An der Überschrift auf Welt online ist nur eine Kleinigkeit falsch. Denn sie sollte statt „Brexit wird auf spätestens 31. Oktober verschoben” lauten: Brexit wird spätestens am 31. Oktober verschoben. Der Medientenor lautet einheitlich, der Brexit wird maximal bis Ende Oktober verschoben – minimal, werte Medisten, nicht maximal.
Die österreichische Tageszeitung Die Presse erklärt ihren Lesern, worum es bei dem Geschacher in Brüssel geht, denn nur um ein solches handelt es sich. Dort kümmert die Drahtzieher weder der künftige Kurs der EU noch eine ernsthafte Analyse, wie diese Sonderform einer Nichtregierungsorganisation mit Regierungen als Mitgliedern aus der selbsverschuldeten Sackgasse rauskommen könnte.
Der 31. Oktober ist deshalb das Datum, damit „die Briten vor Antritt der neuen Mannschaft der Europäischen Kommission am 1. November aus(treten): sie hätten also weder das Recht darauf, einen eigenen Kommissar zu stellen, noch dürften britische Europaabgeordnete bei der Bestätigung der Kommissionsequipe im Europäischen Parlament mitstimmen.”
Die Chefsandstreuer Macron, Merkel, Tusk und so weiter haben ein einziges Ziel: Sie wollen bei ihrer Postenverteilung nicht gestört oder gar beeinflusst werden. Da könnten sie allerdings die Rechnung gleich zweimal ohne den Wirt gemacht haben.
Erstens scheinen sie nicht im Blick zu haben, dass das Ergebnis der nun wieder 28 nationalen Wahlen zum Parlament der EU so aussehen kann, dass Macron, Merkel, Tusk und so weiter gar nicht mehr Chefsandstreuer sind.
Zweitens – schreibt Oliver Grimm zutreffend in Die Presse – „werden die Chefposten in Kommission, Europäischem Rat, Europaparlament und Europäischem Auswärtigem Dienst üblicherweise zwischen Juli und Oktober ausgehandelt. Da sind die Briten aber noch Mitglied, mit allen Rechten und Pflichten. Was hindert May oder einen möglicherweise der EU offen feindselig eingestellten Nachfolger wie Boris Johnson daran, in dieser Zeit Sand ins Getriebe der Union zu streuen – ungeachtet der May heute Nacht abgerungenen, rechtlich unverbindlichen Zusage, sich nicht in die Belange der EU einzumischen?”
Dass ein Brexit zum 31. Oktober bereits beim nächsten, schon anberaumten Termin für den Rat der EU am 17. Oktober wieder verschoben wird, halte ich mehr für eine Wahrscheinlichkeit als eine Möglichkeit.
Spätestens angesichts des Gezerres um den Brexit herum muss sich doch jeder fragen, was können diese Leute überhaupt, die in Brüssel sitzen – und noch mehr jene, die sich beim Überschreiten der Brüsseler Stadtgrenzen von nationalen Politikern in EU-europäische verwandeln.
Passt auf Leute: Am Ende kommt im Oktober – nein, nicht in diesem – eine Zollunion heraus, die Brexit genannt wird. Ansprechendes Modell für viele in Europa – oder etwa nicht?