Tichys Einblick
Hans Herbert von Arnim mit neuem Buch

Die Hebel der Macht und wer sie bedient

Die Parteien haben sich ihren eigenen Staat geschaffen. Sie bestimmen die Regeln der Macht und gestalten diese Regeln nach ihren Interessen. Die Parteien durchdringen die staatlichen Institutionen und besetzen systematisch alle Schlüsselstellen.

Die Parteien haben sich ihren eigenen Staat geschaffen. Die Hebel der Macht bedienen nur sie. Sie bestimmen die Regeln der Macht und gestalten diese Regeln nach ihren Interessen. Die Parteien durchdringen die staatlichen Institutionen, besetzen systematisch alle Schlüsselstellen und entmachten den Souverän. Gewaltenteilung, Wettbewerb und Kontrolle unterlaufen sie trickreich mit der Tendenz zur Ausschaltung. Kurz: Wir haben es nicht mit leichten Funktionsstörungen der parlamentarischen Demokratie zu tun, sondern mit einem schweren Systemfehler: Beide, die demokratische und rechtsstaatliche Legitimation sind durch den exzessiven Parteienstaat tiefgehend erschüttert.

Das ist der Kernbefund des neuesten Buches von Hans Herbert von Arnim: „DIE HEBEL DER MACHT UND WER SIE BEDIENT – Parteienherrschaft statt Volkssouveränität“.

Eine umfassendere Analyse des Zustandes der Institutionen der Bundesrepublik hat meines Wissens noch kein anderer Autor vorglegt. Grund genug, den 10 Teilen der Analyse in mehreren Beiträgen nachzugehen. Der heutige Text soll dafür nur die Einleitung sein.

In Teil 1: Darf die Politik in eigener Sache entscheiden und alle Kontrollen beseitigen? „wird das Konzept politischer ‚Selbstbedienung‘ vorgestellt … , dass im Machtspiel der Politik bestimmte dominante Spieler selbst die Spielregeln festlegen.“

Teil 2: Verdeckte Aktionen – Wie Parteien agieren „skizziert anhand zahlreicher Fälle aus der Praxis, wie die Parlamente und die hinter ihnen stehende politische Klasse die öffentliche Kontrolle von Entscheidungen in eigener Sache unterlaufen.“

Mit der Rolle des Bundesverfassungsgerichts – im Saldo zugunsten der Parteienherrschaft – befassen sich mehrere Teile:

Teil 7: Der Fehler liegt im System: Das Kartell auf dem Weg in den exzessiven, bürgerfernen Parteienstaat zeigt. „Die Gewaltenteilung wird vielfach unterlaufen … Die politische Verantwortung der Parteien, die sich programmatisch immer mehr angleichen und bei den Regeln der Macht ohnehin gemeinsame Sache miteinander machen, verflüchtigt sich.“

Teil 8: Wohin treibt Europa? schlägt den Bogen nach Brüssel: „Die weitverbreitete Unzufriedenheit mit der parteienstaatlichen Entwicklung vermengt sich mit der Skepsis über die Europäische Union. Auch dort ist die politische Willensbildung strukturell verzerrt. Ob Kommission, Parlament, Rat oder Gerichtshof, sämtliche Organe drängen auf die immer umfassendere Erweiterung und die immer intensivere Vertiefung der Union um ihrer selbst willen. Der vielbeschworene Grundstz der Sudsidiarität steht bloß auf dem Papier.“

Teil 9: Das System korrigieren: Direkte Demokratie und ihre Ersatzformen beschreibt die Palette von Möglichkeiten von bisher debattierten Systemkorrekturen.

Teil 10: Die fatale Rolle der Wissenschaft verweist darauf, dass nicht nur Politiker kein Interesse an einer Debatte über die für Demokratie und Rechtsstaat zentrale „faire und bürgernahe Regelung von Wahl- und Parteienrecht, von Politikfinanzierung, Ämterbesetzung und direkter Demokratie“ haben. Von Arnim erklärt, warum „auch große Teile der Politikwissenschaft und der Staatsrechtslehre die Brisanz der Thematik bisher nicht erkannt“ haben oder sie verdrängen.

Wissenschaftler, Journalisten, Verfassungsrichter und natürlich die Politiker selbst gehen davon aus, tun jedenfalls so, als würde „das politische Kräftespiel in der pluralistischen Demokratie zu ausgewogenen Ergebnissen“ tendieren. Das ist aber nahezu an keiner einzigen Stelle mehr so. Das werden die weiteren Folgen zu von Arnims Buch Stück für Stück zeigen.

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