Tichys Einblick
Der darf das!

Psychotherapie für die Westentasche – Peter Hahnes neues Buch

Motto: Nicht lang Drumrumreden. Thema: Die Schönfärberei, mit der die galoppierende Krise übertüncht werden soll. Mittel: Die Kühlung der illusionären Nestwärme, mit der man sich durch alle Krisen hindurchzukuscheln versucht.

„Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen“ – der Titel des neuen Bestsellers von Peter Hahne könnte als Motto für jede Psychotherapiesitzung herhalten. Und deshalb passt er auch so schön auf das, was Hahne seinen Lesern zu geben scheint: Hilfe und Trost.

Die enormen Verkaufszahlen lassen diesen Schluss ja durchaus zu: In einer Zeit, in der so manches ehemals stabile Gemüt über eine Therapie nachdenkt, scheint man doch erstmal einen neuen Hahne zur Hand zu nehmen. Das schlanke Buch ist ein schneller Fix für alle, die mittlerweile ohne ihre regelmäßige Dosis Gleichgesinntes nicht mehr auskommen. Spricht hier doch einer offen aus, wofür man selbst ins soziale Abseits geraten würde. Er tröstet, weil er zeigt: Du bist nicht allein …!

Hahne kann sich das leisten. Weil man ihn, anders als unsereinen, aufgrund eines makellosen Leumunds als ZDF-Anchorman (diesen Ausdruck wird er als vehementer Gegner des Denglisch hassen) und als Führungsfigur der evangelischen Kirche bislang nicht einfach in die rechte Ecke abschieben kann. Sein Humor schützt ihn genauso wie seine unglaubliche Fähigkeit, in Diskussionen und Talkshows Heikles zu benennen, ohne in eine einzige der für ihn aufgestellten „Rechts“-Fallen hineinzutappen.

Wenn Sie also die morgendliche Verzweiflung überkommt, dann nehmen Sie eine der in diesem Band versammelten Kolumnen zur Hand.

Hahnes Motto: Nicht lang Drumrumreden. Sein Thema: Die Schönfärberei, mit der die galoppierende Krise übertüncht und geleugnet werden soll. Das ewige „Es-geht-uns-doch-so-gut-da-kann-man-doch-mal-ein-Bisslwas-abgeben“-Gewäsch. Seine Beispiele: Die Selbstbefriedigung der Kirchen, die bereit sind, ein komplettes Gemeinwesen einer falsch verstanden Nachfolge Jesu zu opfern. Das Aufblasen von Randproblemen – gendergerechte Sprache, Klimakatastrophen – als wohlfeile Ablenkung von den grundlegenden Umbrüchen, die unsere Lebensführung bedrohen. Die Umdeutung katastrophaler Wahlergebnisse in begeisterte Zustimmung, die Darstellung der Islamisierung als lustige Vielfalt, das Ausnutzen der Sozialsysteme als Geschenk an die „Schon-länger-hier-Lebenden“, die Auflösung der Grenzen als historische Notwendigkeit.

Kurz: Das Pfeifen im Walde – als Strategie der Krisenbewältigung!

Hahne macht nicht mit. Er weist hin auf die glitzernden Augen der geifernden Wölfe im Dickicht. Auch auf die Gefahr hin, dass er als böser Bote für diese Hinweise nicht mehr liebgehabt werden wird.

Peter Hahne sagt: Da muss man doch mehr machen als reines Virtue Signalling! Und begeht damit die schlimmste Sünde unserer Zeit: Die Kühlung der illusionären Nestwärme, mit der man sich mittlerweile universell durch alle Krisen hindurchzukuscheln versucht.

Andere werden für so etwas regelrecht ausgeweidet. Nicht so Peter Hahne. Ihn schützt eine gesicherte Pension, der enorme Erfolg als Buchautor (insgesamt sechs Millionen Bücher) und wahrscheinlich auch der Zuspruch, den er durch seine Leser erfährt. Er ist halt nicht allein.

Mit Peter Hahne verliert das ZDF die letzte Galionsfigur aus einer Zeit, als es auch traditionsverbundenen Zuschauern noch eine Heimat bot. Was soll’s! Ab jetzt kann das Traumschiff umso besser und endgültig in die rot-grüne Hauptströmung einschwenken. Und Peter Hahnes Leser sind ohnehin schon längst – mit ihrem Lotsen – in zahlreichen Beibooten ganz anderswohin unterwegs.


Peter Hahne, Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen! Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen Bastei Lübbe, 128 Seiten, Hardcover, 10,00 €. Erhältlich im Buchhandel und bei uns im Shop

Die mobile Version verlassen