Tichys Einblick
Eine Institution namens Bonnie

Der Hund mit den zwei Namen

Monika Maron erzählt von Bonnie Propeller, von sich selbst, von der Kunst, eine Beziehung zu wagen – und der selbstverordneten Notwendigkeit, dreimal am Tag das Haus zu verlassen.

Ende 2020 wechselte Monika Maron zum Verlag Hoffmann und Campe. Dort erschien als Erstling in der neuen literarischen Heimat „Bonnie Propeller“, ihre Erzählung über den neuen Mischling, der nach dem Tod ihres alten Begleiters Momo ins Haus kommt. Mit dem Riesenschnauzer lebte sie fast fünfzehn Jahre. Sie trauert, beschließt aber gleichzeitig, sich so schnell wie möglich einen Nachfolger zu holen. Das ist für sie lebensnotwendig, aber es ergibt sich daraus auch eine Schwierigkeit, von der sie auf knapp 60 Seiten erzählt: Der neue Hund folgt einem anderen; die Erzählerin kann es gar nicht vermeiden, beide zu vergleichen.

„Natürlich habe auch ich Momo geliebt als den einzigartigen, ganz besonderen Hund, der er war“, heißt es bei ihr: „Gleichzeitig war er aber ein Vertreter aller Hunde, auch aller Tiere, eine Art Institution. Und wenn der Vertreter einer Institution stirbt, der Papst oder ein Staatspräsident oder ein Parteivorsitzender, dann muss er auch sofort ersetzt werden, weil sonst ein ganzes Gefüge in Unordnung geraten kann. In diesem Fall war das Gefüge, das in Unordnung geraten konnte, mein eigenes Leben.“

Krummen Gestalten an der Allerweltsecke
Ein Exil für Freiräume des Denkens und Träumens
In diese Rolle als Ersatz gerät die naturgemäß ahnungslose Bonnie unter ungünstigen Umständen. Maron hat sich auch mit Rücksicht auf ihr Alter einen kleineren Begleiter gewählt. Dieses Mal soll es außerdem kein Rüde sein. Die im Tierheim aufgewachsene Findelhündin unterscheidet sich allerdings ziemlich von dem Bild, das Fotos und Beschreibungen vorher von ihr gezeichnet hatten. Bonnie ist noch kleiner als angegeben, ihre Beine sind krumm, ihr Fell struppig, überdies entstellen Fettpolster an den Hüften das Tier erheblich. Als würde sie ahnen, dass die Besitzerin ihres neuen Zuhauses ernsthaft überlegt, sie wieder zurückzugeben, lernt Bonnie schnell, erweist sich als intelligent, pflegeleicht, verträglich mit anderen Menschen und Hunden, sie macht überhaupt alles richtig und würde sich wahrscheinlich auch in ein hübscheres Geschöpf verwandeln, wenn sie es könnte.

Der Leser ahnt es schon: Monika Maron gibt Bonnie nicht zurück. Es bleibt aber nicht bei: nimm mich so, wie ich bin. Maron erzählt, wie ihr Hund sich tatsächlich verwandelt, und dadurch auch die Autorin ein wenig verändert.

„Bonnie Propeller“ ist eine leichtfüßige Geschichte, aber eben die leichte Erzählung einer sehr abgeklärten Autorin. Sie schreibt mit Nähe, Liebe, und – was bei Tiergeschichten nicht ganz einfach zu vermeiden ist – ohne Sentimentalität.

Etliche Figuren in Monika Marons Romanen werden fälschlicherweise als Selbstbildnisse gedeutet. Hier gibt sie ausnahmsweise viel von sich preis. Ihren Text über Hund und Mensch, Erwartung und Anpassung hat Hoffmann und Campe mit handwerklicher Sorgfalt gestaltet, vom Umschlag bis zum Schriftbild – ein Buch, das der Leser gern in die Hand nimmt. Auch für Nichthundebesitzer ist der schöne kleine Band einschränkungslos geeignet.

Und ganz nebenbei beantwortet „Bonnie Propeller“ auch die Frage, was eine Rüdin ist. Und warum sie mit Nachnamen Propeller heißt.

Monika Maron, Bonnie Propeller. Erzählung. Hoffmann und Campe, Hardcover mit Überzug und farbigem Vorsatz, 56 Seiten, 15,00 €.


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