Tichys Einblick
Mit globaler Währung zur Weltherrschaft

Der demokratische Sozialismus auf dem Vormarsch

Mit dem Euro haben die Vertreter des demokratischen Sozialismus den Währungswettbewerb in Europa ausgeschaltet. Jetzt streben sie mithilfe der Digitalisierung ein einheitliches staatliches Weltgeld an. Damit droht der Marsch in einen Weltstaat und das Ende nationaler Selbstbestimmung.

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»Es gibt keine globale Hymne, keine globale Währung, keinen Ausweis für globale Bürgerschaft.« So sprach US-Präsident Donald J. Trump im Dezember 2016 zu seinen Anhängern im US-Bundesstaat Ohio. Er teilte damit den »politischen Globalisten«, dem »Establishment«, der »Elite von Davos«, eine Absage. Denn deren Bestreben zielt nicht nur auf eine »Politik der offenen Grenzen« und der Überwindung der Nationalstaaten, sondern in letzter Konsequenz auch auf das Schaffen einer einheitlichen Weltwährung ab. Vor allem das »Projekt Weltwährung« ist kein willkürlicher Verdacht, sondern es ist vielmehr langfristig gesehen die logische Konsequenz der heute weltweit dominierenden Ideologie: des demokratischen Sozialismus. Was ist damit gemeint?

Der Sozialismus – die Vergemeinschaftung der Produktionsmittel – hat zwei Erscheinungsformen. Zum einen gibt es den russischen Sozialismus: Der gewaltsame, revolutionäre Umsturz der Eigentumsverhältnisse, die Enteignung der Eigentümer zu Gunsten des Staates. Zum anderen gibt es den demokratischen Sozialismus. Er sieht vor, den Sozialismus über parlamentarische Mehrheiten zu erreichen. Das Eigentum der Produktionsmittel soll zwar formal bestehen bleiben. Aber niemand soll mehr ein 100-prozentiges Anrecht auf die Erträge seines Eigentums haben. Vielmehr ist der Eigentümer verpflichtet, einen Teil seiner Erträge in Form von Steuern an die Gemeinschaft abzutreten. Zudem wird seine Verfügungsgewalt über sein Eigentum durch eine Vielfalt an Gesetzen, Verordnungen und staatlichen Regulierungen eingeschränkt. Wie alle Sozialisten erheben auch die demokratischen Sozialisten dabei einen Allgemeingeltungsanspruch.

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Aus ihrer Sicht reicht es nicht, wenn die von ihnen angestrebte Gleichheit nur in einer Region der Welt erreicht wird. Sie wollen ihrem Gleichheitsideal überall zum Durchbruch verhelfen. Dabei kann der demokratische Sozialismus allerdings keine Konkurrenz dulden. Wenn die demokratischen Sozialisten beispielsweise nur in ihrem Geltungsbereich besteuern, drohen Unternehmen und Talente abzuwandern, und zwar in andere Teile der Welt, in denen sie nicht so hoch besteuert werden. Wie aber lässt sich der unerwünschte Wettbewerb zwischen den Regionen der Welt ausschalten? Eine Möglichkeit ist die Kartellbildung zwischen Staaten. Doch ein Kartell ist instabil: Die leistungsfähigen Staaten haben einen Anreiz, aus dem Kartell mit den weniger leistungsfähigen auszusteigen.

Stabil wird die Front gegen den Standortwettbewerb zwischen den Weltregionen, wenn es den demokratischen Sozialisten gelingt, eine Einheitsregierung, am besten eine Weltherrschaft, einen Weltstaat, zu errichten. Doch dem stehen bislang Hürden entgegen, insbesondere die Nationen beziehungsweise Nationalstaaten. Das Problem dabei ist, dass ein demokratischer Sozialismus auf der Welt weitreichende internationale Umverteilungen von Einkommen und Vermögen nach sich zieht. Dem werden sich die Menschen, solange sie sich Nationen zugehörig fühlen, widersetzen. Die demokratischen Sozialisten könnten zwar auf die Idee kommen, die nationalen Unterschiede in den Bevölkerungen durch Wanderungen zu verringern. Unter demokratischen Bedingungen ist das jedoch ein schwieriges, langwieriges, vielleicht auch unerreichbares Unterfangen.

Weitaus aussichtsreicher ist da das Schaffen einer Einheitswährung, deren ökonomische Zwänge die teilnehmenden Nationalstaaten letztlich unter eine einheitliche Führung zwingen. Genau das ist den demokratischen Sozialsten in Europa gelungen. Anfang 1999 haben 11 Nationen ihre Währungen gegen die Euro-Einheitswährung eingetauscht. Was »im Kleinen« gelungen ist, lässt sich auch »im Großen« praktizieren. So tritt etwa der kanadische Ökonom Robert Mundell (*1932) für das Schaffen der Weltwährung »Intor« ein, indem die großen Währungen der Welt – US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi und japanischer Yen – gegenüber dem Intor fixiert und nachfolgend durch eine einheitliche Geldpolitik gesteuert werden. Auch andere Währungen sollen später im Intor aufgehen können.

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Mit dem Aufkommen des digitalen Zentralbankgeldes (»Central Bank Digital Currency«) hat sich jüngst der Gouverneur der Bank von England, Mark Carney (*1965), für das Schaffen einer Weltwährung in Form einer »Synthetischen Hegemonialen Währung« (»Synthetic Hegemonic Currency«) ausgesprochen – nicht zuletzt um zu verhindern, dass künftig private Angebote von Firmen, die Kryptowährungen lancieren oder eigene Stablecoins auf den Markt bringen, wie sie etwa das soziale Netzwerk Facebook mit der Libra plant, das Geldmonopol der Zentralbanken erodieren. Die politischen Globalisten setzen daher alles daran, die Herrschaft über das Geld bei den staatlichen Zentralbanken zu belassen beziehungsweise das Weltgeld einem Kartell der Zentralbanken, angeführt von einer Weltzentralbank, zuzuschanzen.

Doch was wäre so schlimm daran, wenn es künftig nur ein Weltgeld gäbe? Ein Geld auf der Welt wäre ökonomisch gesehen zunächst einmal großartig: Wenn alle mit demselben Geld handeln, werden Tauschgeschäfte erleichtert, wird die produktive Kraft des Geldes maximiert. Entscheidend ist aber, wer das Weltgeld produziert. Wenn es nicht der freie Markt ist, der entscheidet, was das Weltgeld sein soll (also Gold, Silber oder vielleicht eine Kryptoeinheit), sondern die Staaten darüber befinden, dann ist große Gefahr im Verzug. Beispielsweise wäre ein ungedecktes Weltgeld – ein Welt-Fiatgeld – nicht nur mit allen ökonomischen und ethischen Defekten behaftet wie die nationalen Fiatwährungen auch. Die Schäden eines Welt-Fiatgeldes würden zudem vergrößert: Weil die disziplinierende Kraft des Wettbewerbs zwischen unterschiedlichen Währungen entfällt, wäre ein Welt-Fiatgeld viel inflationärer, würde größere Fehlallokationen bewirken, würde schwere Konflikte zwischen den Nationen provozieren.

Die politische Macht einer Weltzentralbank, die das Welt-Fiatgeld als Monopolist herausgibt, wäre furchterregend. Weil die Weltzentralbank keine Konkurrenz mehr hat (und die Geldverwender dem Weltgeld nicht ausweichen können), können Interessengruppen sie rücksichtslos für ihre Belange einspannen. So könnten die Regierungen hoch verschuldeter Staaten darauf drängen, dass die Zentralbank den Weltleitzins möglichst niedrig setzt. Das erlaubte es ihnen, sich weiterhin billig zu verschulden, mit kreditfinanzierten Ausgabenprogrammen Wählerstimmen zu kaufen und ihre Macht zu erhalten. Auch wäre es ein leichtes für eine Weltzentralbank, das Bargeld abzuschaffen. Dann wäre es nicht nur um die finanzielle Privatsphäre der Menschen geschehen. Die Bürger wären auch der Gefahr der finanziellen Repression durch Negativzinsen schutzlos ausgeliefert.

Ein Fiat-Weltgeld, bereitgestellt von einer Weltzentralbank, übt zudem großen Druck auf die Nationen aus, ihre Souveränität aufzugeben, ihre legislativen, judikativen und exekutiven Zuständigkeiten an eine supra-nationale Instanz zu übertragen. Beispielsweise müssten in Krisenphasen, für die das Fiat-Geld immer wieder sorgt, die Nationen auf ihre Selbstbestimmungsrechte verzichten, um von der Weltzentralbank »gerettet« zu werden. Der »Rettung« von Griechenland und anderer Länder in der Eurokrise, die deren nationale Souveränität erheblich einschränkte, mag hier wegweisende Bedeutung zukommen. Es entstünde vermutlich zunächst so etwas wie ein »Welt-Rat«, eine Gemeinschaftsvertretung, aus der dann – in der logischen Konsequenz – eine Weltherrschaft, ein Weltstaat hervorgeht. Ein außerordentlich bedrohliches Szenario – denn ein Weltstaat, der das Monopol für Recht und Sicherheit beansprucht, führt absehbar in die Tyrannei.

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Ist der Weg zum Fiat-Weltgeld und damit zum einem Weltstaat also vorgezeichnet? Die Gefahr ist durchaus real. Doch zwangsläufig ist der skizzierte Verlauf nicht. Es handelt sich vielmehr um eine bedingte Zukunftsskizze, gewissermaßen ein logisches Ergebnis des bisherigen Entwicklungspfades, sollte dem demokratischen Sozialismus, wie er sich in den vergangenen Jahrzehnten durchgesetzt hat, nicht Einhalt geboten werden – und die Menschen sich nicht  begeistern für ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, in dem das Eigentum eines jeden an Leib und Gut nicht mehr infrage gestellt und relativiert, sondern unbedingt respektiert wird. Ein solches Gegenmodell zum demokratischen Sozialismus, das auf Freiheit statt Gleichheit, auf Wettbewerb statt Harmonisierung und auf Vielfalt statt Einheit setzt, ist die »Privatrechtsgesellschaft«. Ökonomen wie Murray N. Rothbard (1926 – 1995) und Hans Hermann Hoppe (*1949) haben die konstitutiven Elemente eines solchen Modells, das auf dem unbedingten Respekt gegenüber dem Privateigentum basiert, in ihren Werken ausformuliert.

US-Präsident Trump streut nun also Sand in das Getriebe der politischen Globalisten; und vor allem deshalb wird er von ihnen so überaus heftig kritisiert. Doch ob ein wenig Sand im Getriebe ausreicht, die Maschinerie des demokratischen Sozialismus zu stoppen? Viel spricht dafür, dass es dafür mehr bedarf. Erst wenn die Menschen erkennen, dass der Trend zur Zentralisierung von Macht und Kompetenzen, dass die Idee von einer Weltwährung und einem Weltstaat unweigerlich in die Dystopie mündet, ist der Vormarsch des demokratischen Sozialismus gestoppt.


Dr. Thorsten Polleit (geb. 1967) ist seit 2012 ist Chefvolkswirt der Degussa, Europas größtem Edelmetallhandelshaus, nachdem er 15 Jahre im internationalen Investment-Banking tätig war. Seit 2014 ist er Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Er ist Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland und Fellow am Ludwig von Mises Institute, Auburn, US Alabama.


Thorsten Polleit, Mit Geld zur Weltherrschaft. Warum unser Geld uns in einen dystopischen Weltstaat führt – und wie wir mit besserem Geld eine bessere Welt schaffen können. FBV, 224 Seiten, 17,99 €.

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