Tichys Einblick
TICHYS LIEBLINGSBUCH DER WOCHE

Vince Ebert – Wenn der Klimawandel nur noch nervt

Der Klimawandel ist an allem schuld, auch an schlechtem Sex und Kinderehen, die Wissenschaft weiß alles, und es gibt keine Alternative zu Robert Habecks Wärmepumpe: In Zeiten galoppierenden Irrsinns naht Rettung aus ungewohnter Ecke.

Über Klimawandel zu diskutieren, über Umfang, Ursachen und Folgen, ist eine nervtötende Angelegenheit, die Freundschaften zerstört, Liebende entzweit und Skeptiker Kopf und Kragen kosten kann. Vor allem ist sie: nervig.

Da hilft es, sich zurückzulehnen und fröhlich zu bleiben, auch wenn Zweifel in der Klimafrage so unangebracht sind wie Sachertorte in der Diabetiker-Klinik. Gut, dass es ein Buch gibt, das wirklich ein Lichtblick ist in der ansonsten immer finsterer werdenden Debattenkultur unseres Landes und dessen Autor auch. Vince Ebert vereint einige rare Eigenschaften miteinander, die er aufs Erfreulichste kultiviert: Er ist studierter Physiker, er hat trotzdem Humor (den er auch als professioneller Kabarettist vor einem großen Publikum beweist) und er schätzt als wertvollste Frucht der Aufklärung das Recht (und die Verpflichtung) des Individuums, zum selbstständigen Denken und selbstverantworteten Handeln.

Er enttarnt die alberne Klimahuberei, Veganismuspredigerei und das Fleischverzichtwegenklima-Gequatsche mit ein paar einfachen Storys:

Vor einigen Jahren wurde mir beim Fahrkartenkauf der Tarif »Umwelt-Plus« angeboten. »Damit können Sie mit dem ICE von Frankfurt nach Berlin ganz bewusst mit Ökostrom fahren«, sagte die freundliche Dame am Ticketschalter. »Und ohne diesen Tarif?«, entgegnete ich. »Naja«, meinte sie leicht verunsichert, »… ohne Umwelt-Plus fahren Sie dann wohl leider mit normalem Strom.« Deutsche Ingenieure haben es also geschafft zu differenzieren, mit welchem Strom Sie und mit welchem ihr Sitznachbar fährt

Nun hat in Deutschland auch ein Kabarettist darauf zu achten, dass er nicht zu weit vom linken Weg abweicht. Auch Hofnarren dürfen die Wahrheit nur noch in vorsichtigen Dosen verabreichen.

Mit kühlem Kopf durch heiße Zeiten
Wissenschaft versucht nicht die Welt zu bewerten, sondern sie zu verstehen
Im Vorwort zu seiner gut begründeten, anschaulich dargelegten und mit zahlreichen alternativen Vorschlägen endenden Analyse des Energie-Wende-Desasters hat er es offenbar dennoch für notwendig gehalten, seinem Publikum zu versichern, dass er keineswegs zur „Gruppe der Klimaleugner und Verschwörungstheoretiker“ gehört. Das spricht für sich und die Not all derer, die mit erheblicher Anstrengung versuchen, vernünftige Argumente in die gesellschaftliche Debatte einzubringen, die alles andere als ergebnissoffen und tolerant geführt wird. Für diese Not habe ich großes Verständnis.

Wir sind alle nicht zum Helden geboren, die glühenden Zangen der Gutmenschen werden uns täglich vorgeführt und den Mut zur Fundamentalopposition haben nur wenige. Und wer erst im Kerker sitzt, hat keine Gemeinde mehr, der er predigen kann. Schenken wir dem Autor also dieses Glaubensbekenntnis zur Wahren und Einzigen Kirche, in deren Seitenkapelle er heimlich verbotene Texte verteilt. Und lassen wir Vince Ebert noch einmal kurz selbst zu Wort kommen:

Wie ich in diesem Buch darlegen möchte, spricht einiges dafür, dass wir Maßnahmen ergriffen haben, die zwar gut gemeint sind und edlen Beweggründen entspringen, aber die unterm Strich sehr wenige der Probleme lösen, ja sie mitunter sogar noch verschlimmern. Vielleicht tun wir aus den richtigen Gründen das Falsche?

Aus Sorge um unsere Zukunft haben wir begonnen, Kernkraftwerke abzuschalten, und wollen spätestens im Jahr 2030 auch auf Kohlestrom verzichten. Wir träumen davon, mit Elektroautos und Wärmepumpen den Planeten zu retten, und setzen seit Jahren mehr und mehr auf erneuerbare Energien, die unerfreulicherweise nur dann zur Verfügung stehen, wenn der Wind weht und die Sonne scheint.

Bei der Lektüre von „Lichtblick statt Blackout“ bin ich als Kritiker der Energiewende-Maßnahmen zwar vielen vertrauten Argumenten begegnet, doch der entlarvende Humor von Vince Ebert beschert immer wieder fröhliche Momente. Wir sollen ja bekanntlich auf Kinder verzichten und auf lauten Jubel bei Fußballspielen – alles wegen Klima.

2017 haben schwedische Wissenschaftler berechnet, dass es zehnmal mehr CO2 verbraucht ein Kind aufzuziehen, als ein Auto zu besitzen. In dieser Hinsicht bin ich wenigstens fein raus. Als kinderloser Kabarettist könnte ich vermutlich mit einem Leopard-2-Panzer auf Tour gehen und hätte gegenüber einer Kleinfamilie immer noch das Klima geschützt.

Ebert entlarvt die dummdreisten Musterrechnungen einer korrumpierten Pseudowissenschaft mit solchen Bemerkungen; das ist immer wirkungsvoller als eine rein zahlengestützte Rechthaberei. Nicht der Rechthaber gewinnt Anhänger, sondern der, der die Zuhörer emotional packen kann.

Fakten! Fakten! Fakten!
Fritz Vahrenholt: Wie wir die große Energiekrise bewältigen können
So hat der Autor auch je ein Drittel seines Buches der Aufklärung über „Mythen und Halbwahrheiten“ (zum Beispiel „Energie lässt sich wenden“) und „Denkfallen und Irrationalitäten“ (zum Beispiel „Weltretten durch Religionsersatz“) gewidmet, um im letzten Drittel „Lösungen und Alternativen“ vorzuschlagen: „Mehr Technologieoffenheit“, „Weniger Theorie, mehr Praxis“, „Mehr Pragmatismus“, „Mehr Bildung, weniger Einbildung“ und „Mehr Optimismus“.

Hat man erst die Lacher auf seiner Seite und die Herzen gewonnen, kann darin die Saat des Zweifels gesät werden. Etwa an den angeblich ehernen Erkenntnissen der Wissenschaft, die unser Leben bestimmen wie der Käfig die Freiheit der Labormaus:

Nehmen Sie zum Beispiel das berühmte 1,5-Grad-Ziel, das 2015 beim Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen wurde, und seitdem von fast allen Medien wie eine wissenschaftliche Wahrheit präsentiert wird. Tatsächlich kam die Forderung, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht von Wissenschaftlern, weil sie herausgefunden hätten, dass beim Übergang dieser Temperaturgrenze etwas fundamental Katastrophales passiert. Es waren Aktivisten und Politiker, die sich auf diese recht willkürlich gewählte Grenze einigten. Als man daraufhin den Weltklimarat fragte, was man benötigen würde, um dieses Ziel zu erreichen, antworteten die Experten wahrheitsgemäß, dass dieses Vorhaben rigoroser, fast utopischer Anstrengungen bedürfe.

Also glauben Sie nicht, streiten Sie nicht – sondern lachen Sie. Das ist zwar auch klimaschädlich, aber nutzen Sie wenigstens die kurze Zeitspanne, in der es noch kein Lachverbot gibt.

„Lichtblick statt Blackout“ ist eine Ermutigung zum Selbstdenken! Auch wenn der Autor augenzwinkernd davor warnt:

Selbstdenken verbraucht eine Menge Energie und ist demnach nicht unbedingt klimafreundlich. Vielleicht ist das ja auch der Grund, weshalb es derzeit so wenige tun.

Vince Ebert, Lichtblick statt Blackout. Warum wir beim Weltverbessern neu denken müssen. dtv, Taschenbuch, 224 Seiten, 15,00 €.


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