Die Lösung eines Problems beginnt bei der Klarheit im Denken und bei der Genauigkeit der Wortwahl: Nur ein kleiner Teil der Zuwanderung seit 2015 aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten besteht aus Kriegsflüchtlingen, und auch diese kamen aus sicheren Erstankunftsländern wie der Türkei oder Italien nach Deutschland. Tatsächlich handelt es sich zum allergrößten Teil um illegale Zuwanderer, die sich mithilfe des Asylrechts eine Bleibeperspektive in Deutschland erkämpfen wollen. Nur 0,5 Prozent aller Antragsteller erhalten aber schließlich politisches Asyl. 99,5 Prozent erhalten kein Asyl, aber sie bleiben letztlich nahezu alle. Das Asylrecht wurde zum Tor für illegale Einwanderung.1
Die gute Nachricht: All diese Zuwanderer kommen aus Ländern, in denen die Lebenserwartung steigt und die Kindersterblichkeit sinkt. Die schlechte Nachricht: Es handelt sich bei den Krisenländern durchweg um Länder mit sehr hohen Geburtenraten und explosionsartiger Bevölkerungsvermehrung, wo sich die Bevölkerung alle 20 bis 30 Jahre verdoppelt. Jahr für Jahr steigt die Bevölkerung in Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten um über 40 Millionen, das ist mehr als die halbe Bundesrepublik. Die Menschen fliehen vor den jugendlichen Bevölkerungsmassen ihrer eigenen Staaten, vor einer Armut, die durch Unbildung, korrupte Strukturen und unfähige Regierungen geprägt ist. Der Schlüssel zur Änderung dieser Verhältnisse liegt in den Ländern selbst. Das ist eine Frage von Gesetzgebung, Erziehung und Bewusstsein, es ist keine Frage des Geldes.
Die klassische Entwicklungshilfe ist weitgehend gescheitert, sie konnte die Probleme nicht lösen. Länder wie China, Singapur oder Vietnam zeigen, wie es geht, nämlich durch Bildung, Disziplin, Fleiß und eigene Anstrengung. Ländern wie Nigeria, Syrien oder Afghanistan sollten sich daran ein Beispiel nehmen.
Bis dahin muss Europa seine Grenzen vor illegaler Einwanderung schützen. Das ist möglich, wie die Beispiele Kanada, Australien, Israel oder auch Großbritannien zeigen. Man muss es nur wollen. Jeder illegale Einwanderer, der über das Mittelmeer oder die Balkanroute zu uns möchte, muss schon vor dem Aufbruch erfahren, dass sein Vorhaben chancenlos ist, weil jedes aufgegriffene Boot sofort wieder an den Ausgangspunkt der Reise gebracht wird. Die Energie der Menschen muss sich auf bessere Verhältnisse in den Heimatländern richten. Das ist die einzige kausale Lösung des Flüchtlingsproblems.
Oberst Redda, Offizier der libyschen Küstenwache, sagte im Januar 2018: »Die Europäer haben Grund, Angst zu haben. (…) Wenn das so weitergeht, dann siedelt ganz Afrika über.«2
Wo aber die Ankunft in Europa nicht möglich ist, wird auch der Aufbruch nicht stattfinden. Das zeigte sich im Sommer 2017 auf dem Mittelmeer zwischen Libyen und Sizilien. Als die Zusammenarbeit der italienischen und libyschen Küstenwache die Flucht über das Mittelmeer weitgehend erschwerte, sank nicht nur die Zahl der Neuankömmlinge auf dieser Route, sondern mehr noch die Zahl der im Mittelmeer Ertrunkenen dramatisch. Ein striktes Grenzregime bleibt so lange unverzichtbar, bis sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Herkunftsländern Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens ausreichend verbessert haben. Das wird noch viele Jahrzehnte dauern.
Wenn ein Thema auf große Widerstände stößt, dann empfiehlt es sich bisweilen zurückzutreten, um die Voraussetzungen und das Umfeld zu klären. Dies tue ich in Form einiger prinzipieller Fragen zur Einwanderung nach Deutschland:
Braucht Deutschland aus demografischen Gründen Einwanderung? Die Antwort ist Nein. Auch bei der gegenwärtigen Geburtenrate kann der Wohlstand ohne Einwanderung gesichert werden. Den präzisen Nachweis dazu habe ich bereits an anderer Stelle geführt.
Kann Einwanderung helfen? Die Antwort ist, es kommt darauf an:
- Einwanderung hilft nur dann, wenn die Einwanderer in der Summe einen wirtschaftlichen Nettobeitrag leisten, der über ihre Kosten und ihren Selbstverbrauch hinausgeht. Das ist nur bei qualifizierten Einwanderern der Fall, die sich kulturell gut einfügen, eine hohe Erwerbsquote haben und den Sozialstaat wenig in Anspruch nehmen.
- Jede andere Art von Einwanderung fügt der bereits ansässigen Bevölkerung wirtschaftlichen Schaden zu. Sind die Einwanderer kulturell fremd und schwierig zu integrieren, treten gesellschaftliche Schäden hinzu.
Wenn wirtschaftliche Gründe entfallen, stellt sich die Frage: Haben wir eine moralische Pflicht, Einwanderung aus armen Ländern zuzulassen? Die Antwort ist Nein. Weder sind wir an den schlechten Zuständen in den Auswanderungsländern schuld, noch verdanken wir unseren Wohlstand ihrer Ausbeutung.
(Der Afrikaforscher Stephen Smith weist darauf hin, dass die Auswanderung Afrika nicht hilft, sondern schadet, weil die Aktivsten gehen. Die Geldüberweisungen der Ausgewanderten bezeichnet er als Rente ohne Gegenleistung für die Zurückgebliebenen, die ihre Aktivitäten lähmt und zudem den Ausgewanderten die materiellen Mittel entzieht, die sie für ihre Integration brauchen. Es liegt deshalb im ureigenen afrikanischen Interesse, die Auswanderung nach Europa und Nordamerika zu unterbinden.) 3
Wir wissen außerdem, dass ausnahmslos alle Krisenländer, von Afghanistan bis Subsahara-Afrika, deren wachsenden Einwanderungsdruck wir spüren, dem islamischen Kulturkreis angehören und seit vielen Jahrzehnten wegen anhaltend hoher Geburtenraten eine Bevölkerungsexplosion erfahren. Eine Bekämpfung der Fluchtursachen kann also nur darin bestehen, in diesen Ländern die kulturellen Einstellungen zu ändern und die Regierungen zu verbessern. Das kann nur in den Ländern selbst geleistet werden. (Die Änderung kultureller Einstellungen kann Deutschland nicht einmal in Griechenland leisten.)
In den islamischen Ländern Afrikas und Asiens werden jedes Jahr 46 Millionen Menschen neu geboren. Die Bevölkerung dieser Länder wächst jedes Jahr um 34 Millionen Menschen. Dagegen werden in ganz Europa bis zum Ural jährlich nur 8 Millionen Menschen geboren, davon in Deutschland 700 000. Das zeigt: Selbst Auswanderungszahlen, die der islamischen Welt kaum demografische Entlastung bringen, würden Europa und Deutschland hoffnungslos überfordern: Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh, Bradford oder Marseille wären dann sehr schnell überall.
Als 2015 die große Wanderung begann, zeigte sich die Bundesregierung völlig unvorbereitet und verstrickte sich in ein Netz von Ausflüchten, Unwahrheiten und leeren Behauptungen:
- Es hieß, die meisten Flüchtlinge kämen aus Syrien. Tatsächlich kam nur eine Minderheit aus Syrien, und bei der Feststellung der Identitäten gab es flächendeckend Chaos, massenweise Betrug und einen skandalösen Kontrollverlust.
- Es hieß, die Flüchtlinge bräuchten unseren Schutz. Dabei kamen sie ausschließlich aus sicheren Drittländern, und über 70 Prozent waren starke und gesunde junge Männer.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel behauptete höchstpersönlich in zahlreichen öffentlichen Auftritten, Deutschland könne seine Grenzen nicht schützen. Die Bundespolizei war gegenteiliger Meinung, aber sie wurde von Kanzlerin und Innenminister am Handeln gehindert.
- Es hieß, die Flüchtlinge seien zum großen Teil gut ausgebildet und eine Bereicherung für unseren Arbeitsmarkt. Das ist falsch. Die meisten werden auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Platz finden. Ihre künftigen Soziallasten entsprechen schon jetzt einer Staatsverschuldung von rund 700 Milliarden Euro. Dabei ist der Familiennachzug noch gar nicht eingerechnet. Nach einer aktuellen Untersuchung liegen die kognitiven Kompetenzen der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge durchschnittlich um 1,2 Standardabweichungen unter der deutschen Referenznorm.
- Es hieß, die Flüchtlinge seien nicht krimineller als die deutsche Bevölkerung. Seit Frühjahr 2017 ist aus der offiziellen Polizeistatistik das Gegenteil ersichtlich: Die Kriminalitätsbelastung der Asylbewerber war im Jahr 2016 doppelt so hoch wie bei den übrigen Ausländern und 7-mal so hoch wie bei den deutschen Staatsbürgern. Bei Mord war sie 10-mal so hoch, bei Gruppenvergewaltigung 34-mal so hoch.
- Es hieß, terroristische Gefahren gingen von den Flüchtlingen nicht aus. Auch das ist falsch, wie wir spätestens seit den Anschlägen in Würzburg, Ansbach, auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und in Hamburg wissen. Das ist übrigens auch ganz logisch: Nahezu alle Flüchtlinge sind Muslime, sie spiegeln die Meinung ihrer Herkunftsländer. Dort aber glauben große Teile der Bevölkerung, dass Selbstmordattentate zur Verteidigung des Islam gerechtfertigt seien. Im Irak meinen dies z. B. 15 Prozent, in Afghanistan sogar 58 Prozent der Bevölkerung. In den Herkunftsländern der Flüchtlinge hängen 90 Prozent der Bevölkerung einem sehr unduldsamen engen Islam an, weshalb sollte das bei den Flüchtlingen anders sein?
- Es hieß, die Integration der Flüchtlinge werde für Deutschland leistbar sein, wenn man dies nur wolle. Dabei sind die Voraussetzungen wegen der anderen Mengenverhältnisse unvergleichlich viel schlechter als bei jenen Muslimen, die bereits seit 50 Jahren bei uns leben. Dort aber ist die Integration bei großen Teilen gescheitert. Dies zeigen die Statistiken für Arbeitsmarkt- und Sozialleistungen, die Kriminalitätsstatistik und die Ausbreitung islamistischer Strömungen. Das zeigten auch die 65 Prozent Deutschtürken, die beim Referendum in der Türkei mit »Ja« gestimmt haben.
- Es heißt, die Flüchtlingswelle sei abgeebbt und jetzt habe man alles im Griff. Das ist richtig gegenüber den Zahlen von Mitte 2015 bis Mitte 2016. Aber auch 2017 lag die Fluchtmigration nach Deutschland, vorwiegend aus islamischen Ländern, bei rund 200 000.
Alle wesentlichen Fehler werden unverändert fortgesetzt:
- Die Bundesmarine betreibt im Mittelmeer das Geschäft der Schleuser und beteiligt sich am Durchreichen der Flüchtlinge nach Europa. Alle aus Seenot Geretteten müssten unverzüglich wieder an den Ausgangspunkt ihrer Seereise gebracht werden, nicht aber nach Europa. Die Ankunft in Europa zu verhindern, ist die wichtigste Voraussetzung, um den Aufbruch nach Europa zu verhindern. Immerhin hat sich die italienische Regierung 2017 zu einem rigoroseren Vorgehen entschlossen. Seit ihrer Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache ist die Zahl der Neuankömmlinge in Italien aus Afrika stark gesunken.
- Die Verfahren dauern zu lange, Abschiebungen gibt es nur für eine winzige Minderheit.
- Der Missbrauch des Asylrechts wird fortgesetzt. Weniger als 1 Prozent der Asylbewerber erhalten nach Abschluss aller Verfahren Asyl. Aber über 95 Prozent der erfolglosen Asylbewerber dürfen bei uns bleiben. Wer die deutsche Grenze erreicht und das Wort »Asyl« ausspricht, hat aus der Sicht vieler Menschen in Senegal oder Afghanistan den Eintritt ins Paradies erreicht. Dafür sorgt der deutsche Sozialstaat. Selbst »in offenkundigen Fällen des Gebrauchs gefälschter Dokumente, der Identitätsverschleierung und des Missbrauchs abgelaufener oder mit falschen Angaben erschlichener Schengen-Visa« bleibt »die illegale Einreise ins Bundes gebiet praktisch folgenlos«.4
- Selbst ein Abschiebungsbeschluss kann in der Mehrzahl der Fälle nicht umgesetzt werden. – Ein Konzept der Bundesregierung, wie man mit einer wieder anschwellenden Fluchtmigration umgehen will, war bei Redaktionsschluss für dieses Buch (Juni 2018) nicht erkennbar. Stattdessen gab es unfruchtbare Debatten über den relativen Vorrang von deutschem bzw. europäischem Recht.
- (Der Bundesverfassungsrichter Peter Huber, im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts für das Europarecht zuständig, äußerte dazu auf dem Höhepunkt der Debatte: »Dublin war darauf angelegt, nicht angewendet zu werden«, und zeigte Verständnis für die Bürger, die alles nur noch unverständlich finden.)5
- Immerhin sorgte der im Juni 2018 zugespitzte Streit zwischen CSU und CDU über die künftige Migrations- und Asylpolitik, der fast zu einem Auseinanderbrechen der Bundesregierung geführt hätte, für eine gewisse Bewegung in der europäischen Migrations- und Asylpolitik. Bei der Sitzung des Europäischen Rats am 28. und 29. Juni wurde eine Änderung der Prioritäten deutlich: Es soll künftig vornehmlich darum gehen, weitere Masseneinwanderung aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten zu verhindern. Über den Weg dahin besteht aber noch keine Klarheit.
FUSSNOTEN
1 – Vgl. zu diesem Abschnitt Thilo Sarrazin: »Anmerkungen eines nicht Hilfreichen – Wie man die fatale Migrationspolitik korrigieren müsste«, in: Philip Plickert (Hrsg.): Merkel. Eine kritische Bilanz. München 2017, S. 152–166.
2 – Vgl. Christoph Ehrhardt: »Das beste Geschäft ist immer noch das Schleusergeschäft«, in: FAZ vom 13. Februar 2018, S. 2.
3 – Vgl. »Ansturm auf Europa«, Interview mit Stephen Smith, in: Die Weltwoche 21 (2018), S. 3–40.
4 – Kay Hailbronner: »Wie das europäische Asylrecht reformiert werden kann. Nötig ist eine effektive Balance zwischen Schutzpflichten und Migrationssteuerung«, in: FAZ vom 12. April 2018, S. b6.
5 – Vgl. Reinhard Müller: »Absurdes Dublin«, in: FAZ vom 23. Juni 2018, S. 4.
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Ungekürzter Auszug – mit freundlicher Genehmigung des Verlags – aus:
Thilo Sarrazin, Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht. FinanzBuch Verlag, 496 Seiten, 24,99 €.
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