Tichys Einblick
„Links und Gewalt schließen einander aus“

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit – in Theorie und Praxis

Extremismus-Experte Karsten D. Hoffmann handelte sich 40 Absagen von Verlagen ein, bevor sein Buch über die militante Linke erscheinen konnte

Jeder politisch und publizistisch halbwegs Interessierte kennt den Artikel 5 (1) des Grundgesetzes in dem die Meinungsfreiheit geregelt ist. Dennoch sei hier der Text zur Erinnerung im Wortlaut wiedergegeben: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Liest sich toll. Wird regierungsamtlich obendrein betont von Kanzlerin Merkel: Von Zeit zu Zeit widerspricht sie vehement dem Vorwurf, in Deutschland dürfe man nicht mehr sagen, was man denke. Da scheint Merkel aber reichlich abgehoben in ihrem Raumschiff namens Kanzleramt.

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Denn das Institut für Demoskopie Allensbach hat in einer repräsentativen Studie den Mut der Deutschen untersucht, sich zu politischen Themen zu äußern. Gefragt hatte Allensbach zwischen dem 3. und 16. Mai 2019 insgesamt 1.283 über 16 Jahre alte Deutsche. Das Ergebnis ist mehr als erschreckend. Denn: Nur noch etwa jeder sechste (17 bis 18 Prozent) fühlt sich im Internet bzw. in der Öffentlichkeit frei, die eigene Meinung zu sagen. Nur 59 Prozent meinten, sie könnten sich unter Freunden frei äußern. Das heißt nichts anderes, als dass rund 40 Prozent sich nicht einmal mehr dies trauen. Als Tabuthemen gelten die Themen Flüchtlinge und Islam. Merkel dazu: Wer seine Meinung kundtue, müsse allerdings damit rechnen, Gegenwind und gepfefferte Gegenargumente zu bekommen. Wörtlich: „Meinungsfreiheit schließt Widerspruchsfreiheit ein.“

Klingt immer noch alles schön und gut. Freilich sagt all dies die Bundeskanzlerin, die sich keine Sorgen machen muss, ob ihre Äußerungen mediale Plattformen finden. Bücher schreibt sie zwar nicht, druckreif reden kann sie auch nicht, dafür hat sie ihre Redenschreiber, aber sie hat eine brave Apportierpresse, die eine Art Verlautbarungsjournalismus betreibt und so etwas wie eine „firewall“ gegen jede Kritik ihr gegenüber errichtet hat.

Vor allem muss sich Merkel keine Redaktion und keinen Verlag suchen, die ihre Meinung veröffentlichen. Wie anders ist das bei jenen, die Kunst- und Meinungsfreiheit beanspruchen möchten, um ihre Anliegen öffentlich zu machen oder die gar davon leben müssen. Monika Maron etwa, die der Fischer-Verlag nach 40 Jahren erfolgreicher und fruchtbarer Zusammenarbeit aus offenbar politischen Gründen vor die Tür gesetzt hat.

Monika Maron
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Uns geht es hier um ein Buch, das von höchster Brisanz ist, weil es nicht mit Spots einzelne Aspekte der militanten linken Szene in Deutschland betrachtet, sondern mit Flutlicht ausleuchtet. Es ist ein im August 2020 erschienenes Buch des Politikwissenschaftlers Dr. Karsten D. Hoffmann (*1977) das den markanten Titel trägt: „Gegenmacht. Die militante Linke und der kommende Aufstand“. Hoffmann ist einer der besten Kenner der militanten linken Szene in Deutschland. Es war nicht leicht für Hoffman, es zu veröffentlichen. Der Autor gewann dafür nur einen relativ unbekannten, kleinen Verlag. Vierzig Absagen hat er bekommen, wie er dem Rezensenten bekundete. Grund: Die allermeisten, vor allem die großen Verlage haben nicht den Mumm, sich mit der linken Szene anzulegen; sie befürchten, in die rechte Ecke gestellt zu werden. Mit den vormaligen Verlagen Thilo Sarrazins war es zuletzt auch so. Vom Vertrieb ganz zu schweigen: Amazon zierte sich beim Hoffmann-Buch ebenso wie die großen Online-Buchhändler, den Titel in ihr Sortiment aufzunehmen.

Nun ist das Buch immerhin erschienen, auch wenn es das letzte sein soll, das Hoffmann zu diesem Thema geschrieben hat. Nach zehn Jahren intensivster Recherche im militant-linken Milieu, unter anderem der „Roten Flora“ (über die er unter diesem Titel 2011 ebenfalls ein Buch veröffentlichte), hat er keine Lust mehr. Glücklicherweise für uns Leser hat er sein aktuelles Werk noch vollendet und veröffentlicht, denn es ist ein Hammer!

Wer sich die Ergebnisse der Hoffmann’schen Recherchen genauer anschaut, kommt zu einem empörenden Ergebnis: Für die Parteien und deren Stiftungen, auch für die Sozialwissenschaften, ja für die ganze neue „bürgerliche“ Mitte ist die militante Linke ein Tabu-Thema. Man konzentriert sich auf den „Kampf gegen Rechts“, den man nach Schätzungen Hoffmanns qua Bund, Länder, Kommunen und Stiftungen mit bislang rund einer halben Milliarde Euro forciert hat. Das ist geschätzt das 50fache dessen, was in den Kampf gegen Linksextremismus investiert wird.

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Im Windschatten dieses „Kampfes gegen Rechts“ macht die militante Linke Geländegewinn um Geländegewinn. Die jüngste Räumung von „Liebig 34“ ändert nichts daran. Denn die „Aktivisten“ dieser Szenen sind ja nicht weg. Alles wieder Friede, Freude, Eierkuchen? Ja, denn es scheint das Wort des damaligen SPD-Vorsitzenden Martin Schulz zu den G20-Krawallen in Hamburg vom 7./8. Juli 2017 zu gelten: “Links und Gewaltanwendung schließen einander aus.“

Den verschlafenen Bürgerlichen aber schreibt Hoffmann ins Stammbuch: „Gebt den Rechtsstaat preis! Zieht Eure Zäune höher! Opfert Eure Freiheit jeden Tag ein Stückchen mehr! Aber wenn der kommende Aufstand vor Eurer Haustür steht, dann ruft mich bitte nicht an!“

Karsten D. Hoffmann hat ein aufrüttelndes Buch geschrieben. Es sollte Pflichtlektüre für alle Politiker und Sicherheitsexperten sein. Denn, wie Hoffmann diagnostiziert: Der links-militante Aufstand ist längst da.

Karsten D. Hoffmann, Gegenmacht. Die militante Linke und der kommende Aufstand. Hess-Verlag, 252 Seiten, 16,99 €


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