigfach so hohe Pensionen erhalten wie normale Arbeitnehmer? Auch erfüllt. Wollen die ARD-Mitarbeiter, dass die Kritik an ihnen aufhört? Das ist nicht relevant, Kritik perlt an ihnen ab. Wollen die ARD-Mitarbeiter, dass ihr Programm auch von Menschen geschätzt wird, die eine Idee davon haben, wie Zeit gefüllt statt nur totgeschlagen wird? Das wird schwer.

So bleibt die ARD im Streik. „Live nach Neun“ muss den alten Müll weiter dort stehen lassen, wo er ist: im Programm. Nur anders als bei den Müllmännern will das einfach nicht zum Drohszenario werden. Schwierig. Alles schwierig. Zwischenzeitlich könnten wir alle „BR Schlager“ hören. Weiß jemand, wo man das empfängt?

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