Vorsicht, Sie bekommen es hier mit einem gefährlichen Buch zu tun. Es zieht eine Linie von der Corona-Krise zur Klimapolitik. Es stellt Wissenschaft in Frage. Ist das noch Demokratie, oder schon Ausprägungen einer sich aufbauenden Öko-Diktatur, oder tragen manche Entwicklungen schon Züge des Totalitarismus?
Der Autor beginnt mit einem Loblied auf das „Wahrsprechen“, wie es der Philosoph Michael Foucault genannt hat, die ständige Suche nach jener Form des Sprechens, das einen erstarrten gesellschaftlichen Konsens durchbricht. Es ist der Beginn der Aufklärung, die Infragestellung religiöser Dogmen. Die Wissenschaft entsteht.
Hier beginnt die Corona-Krise: der PCR-Test wurde zur Scheidelinie, das Überschreiten einer Inzidenzzahl entschied über den Verlust der Grundrechte, der Bewegungsfreiheit, der gesellschaftlichen Teilhabe. Aber was ist das für eine Ziffer, und erfaßt sie wirklich die Komplexität menschlichen Lebens und kann sie über den Zustand von Gesundheit und Krankheit wirklich Entscheidendes aussagen?
Schon ist der Zweifel in der Welt. Politiker lieben die Zahl. Sie gibt Richtung vor, vermittelt Plausibilität, ist ein Zielpunkt, ordnet Handeln und Optionen nach vorteilhaft oder fehlerhaft. Aber ist es wirklich ein einziges Spurengas, dass in einer bestimmten Konzentration über Gesundheit oder Krankheit des Klimas und des Planeten entscheiden kann? Ist eine Temperaturmaßgabe von maximal 1,5 Prozent erlaubter Zunahme wirklich qualitativ besser als die Aussage von PCR-Tests?
Totalitarismus ist kein Zufall und bildet sich nicht in einem Vakuum. Der Ursprung liegt im Phänomen der „Massenbildung“, einer Art kollektiver Psychose. Mit fundierten Analysen, anschaulichen Beispielen und Ergebnissen aus jahrelanger Forschung legt Mattias Desmet dar, was zur Massenbildung führt – er geht dabei weit in der Entwicklungspsychologie zurück, bis in die schon prägende Zeit vor der Geburt. Aus einem allgemeinen Gefühl der Einsamkeit, des Mangels an sozialen Bindungen und Sinnhaftigkeit entstehen Ängste und Unzufriedenheit, die sich wiederum in Frustration und Aggression manifestieren.
Diese Ängste und Frustrationen werden von Regierungsvertretern und Massenmedien mithilfe von Narrativen geschickt ausgenutzt und kanalisiert. Das hat zur Folge, dass der Einfluss des Staates auf das Privatleben des Individuums immer mehr zunimmt.
Es ist gruselig die Analogien von Stalinismus und Nationalsozialismus zu sehen und die Bereitschaft, auch heute wieder die Nachbarn zu verpfeifen; diesmal nicht, weil sie BBC gehört haben, sondern weil sie nicht geimpft sind.
Neben seiner glasklaren psychologischen Analyse und aufbauend auf Hannah Arendts grundlegendem Werk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft formuliert der Autor auch eine scharfe Kritik am kulturellen „Gruppendenken“ und der Angstkultur – die bereits vor der Pandemie existierten, mit der COVID-Krise aber exponentiell zugenommen haben. Er weist auf die Gefahren unseres Medienkonsums und unserer Abhängigkeit von manipulativen Technologien hin.
Doch Desmet zeigt auch Lösungsansätze auf, die sowohl individuell als auch gesellschaftlich beschritten werden können, um zu verhindern, dass wir unsere Freiheiten freiwillig opfern.
„Die Psychologie des Totalitarismus“ war in der niederländischen Originalausgabe ein Bestseller und wurde in mehrere Sprachen übersetzt: u.a. Englisch, Italienisch, Ungarisch und Russisch. Es wäre mir eine Freude, wenn ich zum Erfolg dieses Werkes in Deutschland beitragen könnte.
Matthias Desmet, Die Psychologie des Totalitarismus. Europa Verlag, Hardcover mit Schutzumschlag, 272 Seiten, 24,00 €.
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