Tichys Einblick
Wie mit der Kamera erzählt

Durch die Kontrolle des Geldes die Welt kontrollieren

Bargeldverbot ist vielerorts keine Utopie mehr, sondern ein konkretes Vorhaben, das auf seine Umsetzung wartet. Welche Folgen der bargeldlose Zahlungsverkehr in einer globalisierten Welt haben könnte, hat Autor Herbert Genzmer in einem neuen Thriller durchgespielt. Sein Verleger Wolfgang Neumann hat ihn dazu interviewt.

Worum geht es in „Liquid“?

Die Biochemikerin Madeleine Alberti wird in eine künstlich geschaffene Agrarstadt mitten in der Wüste New Mexikos geschickt, um dort als Forscherin an einem Bewässerungsprojekt mitzuwirken. Tatsächlich aber wird an diesem Ort mit neuartigen bargeldlosen Zahlungsmethoden experimentiert – insbesondere mit einem liquiden Chip, der, einmal in den Menschen implantiert, als Kredit- und Informationsträger dient. Als Madeleine die wahren Hintergründe bewusst werden, kontaktiert sie den Geschäftsführer einer Initiative gegen das sich anbahnende Bargeldverbot in Frankfurt am Main und lässt ihm heimlich alle gesammelten Informationen zukommen. Als ihre Kommunikation auffliegt, muss sie aus den USA fliehen und gelangt mit der Hilfe des Chefs eines mexikanischen Drogenkartells, der großes Interesse daran hat, sein Bargeld zu behalten, über Mexiko zurück nach Deutschland, wo sich zu diesem Zeitpunkt eine folgenreiche Hochwasserkatastrophe anbahnt …

Das klingt atemberaubend – wie realistisch ist dieses Szenario?

In vielen Ländern, besonders in Skandinavien, ist die Planung des Bargeldverbots bereits weit fortgeschritten. Bargeldverbot ist vielerorts keine Utopie mehr, sondern ein konkretes Vorhaben, das auf seine Umsetzung wartet. „Liquid“ ist eine Dystopie, die zwar in verschiedenen Teilen der Welt spielt, sich aber schließlich auf Deutschland konzentriert, wo man im Jahr 2029 eine Naturkatastrophe instrumentalisiert, um die Bedingungen dafür zu schaffen, das Bargeld zugunsten eines ausschließlich bargeldlosen Zahlungsverkehrs in allen Bereichen des Lebens abzuschaffen.

Welche Kreise sind daran interessiert, Bargeld zu erhalten und welche nicht?

Spannendes Rennen gegen Politik und Zeit
„Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen…“
In meinem Buch sind es das Finanzwesen und die Politik, die an der Abschaffung interessiert sind, um – wie es Henry Kissinger schon sagte – durch die Kontrolle des Geldes, die Welt zu kontrollieren. Nicht daran interessiert sind all jene, die sich dagegen wehren, dass ihr Leben bis ins kleinste Detail nachvollziehbar, rückverfolgbar und kontrollierbar wird.

Sie kennen das landläufige Argument „Ich habe ja nichts zu verbergen” – um selbst kleine Beträge mit Karte zu zahlen. Ist das naiv?

Naiv ist es nicht, denn es ist ja auch praktisch. Aber alle Menschen, die mit Plastikkarten oder dem Fon zahlen, müssen sich darüber klar sein, dass jeder ihrer Schritte nachvollziehbar und sie somit vollkommen transparent und kontrollierbar sind.

Weshalb wird Bargeld traditionell mit Freiheit synonym gesetzt?

Weil ich mit dem Geld in meiner Tasche tun und lassen kann, was ich will und keine Spuren hinterlasse.

Wieso kommt Ihr Buch dystopisch daher? Schließlich haben die Skandinavier doch offenbar gute Erfahrungen mit der Bargeldlosigkeit gemacht?

Es scheint ja, als würde alle Welt dahin drängen, das Bargeld endlich loszuwerden. Im Buch gibt es zwei Passagen, eine mit Stefan Raab, die andere mit Maybritt Illner, in denen ich zeige, wie die Menschen mit einer Abschaffung umgehen, ja, wie versessen sie sogar darauf sind.

Mit der Biochemikerin Madeleine Alberti haben Sie eine Heldin eingesetzt, die ein hochspannendes Abenteuer bewältigt. Glauben Sie, dass Frauen auch in physischen Extremsituationen letztlich zäher sind als Männer?

Dazu kann ich nur sagen, dass bestimmt einige Frauen und Männer in physischen Extremsituationen zäher sind als andere Frauen und Männer. Wenn es um die Bewältigung einer Aufgabe geht, ist es mir gleich, wer sie bewältigt – in jedem Fall sollte es die oder der Bessere oder Qualifiziertere sein.

In Ihrem Buch geht es auch um die Begegnung mit einem mexikanischen Drogenboss, der eine ambivalente Darstellung erfährt, also nicht nur rücksichtsloser Mörder ist. Weshalb?

Kein Mensch ist eindimensional. Rein dramaturgisch jedoch brauche ich jemanden, der aus seiner Extremposition die Dimensionen begreift, die in Form einer Bargeldabschaffung auf sein illegales Imperium zurollen und der natürlich alle seine Bargeldreserven in Sicherheit bringen will. Ihm wird skizziert, wie er sein Geld waschen und es in theoretisches oder digitales Geld umwandeln könnte – übrigens alles andere als ein legales Vorgehen.

Wie schon das Cover verrät, spielen Spritzen eine besondere Rolle in ihrem Thriller. Glauben Sie nicht, dass die Leser das Thema Impfungen satt haben?

Die Menschen haben das Thema Impfung total satt – Geimpfte und Ungeimpfte. Nur glaube ich, dass der Umgang mit dem Virus oder mit der Krankheit von Anfang an in eine vollkommen verirrte Richtung gelaufen ist. Wir verdanken das der Inkompetenz der Politik. Ihrer fehlenden Risiko-, Hilfs- und Aufklärungsbereitschaft aus Angst, Pfründe zu verlieren.

Wer schweigt, stimmt zu
Corona: Die groteske Inszenierung einer traurigen und tragischen Realität
Kein Politiker hat zu irgendeinem Zeitpunkt eingestanden, dass wir vor etwas stehen, was kein Mensch in diesem Umfang je erlebt hat. Das Nicht-Benennen aber ist Ausdruck machtbesessener Überheblichkeit, um Hilflosigkeit und Unwissen zu verschleiern. Wissenschaftler, also Experten, wurden von der Politik in die Ecke gedrängt. Vor zwei Jahren erklärte Herr Spahn in einer flammenden Rede, Masken seien schädlich und würden Infektionen begünstigen. Anderthalb Jahre später erfahren wir, dass er all das sagte, weil damals keine Masken zu Verfügung standen. Wundert es also, dass Impfungen zu einem so verheerenden Thema geworden sind?

Die Politik hat es geschafft, etwas, das lebensrettend ist und in der Geschichte der Menschheit stets dankbar gefeiert wurde, für viele Menschen in etwas Diabolisches zu verwandeln. Sollte es aber bald, was sehr zu hoffen ist, von Valneva und Biontech die erste Malaria-Impfung geben, werden alle frenetisch applaudieren, denn damit, so werden auch die Impfgegner sagen, wird einer Geißel der Menschheit endlich die tödliche Spitze genommen. Aber eine Malaria-Impfung wäre ein Selbstläufer.

Wie ist Ihr Wissenschaftsverständnis? Muss Wissenschaft normativ sein oder darf es anything goes geben, und die Politik hat zu entscheiden, was umgesetzt wird und was nicht?

In „Die Physiker“ zeigt Dürrenmatt, dass Wissenschaft immer der potentiellen Gefahr ausgeliefert ist, von Macht und Politik vereinnahmt und instrumentalisieren zu werden…

… ein bisschen wie der Zauberlehrling …

Genau! Der Zauberlehrling ist Politiker, während der Zauberer der Wissenschaftler ist, der den Zauber schuf, und nur er kann eingreifen und alles lösen und regeln. Bei Dürrenmatt kommt er ins Irrenhaus und im wirklichen Leben bleiben Wissenschaftler leider unfähig, das aufzulösen, was die anderen aus Selbstsucht an sich gerissen haben. Stellen Sie sich vor, man würde einen Herrn Spahn zum Lebensretter in der „tödlichen“ Pandemie stilisieren. Das wäre das Irrenhaus.

Herbert Genzmer, Liquid. Thriller. Solibro Verlag, 432 Seiten, 20,00 €.


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