1919 hat Deutschland 61 Millionen Einwohner und stellt 3,3 Prozent der Weltbevölkerung mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren. 2019 sind es 62 Millionen Altdeutsche – 0,8 Prozent der Weltbevölkerung – mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren. Zu ihnen gesellen sich 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, deren etwas geringeres Durchschnittsalter einen Gesamtschnitt von 44 Jahren ergibt. Im Osten Deutschlands (ehemalige DDR) ist die Bevölkerung sogar auf das Niveau von 1905 zurückgefallen.
Für heißblütige Bewegungen von Anti- oder Pro-Deutschen fehlt schlichtweg das Personal. Eine wie auch immer charakterisierte »deutsche« Frage hat sich damit von selbst erledigt. Auf 1000 Rentennahe im Alter von 55 bis 59 Jahren nur noch 650 Jünglinge im Alter von 15 bis 19 Jahren – was einem „Kriegsindex“ von 0,65 entspricht. Für Idealismus und Bereitschaft zu irgendeinem Heldentod oder Martyrium taugt das nicht. Es erhellt allerdings die bizarren Rituale europäischer Politiker. Sie betteln sich heute für ein paar hundert Soldaten zum Mali- oder Nigereinsatz an und schicken morgen tränennahe Dankgebete an die Europäische Union, weil die allein sie davon abhalten könne, wieder mit millionenstarken Armeen übereinander herzufallen. Solche Truppenstärken gibt es aus eigenem Nachwuchs niemals wieder.
Seit 1955 holt die Bonner Republik Gastarbeiter ins Land. Eine solche Maßnahme ist keineswegs abwegig, solange Schulabschlüsse kontrolliert, also Zukunftsfähigkeiten vorab getestet werden. Genau das aber unterbleibt. Man richtet sich ausschließlich nach dem Bedarf der Firmeneigentümer. Zukunftsinteressen der Gesamtnation werden weder formuliert noch auch nur erahnt. Inzwischen haben die Zuwanderer selbst wieder Kinder und Enkel und gemeinsam mit den Altdeutschen stellen sie sich seit 2007 der internationalen Schüler-Olympiade (TIMSS). Nach einem schon schwer verdaulichen 12. Rang bei der Premiere geht es dann nur noch bergab mit dem 16. Platz im Jahre 2011 und dem 24. im Jahr 2015. Parallel sackt man bei der Lesefähigkeit von Viertklässlern zwischen 2001 und 2016 vom 5. auf den 21. Platz (PIRLS/IGLU-Studie in 57 Ländern).
Mittlerweile kommen aus diesem Bevölkerungssegment fast 40 Prozent der Neugeborenen. Nichts spricht mithin für ein Überwinden des Bildungsfiaskos, vielmehr alles für seine Ausweitung. Dazu trägt auch bei, dass Berechnungen zum jährlichen Nettozuwanderungsbedarf – mal 400000, ein andermal 260000 – nur auf die Menge fokussieren, aber die benötigte Cognitive Ability niemals quantifizieren. Diese Vernachlässigung des Wichtigsten jeder Einwanderungspolitik hat Angela Merkel zwar nicht verstanden und obendrein massiv fortgeführt, aber keineswegs in Gang gesetzt. Als erstes Land der Geschichte – ohne effektive Alternativen – den gleichzeitigen Ausstieg aus den Nuklearmeilern (ab 2011) und den Kohlekraftwerken (ab 2019) durchzudrücken, ist in der Tat ihr und einem gehorsamen Parlament anzulasten. Selbst das Wall Street Journal mit seiner langen Tradition deutschlandbewundernder Berichterstattung bezeichnet dieses Vorgehen als »dümmste Energie-Politik der Welt«. Eine Wirtschaft, die im ganz hohen Hightech-Segment bereits nicht mehr mithalten kann, wird durch die höchsten Strompreise der Industrieländer auch in den noch verteidigten Sektoren – Maschinen- und Autobau – durch die eigene Regierung am Vorankommen gehindert. Unterdessen profitiert China daheim von einem Kohleboom und kann sich – mit Umweltstandards oberhalb der amerikanischen und europäischen – ein Viertel der Neubauten in der übrigen Welt sichern.
Gleichwohl wären die »Energiewenden« noch abstellbar. Das funktioniert aber nicht beim kognitiven Niedergang, den Millionen Neuzugänge seit der 2015er Willkommenskultur zwar nicht verschulden, aber weiter beschleunigen. Selbst die Ablösung des politischen Personals wäre ja kein Verfahren, das Kinder zum Rechnen und Schreiben befähigt.
Der stetige Abstieg von 2007 bis 2015 bei der Mathe-Olympiade TIMSS ist also kein Problem, das auf muslimische Neuzugänge ab 2015 zurückgeführt werden könnte. Zu ihm tragen Nachkommen christlicher Gastarbeiter von Portugal bis Griechenland schon viel länger bei. Italienische Kinder und Enkel schneiden schulisch nämlich nicht besser ab als etwa türkische. Schließlich hat keines dieser Länder seine heimischen Eliten in deutsche Bergwerke und Stahlhütten geschickt. Eine Ausnahme bilden lediglich Kinder vietnamesischer Arbeiter, die in der DDR eingesetzt wurden. Obwohl sie aus ihrer heimischen Unterschicht stammen, deklassieren sie nicht nur alle anderen Migrantenkinder, sondern auch den altdeutschen Nachwuchs.
Bei der Masseneinwanderung von 2015 gehen die Berater der deutschen Regierung zweifach in die Irre. Für die massiven globalen Migrationsströme bleibt ihre Politik quantitativ irrelevant, aber das deutsche Kognitionsniveau treiben sie weiter nach unten. Fliehenden habe man schnell helfen wollen und Deutschland dafür kurzfristig in ein »Überlaufbecken« (Herfried Münkler) verwandelt – ohne kleinliches Schauen auf die langfristigen Kosten von 150 bis 250 Milliarden Euro und für ihre Ernährung, Unterbringung, Integration, Gesundheitsversorgung und Fortpflanzung.
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Derartige Ankündigungen haben Tradition. So wollen Präsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder 2005 die Suchmaschine Google durch eine hausgemachte mit dem bedeutungsschwangeren Namen Quaero aus dem Felde schlagen. Nach dem Verbrennen einer Viertelmilliarde Euro verschwindet das ehrgeizige Vorhaben im Dezember 2013 auf Nimmerwiedersehen. Ein vielfach größeres Fiasko beschert die staatlich finanzierte Produktion des Airbus 380. Er wird im Februar 2019 eingestellt, weil die für Profitabilität erforderliche Zahl von 524 verkauften Maschinen um satte 273 Exemplare unterschritten wird.285
Unter dem schwejkschen Motto »den nächsten Krieg gewinnen wir« soll bei dem Thema »Künstliche Intelligenz« endlich alles anders werden. Berlin sagt im Herbst 2019 drei Milliarden Euro zu, reduziert das allerdings schon im Frühjahr 2019 auf nur noch 0,5 Milliarden. Die beiden Partner verfügen 2018 mit 215 einschlägigen AI-Startups über deutlich weniger als die 63 Millionen Briten mit 245. Rasant besser schneiden allerdings die acht Millionen Israelis mit 383 Unternehmen ab. Doch bedrückender wirkt, dass sich unter den 100 bedeutendsten AI-Startups von 2018 keines aus Deutschland und nur eines (auf Platz 80) aus Frankreich befindet.
Niemand informiert Berlin und Paris, dass ihr Vorhaben für Künstliche Intelligenz erst einmal große Volumina an lebendiger Intelligenz erfordert. Die aber sind in beiden Ländern nicht nur knapp, sondern schrumpfen weiter. So gibt es bei den Bürgern mit Hochschulabschluss elf Nationen, die bei den 55 – 64-Jährigen mit Abitur noch hinter Deutschland liegen, bei den für die Zukunft entscheidenden 25 – 34-Jährigen aber mit deutlich höheren Abiturquoten an ihm vorbeigezogen sind. Unter Deutschlands Jugend fällt zwischen 1998 und 2018 das Interesse an Naturwissenschaften um 31, an Wirtschaft um 34 Prozent. In der Alterskohorte 2005 – 2009, deren Beste ab 2030 die Arbeit aufnehmen, haben beide Nationen zusammen mit rund 300000 Mathe-Assen gerade mal so viele wie die Türkei. Südkorea hat dreimal, Russland fünfmal, Japan sechsmal, Amerika zehnmal und China achtzigmal mehr.
Optimistisch wirken insofern die Prognosen von PriceWaterhouse (2017) oder Valuewalk (2019), dass Deutschland bis 2050 ökonomisch vom vierten lediglich auf den neunten Platz weltweit zurückfallen werde. Beide Analysen lassen die verfügbare Cognitive Ability nämlich außen vor. Sie interessieren sich nur für die Zahl der Einwohner, die mit dem Hereinholen Bildungsferner durchaus stabil gehalten werden kann.
Womöglich hat man ihm im Dunkeln darüber gelassen, dass gerade diese hochmobilen und oftmals ledigen Klugen in Deutschland (neben Belgien) höher als irgendwo sonst auf der Welt besteuert werden. Warum sollten sie also dorthin streben? Man kann die Abgaben auch kaum senken, weil – in der OECD – bei den Sozialbudgets für Schwerbeschulbare Frankreich bereits auf dem 1. Platz liegt und Deutschland sich auch schon auf den 5. vorgekämpft hat. Das verstehen die so dringend gesuchten Könner zuerst. Für sie gibt es fast überall bessere Angebote als »opfere dich für Rentner und Flüchtlinge, aber ende selber arm im Alter.«
Die Bundesrepublik versorgt permanent 10 Millionen Menschen in der sogenannten Mindestsicherung (Sozialhilfe), kann 2018 aber 130000 Ingenieure und Informatiker für das Aufholen des digitalen Rückstands nicht finden. Haben 2017 etwa in Japan oder Südkorea drei Viertel aller Internetanschlüsse die für 5G unverzichtbare Breitband-Glasfaser, so begnügt sich Deutschland zu diesem Zeitpunkt mit zwei Prozent. Doch aus den Profiten und Löhnen der – quer durch alle Branchen – betroffenen, weil von 5G abhängigen Betriebe muss die menschenwürdige Bezahlung der Millionen Bedürftigen finanziert werden.
Die fünfte Generation (5G) für cellular mobile communication wirkt so einschneidend, weil viele Toptechnologien daran hängen. Dazu gehören etwa intelligente Transportwege, das Internet der Dinge oder dreidimensionales Drucken. Alles spricht dafür, dass chinesische Anbieter dafür die weltweite Industrienorm setzen werden. Wer in diesen Branchen dabei sein und auch etwas verkaufen will, muss dieser Norm genügen oder braucht gar nicht erst anzutreten. Es geht hier also nicht um einen bloß zeitlichen Rückstand bei der Installation, sondern um die aus ihm erwachsende Unfähigkeit, in diesen Branchen jemals eine signifikante Rolle spielen zu können. Deutschland hat als »Funklochrepublik« mithin nicht einfach getrödelt, sondern die ökonomische Relevanz von 5G viel zu spät begriffen.
Gekürzter Auszug aus:
Gunnar Heinsohn, Wettkampf um die Klugen. Kompetenz, Bildung und die Wohlfahrt der Nationen. Orell Füssli, 232 Seiten.