Kaum eine Woche ist es her, dass die Geschichte von Loretta B., die es wagte, Deutschland als ihre Heimat zu bezeichnen und dafür einen schulischen Spießrutenlauf unter Polizeibegleitung über sich ergehen lassen musste, mediale Wellen schlug. Auch als die neuen pinkfarbenen Auswärtstrikots der deutschen Fußballnationalmannschaft vorgestellt wurden, erteilten Politik und Medien dem DFB einen Freibrief, um das traditionelle schwarz-weiße Farbschema zugunsten der politisierten Farbe der Diversität aufzugeben. Nun aber, da der DFB erstmals nach 77 Jahren den Ausrüster wechselt, entdecken prominente Ampel-Politiker plötzlich ihre Vaterlandsliebe.
Denn: Ab 2027 wird der DFB nicht mehr von Adidas, sondern von Nike ausgestattet. Laut DFB bot das US-Unternehmen nicht nur das beste wirtschaftliche Angebot, sondern überzeugte auch inhaltlich. Wer sich bei einem Zulieferer von Hemden zum Schwitzen unter Inhalt nicht viel vorstellen kann: Angeblich lieferte Nike ein „klares Bekenntnis für die Förderung des Amateur- und Breitensports sowie die nachhaltige Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland“. Tja, „nachhaltig“ und „Frauenfußball“ in einem Satz – da konnte Adidas ja nur leer ausgehen.
Dessen uneinsichtig echauffierten sich einige der bekanntesten Patrioten Deutschlands. Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der seine Heimatliebe mit seiner Unterstützung der deutschen Pharmaindustrie in der Corona-Krise bekräftigte, monierte den Wechsel zum US-Unternehmen. „Halte ich für eine Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet“, schrieb Lauterbach auf X. Einem Sprecher zufolge arbeitet der Gesundheitsminister, der seit dem Ende der Pandemie ein wenig in Vergessenheit geriet, an einem Pamphlet, in dem er den massiven Schiefergasimport aus den USA kritisiert und für eine Nutzung der hierzulande verfügbaren Reserven plädiert.
Unterstützung erhielt Lauterbach dabei ausgerechnet von Wirtschaftsminister Robert Habeck, der zwar nach eigener Aussage mit Deutschland nie etwas anfangen konnte, der aber just im Anbieterwechsel des DFB nun seinen persönlichen Saulus-Paulus-Moment durchlebt. „Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen“, so Habeck gegenüber der dpa. „Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen.”
Gut, daraus alleine ist noch keine Wertschätzung abzuleiten, aber spätestens als Habeck nachlegte und die Trikots von Adidas als „ein Stück deutscher Identität“ bezeichnete, musste jedem deutlich werden, dass das Herz des Wirtschaftsministers für die Heimat brannte. „Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht“, sagte Habeck. Schulleiter und heimlicher Halbbruder Habecks Jan Dirk Zimmermann aus Mecklenburg-Vorpommern prüft unbestätigten Quellen zufolge, ob der Wirtschaftsminister dafür eine Gefährderansprache beim Nachsitzen aufgebrummt bekommen soll.
Unbeantwortet bleibt allerdings, ob bei allen patriotischen Gefühlen der Ampel, die von ihr verursachte wirtschaftliche Entwicklung (Stichwort: Degrowth) womöglich einen Teil dazu beigetragen hat, dass Adidas ein wirtschaftlich nicht konkurrenzfähiges Angebot abgeben musste. Andererseits sollte man sich in den Ampelministerien vielleicht damit trösten, dass das Aktienunternehmen Adidas ohnehin nur noch zu 14 Prozent in den Händen deutscher Anteilseigner ist. Den 34 Prozent Anteilseignern aus Nordamerika zeigte der DFB somit die lange, patriotische Nase.