„Diese Woche wird im Zeichen einer Hinrichtung stehen. Seit die Öffentlichkeit davon Wind bekam, dass Thilo Sarrazin ein Buch über die Muslime in Deutschland geschrieben hat und dieses am kommenden Donnerstag veröffentlicht, werden überall bereits die Äxte aus den Kellern geholt, die Dolche gewienert und die Messer gewetzt. Nicht allein sein neues Buch mit dem Titel „Feindliche Übernahme“ soll zerrissen werden, Thilo Sarrazin muss aus seiner Partei, der SPD, ausgeschlossen – am besten gleich selbst erledigt werden.“
Mit diesen Zeilen beginnt Jacques Schusters lesenswerter Leitartikel bei WELT.
Auf den Tag genau acht Jahre nach „Deutschland schafft sich ab“ erscheint nun Thilo Sarrazins neues Buch mit dem Titel „Feindliche Übernahme“. Auseinandersetzungen um dieses Buch finden bereits seit Wochen statt und die Bewertungen fallen umso heftiger aus, je weniger sie von eigener Kenntnis des Inhalts getrübt sind.
Nur wenige weisen auf diesen eklatanten Mangel demokratischen Verhaltens hin wie etwa Jacques Schuster: Auf den Mangel an Toleranz – auf die diese Republik doch so stolz ist – die jedoch immer dann jenen verwehrt wird, die eine Ansicht vertreten, die im „juste milieu“ als anstößig gilt – und auf den ebenso großen Mangel an Dialogbereitschaft – angeblicher Ausweis unserer liberalen Gesellschaft. Gehe es um Sarrazin, so Schuster, bestehe die Kommunikation „nur noch aus Monologen oder monologischen Aktionen, um den Dialog zu stören.“
Schuster habe sich vergeblich bemüht, einen Politiker zu finden, der Sarrazins „Feindliche Übernahme“ für die WELT bespreche – er habe keinerlei Vorgaben gemacht, bis auf die Bedingung: das Buch müsse gelesen werden. „Jeder wusste, Sarrazins neue Arbeit sei des Teufels, ohne auch nur das Deckblatt in der Hand gehalten zu haben.“
Sarrazin geht es in seinem neuen Buch – so viel erfährt man bereits im Klappentext – um das Zurückbleiben der islamischen Welt, die Integrationsdefizite der Muslime in Deutschland, die Unterdrückung der Frauen im Islam und die Zunahme der muslimischen Bevölkerungsanteils durch Zuwanderung und höhere Geburtenrate. Seine Forderungen beinhalten, die Zuwanderung zu unterbinden und die Integration bereits hier lebender Muslime „mit robusten Mitteln“ voranzutreiben.
Schuster weiter: »Darf man dieser Meinung sein? Wer die Frage verneint, sollte sich Gedanken über die eigene Voreingenommenheit machen. Wenn er dann noch immer von sich überzeugt ist, möge er an den Philosophen John Stuart Mill denken. 1859 schrieb der: „Wenn alle Menschen außer einem derselben Meinung wären und nur dieser einzige eine entgegengesetzte hätte, dann wäre die ganze Menschheit nicht … berechtigt, diesen einen mundtot zu machen.”«
Hier geht es zu dem Leitartikel von Jacques Schuster bei WELT.