Tichys Einblick
„Du sprichst aber gut Deutsch“

Die Postmoderne und der angeblich alltägliche Rassismus

Im ZDF und nicht nur dort erklärt man harmlose Fragen zu "Alltagsrassismus". Das ist abwegig. In den säkularen Überflussgesellschaften des Westens werden Nullitäten zu existenziellen Problemen aufgepumpt. Von Burkhard Voß

imago Images

Laut einem aktuellen Beitrag des ZDF in Twitter handelt es sich bei Sätzen wie „Du sprichst aber gut Deutsch“, „Wo kommst Du (ursprünglich) her?“ oder „Macht man das bei Euch auch so“ um zumindest eine subtile Diskriminierung, wenn nicht um Alltagsrassismus. 

Das entspricht der aktuellen Deutungshoheit. In Ermangelung echter Probleme ergeht sich die politische Linke im Verbund mit Sozialwissenschaftlern in psychophilosophischen Spitzfindigkeiten, die der Realität nicht entsprechen. 

In den säkularen Überflussgesellschaften des Westens werden Nullitäten zu existenziellen Problemen aufgepumpt. Die Energie für diese Luftpumpe oszilliert zwischen Ablenkung von wirklichen Problemen und europider Sozialromantik. In einer solch sozialutopischen Absicherungsmatratze können sich insbesondere die Zeitgenossen der Generation Schneeflocke (nach 2000 geboren) schon mal in den Ritzen verirren. Darin folgen ihnen insbesondere Politiker des linken Spektrums, die wiedergewählt werden wollen und eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahren fordern. Na prima, pubertäres Gehirn trifft digitale Demenz.

Die in Medien und Politik ständig befeuerten Diskussionen über Rassismus, Sexismus, Genderismus usw. haben aber mit der Realität kaum etwas zu tun. 

Kleiner Ausflug in das reale Alltagsleben.

Vermeiden Sie ein asiatisches Restaurant? Denken Sie beim Gang zum Chinesen an die Hunnenrede Wilhelms II. (1859 – 1941) „… auf das noch in 1.000 Jahren kein Chinese es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!“? Fühlen sich beim Besuch eines griechischen Restaurants unmittelbar an die Militärdiktatur 1967 – 1974 erinnert? Oder assoziieren Sie spontan unterschiedliche Reproduktionsstrategien, wenn Sie einen afrikanischen Mitbürger sehen? 

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Wahrscheinlich nicht. Trotzdem sind die Claqueure des westlichen Establishments fest davon überzeugt, dass Deutschland und der Westen ein Riesenproblem mit Rassismus hat. Warum? Da sind wir wieder bei den Nullitäten, die zu Riesenproblemen aufgepumpt werden. Warum wird soviel gepumpt? Könnte die postmoderne Philosophie hier mehr als ein Zünglein an der Waage sein? Kleiner Lidschlag zurück. 

Diese philosophische Strömung ist in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden und geht davon aus, dass die maßgeblichen Projekte der Moderne gescheitert sind. Mit Projekten sind unter anderem die Naturwissenschaft sowie Sozialismus und Kommunismus gemeint, um die Wichtigsten zu nennen. Sie haben ihre Versprechungen von einer besseren Welt nicht gehalten und stattdessen Auschwitz und Hiroshima möglich gemacht. Nach der postmodernen Philosophie gibt es keine allgemein verbindlichen Wahrheiten mehr. Diese seien immer eine Frage von Macht und Diskurs. Für politische Vorstellungen mag das durchaus zutreffend sein. Postmoderne Philosophen gehen aber noch viel weiter. Für sie sind auch Objektivität und naturwissenschaftliche Experimente sowie ihre nachprüfbaren und messbaren Ergebnisse letztlich eine Frage von öffentlichen Diskussionen, Interpretationen, Macht und Emotionalität. Überspitzt ausgedrückt: Eins plus eins ist nicht immer gleich zwei, sondern man kann unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen und subjektiven atmosphärischen Schwingungen auch schon mal 2,3 daraus machen. Jeder hat seine eigene Wahrheit. 

Wenn die Objektivität dermaßen verhöhnt wird, kommt rasch die Sternstunde der Ideologen. Ihr Instrument der Stunde ist die Cancel Culture. Vieles wird dadurch möglich. Die wichtigste Strömungsrichtung ist die, Leute aus dem öffentlichen Diskus zu verbannen, deren Meinung einem nicht passt. Der Linguistik-Professor John McWhorter beschreibt dies anschaulich in einem Interview im Spiegel (Nr. 11/13.3.2021), wo er sagt, dass es nicht darauf ankommt, „was jemand sagt und ob das wahr ist oder falsch, sondern allein auf die Identität desjenigen, der seine Klagen vorbringt.“ … Denn es geht nicht darum, sich seines Verstandes zu bedienen. Professor McWhorter hält eine wissenschaftsfeindliche Linke, die zwar nicht zu physischer Gewalt greift, aber dennoch jeden verfolgt, der sich eine unabhängige Meinung leistet, für „beängstigend.“ Hier spricht jemand, der kein weißer, sondern ein schwarzer Professor für Linguistik ist. 

Eine neue Jakobinerkaste im Westen wittert in jeglicher Skepsis gegenüber dem Fremden, Rassismus. Dabei ist diese Skepsis ganz normal, eine evolutionsbiologische Konstante, die weit über die Anthropologie hinausgreift. Den Unbekannten skeptischer zu betrachten als den Bekannten, ist ein Verhalten, das in der Geschichte, aber auch in der Biologie, in der Psychologie immer wieder begegnet. Seit Jahrtausenden, seit Jahrmillionen. Hinter dieser Skepsis sofort Rassismus zu wittern, spiegelt nicht gerade differenziertes Denken wider.


Dr. med. Burkhard Voß, Autor von „Psychopharmaka und Drogen – Fakten und Mythen in Frage und Antwort“, Kohlhammer Verlag, ISBN-13: 978-3170746, 31.März 2020

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