Die These dieses Buches lautet, dass nicht Religionen, Stammesfehden oder Hungersnötige zu Terror und Krieg führen, sondern überdimensionierte Bevölkerungsanteile an perspektivlosen jungen Männern die entscheidenden Treibsätze liefern.
Der mittlerweile seit Jahrzehnten dauernde Konflikt zwischen dem Westen und dem Islam in Afghanistan bestätigt das: »Im Jahr 1980, zu Zeiten der russischen Besatzung betrug die Bevölkerungszahl 13,3 Millionen, 2020 waren es unfassbare 38,9 Millionen. Eine Verdreifachung, in diesem extrem kargen Land! Für das Jahr 2050 werden 64,7 Millionen prognostiziert. Man kann unter diesen Umständen eigentlich nicht mehr von einer afghanischen Nation sprechen«, schreibt Gerd Held in seinem Beitrag »Afghanistan. Nur eine falsche ›Einschätzung‹?« auf TE online.
Heinsohn geht diesem – von ihm »Youth Bulge« genannten – Phänomen auch historisch auf den Grund: Führt ab 1500 die Bestrafung der Geburtenkontrolle zu den Sohnesmassen der Christenheit, die sich 90 Prozent der Erde unterwerfen und in Weltkriegen dezimieren, so verfügen heute islamische Territorien über jugendliche Bevölkerungen, die sich trotz enormer Verluste immer wieder an Reichsbildungen versuchen und den Traum vom Kalifat keineswegs aufgegeben haben.
Dieses Buch führte schon bei seinem Ersterscheinen 2003 zu heftigen Kontroversen. Während Friedensforscher und Demographen empört reagierten, suchten Geheimdienste und Militärakademien Heinsohns Rat. So hielt er zum 15. Geburtstag des Joint Warfare Centers (JWC) in Stavanger das Perspektivreferat für die NATO.
»Söhne und Weltmacht« bleibt für das Verständnis vergangener und für die Prognose zukünftiger Waffengänge unverzichtbar. Es liegt als vom Autor erweiterte und durchgehend aktualisierte Neufassung vor.
Dieses Buch ist ein Klassiker; weil es in seinem Erkläransatz weit über den kurzfristigen Horizont hinausreicht, der die heutige Politik beherrscht. Denn die Konflikte reichen weiter – Afghanistan ist nur der dramatische Höhepunkt einer globalen Entwicklung. Somalia, der Gaza-Streifen, Äthiopien und viele afrikanische Staaten, die der frühere US-Präsident Donald Trump abschätzig als „Shit-Holes“, als die Dreckslöcher des Planeten bezeichnete, sind alle von dieser Dynamik angetrieben, die aus der Bevölkerungsexplosion resultiert – und den Frieden der Welt gefährdet.
Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen. Orell Füssli, Hardcover mit Schutzumschlag, 224 Seiten, 20,00 €.