Tichys Einblick
Tichys Lieblingsbuch der Woche

Was, wenn die Zukunft schon heute Realität wäre?

Wie sollen wir noch leben, wenn die Klimapolitik wirklich so umgesetzt wird, wie es viele Akteure in Politik und Medien fordern? Thomas Eisingers Roman zeigt, wie die Radikalität der Klimakleber und ihrer Unterstützer in totalitäre Strukturen führt. Und verpackt seine These in eine spannende und sehr gut erzählte Geschichte.

Es gibt kein gutes Leben mehr in der Zukunft, wenn vor allem das Klima gerettet werden muss. Menschen in kleinen Wohnungen, karge Versorgung, die quälende Handarbeit ist zurück auf den Feldern und in den Fabriken. Denn Energie ist extrem rationiert, so gut wie alles in der grauen Welt der Klimaretter. Buchstäblich jeder Atemzug wird gezählt; niemand käme mehr auf die Idee, einen Marathon zu laufen: zu viel CO2.  Alles wird gemessen, kontrolliert, notiert. Ein riesiger Behördenapparat belastet die Menschen, zwingt sie zu immer neuen Schuldbekenntnissen: Ich habe zu viel geatmet. Dieser Gedanke wird zum bitteren Ende durchexerziert.

Dieser fesselnde Roman jagt einem gleich doppelt kalte Schauer über den Rücken: wegen der Geschichte, die er erzählt – dazu gleich mehr – und der Realität, in der er entstanden ist. Denn Autor Thomas Eisinger begann mit der Arbeit an „Hinter der Zukunft“ im Frühjahr 2019 – also fast ein Jahr vor dem ersten Corona-Lockdown.

Als der verhängt wurde, hatte er ungefähr die Hälfte seines Manuskripts fertiggestellt und wurde, wie er in einem Interview berichtete „erst einmal zurückgeworfen, denn einige Dinge, die ich in meinem Manuskript beschrieben habe, haben sich auf einmal in der Realität gezeigt: die Bewegungseinschränkungen, die Kontaktbeschränkungen … da war ich erst einmal wie gelähmt.“ Diese Lähmung spürt man in seinem Roman, sie teilt sich beklemmend mit, zum Beispiel wenn die extremen Forderungen in jeder Nachrichten-Sendung mit dem Wetterbericht vorgetragen werden.

Endlich erschienen: Die Corona-Verschwörung!
Corona-Politik: höchste Zeit, die Verantwortung zu benennen
Eisinger erkennt sehr bald Parallelen in den Mechanismen, die in der Pandemie die Aberkennung bürgerlicher Freiheitsrechte und die Zunahme von Vorschriften und Kontrollen für weite Teile der Bevölkerung akzeptabel machten und seinem dystopischen Romanplot, in dem eben diese Mechanismen staatlicher Lenkung zu einer drastischen Reduktion der CO2-Emissionen führen sollen. Die Menschen werden zu Klimasklaven. Natürlich nicht alle, klar. Jede Rationierung braucht Ausnahmen.

Was er erzählt, liest sich viel weniger als dystopische Science Fiktion – die geschilderten Verhältnisse scheinen uns bedrohlich nahe zu sein: „In nicht allzu ferner Zukunft – die Jungen lehnen die alten ZuVis, die ‚Zukunftsvernichter‘ ab, da diese offenkundig Klima, Planet und damit ihre Zukunft zerstört haben. CO2-Lebensbudgets, unlösbare smarte Armbänder und bittere Knappheit bestimmen den Alltag. Die meisten Menschen unterstützen jedoch die Zwangsmaßnahmen, denn sie wollen vor allem eines: auf der richtigen Seite stehen. Die Belehrungsmaschine läuft zu jeder Sekunde, damit nur niemand auf einen anderen Gedanken kommt.

In den täglichen Pray-for-the-Planet-Ansprachen erklärt die Klimakanzlerin ihren Bürgern, was es bedeutet, wirklich gut zu sein. Es zeigt sich, dass Moral zur stärksten Kraft geworden ist. Einige bringen das ‚Große Geschenk‘ dar, beenden ihren CO2-Ausstoß für immer.

Dystopie oder bald Realität?
In nicht allzu ferner Zukunft: Leben in der Klimadiktatur
In dieser explosiven Gemengelage kommt der junge Robin Hochwaldt unerwartet an die Hebel der Macht, nachdem er dem Amt für Schuld und Scham entkommen ist. Nach irritierenden und schmerzhaften Erfahrungen erkennt er, dass er eine Entscheidung treffen muss. Sein Beitrag zur Rettung der Welt ist vollkommen anders, als alle erwarten.“

Dieses Buch erschüttert, weil es die Phänomene fortschreibt, die wir jetzt schon täglich erleben: Die ständige Belehrung, die fortschreitende Rationierung, die Unterwerfung jeder Lebensäußerung unter das Klimadiktat – bis hin zum Verzicht auf Kinder. Jede Lebensregung wird einer strengen, grausamen, unbarmherzigen Klimagottheit unterworfen.

Aber Eisiger nimmt seine Leser auch mit zu den ersten, kleinen Öffnungen, die sich im Eisklotz der Klimapolitik bilden. Während die Alten leiden und sich allenfalls an Erinnerungen wärmen, steigen die Jungen langsam aus der Welt der Computerspiele aus und erkennen die Realität. Noch sind sie umklammert von der unbarmherzigen Kanzlerin, die fatal, tja, an wen wohl erinnert? Dieser Roman ist ein Spiegel unserer Zeit. Aber er läßt uns nicht in der Finsternis, sondern schenkt uns am Ende des Klima-Tunnels Licht, das den Ausgang weist.

Trigger-Warnung: „Hinter der Zukunft“ ist nicht geeignet für Anhänger von „Fridays for Future“, der „Letzten Generation“, der Grünen oder „woken“ Teilen von SPD und CDU.

 Thomas Eisinger, Hinter der Zukunft. Roman. Nova MD, Klappenbroschur, 548 Seiten, 18,90 €.


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