Und jetzt alle, singen!:
„Denn wenn et Trömmelche jeht
Dann stonn mer all parat
doch mitmache darf ens nur
wer n Impfnachweis bei hat
Kölle Alaaf, Alaaf!
Kölle Alaaf!“
Halt! Stop! Das ist unvollständig. Mindestens. Wenn nicht gar ein Aufruf zu Aufruhr, Revolution oder noch schlimmer: zum Spaziergang. Völlig zurecht kann Andrea Blome diese Version des Karneval-Schlagers nicht stehen lasse. Sie ist Stadtdirektorin und die geborene Brauchtumsexpertin der Stadt Köln. Um den Virus gemeinsam und solidarisch bekämpfen zu können, muss es nach Blome heißen:
„Denn wenn et Trömmelche jeht
und es sich nicht um einen Anwohner oder gewerbemäßigen Trommelführer handelt
Dann stohn mer all parat
doch mitmache darf ens nur
wer n Impfnachweis bei hat und im Falle einer nicht vorliegenden Boosterung auch einen tagesaktuellen Test vorzeigen kann
Kölle Alaaf, Alaaf!
Kölle Alaaf!“
Gut, das reimt sich jetzt nicht mehr durchgehend. Das Versmaß ist auch hinüber. Aber es handelt sich immer noch um einen Karnevals-Song und der Karneval gehört den Preußen. Seit 1815. Da haben die Preußen den Dom und das Treiben drum herum zugeschlagen bekommen.
Als Parodie. So der Deal: sich den Rang eines Majors erkaufen. Sich wie ein Major herausputzen. Und genießen, wie all dieses Pack von Hauptmännern, Feldwebeln und Gefreiten zu einem aufblickt. Als Parodie. Natürlich. Nur als Parodie. Um sich darüber lustig zu machen. Auch das Genießen ist kein Genießen im engeren Sinn, sondern eines mit ironischer Brechung.
Das Gleiche galt für den Bürokratie-Fetichismus der Preußen. Komplizierte Regeln mit zwei Dutzend Punkten erfinden. Völlig sinnfrei. Dazu eine Horde an Unterpunkten mit nicht weniger als sieben Spiegelstrichen pro Unterpunkt. Wohlgemerkt. Damit die Kölner es ins Lächerliche ziehen können. Ins Lächerliche.
Denunziation ist in Köln herzlich willkommen. Wer jemanden erwischt, der Alkohol trinkt, sollte den sofort melden. Denn dabei muss es sich um einen gemein gefährlichen Gesellig-Beisammenseienden handeln. Auch wer zusammensteht, dem ist nicht zu trauen. Wer so jemanden sieht, in Straßen oder an Bushaltestellen, gleich melden. Bloß nicht selbst prüfen. Die Polizei ist dafür da, um zu prüfen, ob ein Bürger in der Öffentlichkeit stehen darf.
Verdächtig des Gesellig-Beisammenseins ist auch jeder, der eine Pappnase, Perücke oder übergroße Blume trägt. Es sei denn, es handelt sich um eine Sonnenblume. Der rettet nämlich das Klima und darf überall stehen. Sogar auf der Autobahn. Doch für den Bürger soll’s nicht so kompliziert sein. Am besten meldet er jeden und alles. Polizei, Ordnungsamt und Politik entscheiden dann. Wie im totalitären Staat. Als dessen Parodie. Natürlich nur als dessen Parodie. Aber gut anfühlen, tut sich so viel Macht schon. Mit ironischer Brechung. Logo.
„Denn wenn et Trömmelche jeht
dann stehn mer all parat
und zeije dem Pack moh
wer hier dat Saache hat
Preußen Alaaf, Alaaf!
Preußen Alaaf!“