Er ist auf dem Schulhof verprügelt worden und verbrachte die Ferien in einem Camp, in dem sich die Kinder um die zu knappen Essensrationen schlagen mussten. Er reiste in die USA, ließ sich im Greyhound-Bus die wenigen Traveler-Schecks klauen und machte seine ersten paar hundert Millionen mit dem Zahlungsdienstleister Paypal.
Er wurde zum Milliardär, mit seinem Tesla zum Helden der Umweltbewegten und in Deutschland zum Feind der Grünen und Linken, weil er für Meinungsfreiheit eintritt und die Flüchtlingspolitik kritisiert. Er unterstützt Donald Trump mit riesigen Beträgen und bezieht im Kampf der amerikanischen Milliardäre Position für Trump.
Ihm verdankt die Welt riesige Raketen, die nicht weggeworfen werden, sondern auf den Startplatz zurückkehren – eine ungeheure technische Leistung, die der Menschheit den Weg ins All ebnet und vielleicht zur Besiedlung des Planeten Mars führen könnte. Seine Träume verändern die Welt, dafür wird er bewundert und von den Woken gehasst. Denn aus einem Linken wurde ein Konservativer, der die Familie preist und dessen größter Schatz Kinder sind in einer rotgrünen Welt, die Abtreibung aus Klimagründen predigt.
Seine Biographie zeigt Glanz und Gloria eines Unternehmers und den inneren Dämon eines Getriebenen, der nach jedem gigantischen Erfolg, für den sich jeder normale Mensch bis ans Ende seiner Tage feiern ließe, ein neues Abenteuer sucht, das ihn vernichten könnte.
Er hat mit SpaceX einen Raumfahrtkonzern geschaffen, der in ein paar Monaten das umsetzt, wozu die staatliche NASA Jahrzehnte braucht. 60 Prozent der Tonnage, die die Erde Richtung Weltraum verlässt, transportiert Elon Musks Unternehmen. Er hat vorgeführt, dass privates Unternehmertum in wenigen Jahren beherrscht, was Staaten und Staatsbehörden in Jahrzehnten nicht schaffen. Die NASA, Russland oder China: Zwerge neben Elon Musk, der den Mars besiedeln will. Nichts weniger ist sein Ziel, alles Bisherige nur die Schaffung einer wirtschaftlichen und technischen Basis für den ganz großen Schritt.
Wer wie Trump Putin ärgert mit Kommunikationssatelliten für die Ukraine und der dann die Gnade entzieht, wenn sie rote Linien überschreitet, wer Joe Biden bekämpft und dann Kamala Harris lächerlich macht, um Trump an die Macht zu führen, der hat nur Gott zu fürchten, nicht aber die EU-Kommission, die ihn an die Leine legen will.
Wer ist Elon Musk, was treibt ihn? Was ist sein Erfolgsrezept?
Das wird in der Biographie von Walter Isaacson hervorragend beschrieben. Sie fußt auf vielen Gesprächen mit Musk, seiner Familie, seinen (wenigen) Freunden und seinen (vielen) Feinden. Sie ist detailreich, widmet seiner Psyche, seinen Erfolgen, seinen Niederlagen, seinen Scheidungen und auch seinen falschen Entscheidungen viel Raum. Sie ist vielschichtig und auch eine Anleitung für Unternehmer, die sich fragen: Wie macht der das? Wie führt er derart gigantische Unternehmen praktisch gleichzeitig zum Erfolg?
Aber Musk ist auch ein klassischer Schrauber, ein Techniker, der zwar die Möglichkeiten der IT nutzt, aber für klassische Produkte benutzt. Er ist eigentlich Fabrikant, ein Unternehmer vom ganz alten Schlag. Seine Leistung ist nicht das Design von Tesla – sondern dass es ihm gelingt, dieses Auto kostengünstig zu produzieren. Um den Ausstoß auf 5.000 Autos pro Woche zu steigern, hat er wochenlang auf dem Dach der Fabrik geschlafen, unter dem Schreibtisch genächtigt und an jeder Produktionsstation persönlich dafür gesorgt, dass noch ein paar Cent eingespart werden. Das hat die Werte Amerikas verändert: Er kehrt zurück zur Industrie in einem Land, in dem mit Finanzkapitalismus mehr und leichter Geld zu verdienen ist als mit Produktion.
Auch die NASA hat Raketen gebaut, aber Musk hat die Produktionszeiten gekappt und die Kosten jeweils um 90 Prozent und mehr gesenkt: Mittlerweile schickt er seine Raumtransporter in den Orbit wie UPS seine braunen Lieferfahrzeuge durch die Straßen.
Die rabiate Verkürzung von Produktionszeiten und Kosten macht ihn zum Sieger. Er reduziert höchst komplexe Technologien zu Produkten, bis sie in Serie aus seinen Fabriken purzeln und zur preislich unschlagbaren Massenware werden.
Musk ist nur hilfsweise ein Finanzjongleur, nämlich dann, wenn er Geld für seine Fabriken braucht, und gelegentlich ein Internet-Freak – er ist eher ein Henry Ford, ein Friedrich Krupp oder ein Max Grundig: ein Produzent.
Eine von Deutschen gebaute Autofabrik in Brandenburg wäre heute noch nicht aus den Startlöchern – Tesla produziert. Chefs müssen nicht verständnisvoll zuhören, sondern als „feuerspeiender Drachen“ durch die Fabrikationshallen und Büros ziehen.
Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, zu dem noch Unternehmen für KI, Neuro-Wissenschaft und Tunnelbau gehören, kauft er Twitter, mit über 50 Milliarden Dollar einer der größten und wagemutigsten Deals der Wirtschaftsgeschichte, das sein gigantisches Tech-Fabrik-Imperium erneut an den Rand des Ruins bringt.
Es ist auch ein Kampf um Meinungsfreiheit. Er enthüllt, wie sich die Social-Media-Giganten zu Erfüllungsgehilfen der US-Geheimdienste und -Politik gemacht haben, politische Themen wie Kritik an der Biden-Familie ebenso unterdrückt haben wie Bedenken hinsichtlich der Corona-Politik. Er enthüllt ein globales Machwerk, Manipulation und Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Musk nutzt Twitter, das er wie SpaceX und seinen Lieblingssohn „X“ ebenfalls in X umbenennt, für immer neue Botschaften, die beispielsweise das Zeug dazu haben, endlich die deutsche Migrationspolitik in Frage zu stellen. Er ist unberechenbar. Er instrumentalisiert seine psychischen Defekte für seinen eigenen Erfolg.
Er ist einer der Großen der Unternehmensgeschichte.
Eine einzige Frage ist noch unbeantwortet: Schafft er es auf den Mars? Oder zerstört er kurz vorher sich selbst und seine grandiosen Unternehmen?
Er ist ein Wahnsinniger, der wahnsinniges leistet und deshalb herausragt aus der Masse mit hängenden Köpfen, den Geduckten, wie sie von denen gebraucht werden, die die Welt wieder in den Sozialismus treiben wollen. Egalität ist der Wert, gegen den er ständig verstößt und damit anderen die Tür aufmacht, die sich nicht anpassen wollen. Betriebsräte haben es nicht leicht bei ihm und Bürokraten auch nicht. Deswegen bekämpfen sie sein X, das frühere Twitter, das er zu einer globalen Bastion der Meinungsfreiheit befördert hat und das die Mächtigen fürchten, weil sie es nicht zum Verstummen bringen können.
Ein umfangreiches Quellenverzeichnis und Namenregister im Anhang macht diese Biographie noch nutzbringender. Aber es ist ein Buch aus dem Bertelsmann-Konzern. Selbst angesichts der Größe von Musk sprechen sie vom „N-wort“, das er benutzt haben soll und gendern – Gott sei Dank nur an einigen wenigen Stellen, die nur einen sehr aufmerksamen Leser verärgern können, Eingriffe von Kleingeistern, die ein so großes Werk nicht verhunzen können. Man ahnt die Debatten darum in der Bürokratie von Bertelsmann – und freut sich über eine großartige Biographie.
Walter Isaacson, Elon Musk. Die Biographie. C. Bertelsmann Verlag, Hardcover mit Schutzumschlag, 832 Seiten, 200 s/w Abbildungen, 38,00 €.