Unschuldig eingesperrt. Und nicht einmal freigesprochen. Denn die Vorwürfe der Staatsanwalt reichen noch nicht einmal für die Eröffnung eines Verfahrens. Die gute Nachricht ist: Noch funktioniert der Rechtsstaat, denn der Betroffen kam frei. Aber das Unbehagen bleibt groß.
Denn wenn unschuldige Personen neun Monate hinter Gittern verschwinden können – läuft da nicht etwas komplett schief? Und eine bange Frage schließt sich an: Wer ist der Nächste? Unschuldig im Gefängnis, bürgerliche Existenz vernichtet, Beruf zerstört, Ruf ruiniert, gestohlene Lebenszeit – so einfach geht das in Deutschland? Oder war das gar ein politischer Prozess, den es in einer Demokratie aber nicht geben darf?
Denn Michael Ballweg hat während der Pandemie die wohl größte außerparlamentarische Opposition der Bundesrepublik auf die Straße gebracht: für den Erhalt der Demokratie, des Grundgesetzes und für eine offene Debatte über fragwürdige Maßnahmen.
Dafür wurde er zum „gefährlichsten Anführer“ (Zeit online) der Querdenken-Bewegung gemacht und für neun Monate ohne Anklage in Untersuchungshaft gehalten. Das Gericht aber hat sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und will kein Strafverfahren eröffnen.
Wie geht man damit um? Mit der Einsamkeit? Mit der Sorge, vielleicht nie mehr die Freiheit genießen zu können? Mit der Ungewissheit, wann dieser Albtraum endet? Mit den Handschellen, an die man gefesselt wird? Mit der Stille in der Zelle und den weitgehenden Ausschluss von Kontakten?
In seinem Buch „Richtigstellung! Es war noch nie falsch, quer zu denken“, das Michael Ballweg zusammen mit Ralf Ludwig veröffentlicht, erzählt er erstmals seine Geschichte.
Michael Ballweg, Jahrgang 1974, ist ein deutscher Unternehmer und Softwareentwickler aus Stuttgart. 2020 begann Ballweg Proteste gegen die ausgerufene Pandemie und die Einschränkungen der Grundrechte in Deutschland zu organisieren. Im Juni 2022 nahm die Staatsanwaltschaft Stuttgart Ballweg mit dem Vorwurf des Betrugs und der Geldwäsche im Zusammenhang mit Querdenken-711 fest. Nach neun Monaten Haft (davon sechs Wochen in Isolationshaft) wurde Ballweg entlassen, nachdem sich die Vorwürfe nur noch auf einen „untauglichen versuchten Betrug“ reduzierten. Im Oktober 2023 lehnte dann das Landgericht Stuttgart die Eröffnung eines Hauptverfahrens wegen versuchten Betruges und Geldwäsche ab, da kein hinreichender Tatverdacht bestehe.
Wenn man Michael Ballweg trifft, begegnet man einem gelassenen Menschen, der viel lacht, auch wenn er über die Brutalität jenes Rechtsstaats spricht, der ihn – obwohl unschuldig – versucht hat zu vernichten. Er sagt, er habe viel meditiert, gelesen, nachgedacht. Es ist kein gebrochener Mann, den das Gefängnis ausgespuckt hat. Er will weiterkämpfen, seinen Fall aufrollen.
Dem Buch ist größtmögliche Öffentlichkeit zu wünschen; denn jeder Einzelne ist machtlos gegen die Staatsgewalt. Wie verhält man sich angesichts der offensichtlichen Willkür, die in diesem Buch ausführlich beschrieben ist?
Ob Querdenker oder nicht: es kann jeden treffen. Und es erschüttert jeden, der dieses Buch liest und bislang daran geglaubt hat, dass in diesem Land die Rechtsstaatlichkeit garantiert sei.
Michael Ballweg / Ralf Ludwig, Richtigstellung! Es war noch nie falsch, quer zu denken. Tiger Press, Paperback, 196 Seiten, 24,00 €.
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