Tichys Einblick
Hacken einfach gemacht

Das Märchen vom gehackten Trump Twitter-Account 

Die deutschen Medien lachen sich schlapp: Trumps Twitter Account wurde gehackt und sein Passwort lautete „maga2020!“. Allein: Stimmt das überhaupt? Die Anti-Trump-Ente schwimmt fröhlich weiter. Wir haben den Selbstversuch gemacht.

imago images / ZUMA Wire

Ein neuer Skandal brach durch die Weiten der deutschen Medien und durch Linkstwitter: Trumps Twitter Account wurde gehackt. Sensationell, Schadenfreude pur. Und das Passwort war? „maga2020!“ (Make America Great Again). Wie kann man nur so dumm sein? Der wichtigste Mann der Welt mit so einem Twitter-Passwort, das bestätigt wieder alles, was wir sowieso schon wussten. Besonders lustig: Wenige Tage zuvor gab sich Trump arrogant: „Niemand wird gehackt. Um gehackt zu werden, brauchst du jemand mit einem IQ von 197 und er muss 15 Prozent deines Passworts wissen. Das passiert nie“, und spielte die Gefahr von Hackern herunter. Wie peinlich, denkt sich die Twitter-Gemeinde, aber natürlich auch gefährlich, wie alles, was Trump macht. 

In den sozialen Medien wird spekuliert: Was, wenn das nicht ein harmloser Hacker aus den Niederlanden war, sondern ein ausländischer Geheimdienst? Der dann über den Account eine Kriegserklärung verkündet? Oder den nächsten Atomkrieg erklärt? Tatsächlich, das wäre ziemlich schlimm.

Heft 11-2020
Tichys Einblick 11-2020: Wieviel DDR steckt heute in Deutschland?
Ein Problem: Diese Geschichte ist frei erfunden. Sowohl die US-Regierung als auch Twitter dementierten, Twitter hat für hochrangige User gesonderte Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die ein so einfaches „hacken“ unmöglich machen. Das angeführte Passwort hätte Trump gar nicht erst einrichten können, da hier ein mindestens 10-Stelliges Passwort erforderlich ist. Bekanntlich sind „maga2020!“ aber nur 9 Zeichen. Außerdem hat Twitter keinen Zugriff auf den Account von einem neuen Gerät in dem Zeitfenster festgestellt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde von Twitter für Accounts mit dieser Relevanz ein System eingeführt, das Neuanmeldungen aus anderen Regionen verhindert – das erscheint mehr als logisch. Dass man sich einfach so aus den Niederlanden in den Account des US-Präsidenten, dessen Abwehr gegen Hacker übrigens in den Aufgabenbereich des Secret Service fällt, einloggen kann und es so ein einfaches Passwort gibt, sollte für jeden, der nur drei Sekunden nachdenkt, zweifelhaft sein.

Die deutsche Presse schreibt es aber trotzdem: Während die Süddeutsche immerhin noch im Konjunktiv formuliert, titelte der Münchner Merkur gar: „Trumps Twitter-Passwort erneut von Hacker geknackt – als er den Präsidenten warnt, erntet er Spott“, ntv schreibt: „Nach 5 Versuchen drin: Hacker errät Trumps Twitter-Passwort“.  Und natürlich ist auch Jan Böhmermann vorn mit dabei. Irgendwelche Beweise oder zumindestens Indizien für die Authentizität müssen die doch haben, oder? 

Nein, die Berichte beruhen allein auf der niederländischen Presse, die wiederum nichts anderes anführen kann als: die Aussage des Hackers. Und ein Screenshot.
Wenn ein Hacker behauptet, er hätte einen von einem US-Geheimdienst gesicherten Account des US-Präsidenten gehackt, glauben ihm offenbar manche Journalisten aufs Wort. Passt doch so schön ins Weltbild. 

Das ist übrigens der „Beweis“-Screenshot (er soll zeigen, wie jemand die Einstellungen des Trump-Accounts geöffnet hat).

Der ist nicht nur sehr wenig fälschungssicher, sondern beinhaltet auch noch einen Fehler. In der „Bio“ fehlt die USA-Flagge am Ende.

Wir haben übrigens dasselbe bei Joe Biden geschafft. Als Hackerkollektiv „Photoshop“ ist es uns gelungen, den Twitter-Account von Joe Biden zu hacken. Das Passwort lautete „Joe2020“. Sehen Sie selbst den Beweisscreenshot (sogar in der neuesten Twitter-Version):

Und um Ihnen den endgültigen Beweis zu liefern, haben die Photoshop-Hacker sogar etwas am Profil verändert und getweetet. Bidens Twitter Account sah dadurch zwischenzeitlich so aus:

Berichten des Münchener Uranus zufolge wurde mittlerweile auch der Atomkoffer des Präsidenten gehackt. Das Passwort lautete wohl „AlleMeineEntchen123“. Wir arbeiten gerade daran, das Passwort des deutschen Journalismus für das digitale Insolvenzanmeldungsportal herauszufinden – es kann nicht mehr lange dauern. 

 


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