Tichys Einblick
Die goldenen Zeiten sind vorbei

Weihnachten und Silvester 2023 weisen den bitteren Weg: Arrangement mit der neuen Normalität

Unsere Zeit wird in die Geschichte eingehen als eine Ära gravierender struktureller, politischer und kultureller Veränderungen. Wie sich der historische Wandel im Alltag für den Einzelnen anfühlt, erfahren wir oft genug ganz direkt – eben auch an Feiertagen, an denen unsere Städte wie belagerte, von Fremden dominierte Orte wirken.

IMAGO

Der Kölner Dom ist zu Weihnachten zeitweise geschlossen. Schwerbewaffnete Polizisten vor dem imposanten Gotteshaus bieten ein befremdliches, skurriles Bild. Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen gelten für viele Kirchen und Synagogen im ganzen Land.

In Berlin, Hamburg und anderen Städten sollte ein martialischer Polizeiaufmarsch halbwegs friedliche Silvesterfeiern sichern. Um Krawalle zu verhindern, hatten Polizei und Kommunen fast schon verzweifelte, teilweise lächerliche Aufrufe und Appelle an Chaoten, Gewalttäter und Extremisten gerichtet, diesmal in der Neujahrsnacht doch etwas friedfertiger als im vergangenen Jahr zu sein.

Aber wie erwartet sind auch diesmal wieder Polizisten und Feuerwehrleute Zielscheibe von Angriffen mit Feuerwerkskörpern geworden, in Berlin wurden Molotowcocktails beschlagnahmt, es gab viele Verletzte und Hunderte von Festnahmen. Allerdings berichteten die Behörden sichtlich erleichtert, dass die Krawalle jetzt deutlich weniger gewalttätig und folgenreich waren als noch vor einem Jahr. Jedermann weiß allerdings, dass spätestens am 1. Mai in Berlin und anderen Städten angesichts drohender Ausschreitungen wieder Alarmstufe Rot gilt.

Die verschleierte Zeitenwende

Die Terrorangst in Kirchen und Synagogen ebenso wie die Silvester-Krawalle sind nur zwei Belege von vielen, dass Deutschland schon seit vielen Jahren eine – verschleierte und verschwiegene – Zeitenwende erlebt. Ihre Folgen sind mindestens so gravierend wie die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschworene „Zeitenwende“ nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Deutschland wird in wachsendem Maße von einer neuen Normalität geprägt, und das keineswegs erst 2023.

Sehr vieles ist anders geworden in diesem Land, die Silvester-Krawalle sind dafür ein Beispiel. Aber gab es denn nicht schon immer wieder mal heftige Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten? Was also soll da neu sein?

Drei signifikante Aspekte unterscheiden die Krawalle unserer Zeit – keineswegs nur in Deutschland – von den Protesten der 68er Rebellen oder den Kernkraftgegnern der 80er Jahre. Oft genug gibt es keinerlei politisch begründete Motivation für den Gewaltausbruch.

Gewaltphantasien und Hass auf alles

Neu sind zudem die gezielten Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte oder das Anlegen tückischer Hinterhalte für sie. Erkennbar lustvoll und mit krimineller Energie scheinen dabei Chaoten Gewaltphantasien auszuleben und ihren Hassgefühlen gegenüber Staat und Gesellschaft freien Lauf zu lassen.

Und schließlich sind für viele dieser kollektiven Aggressionen sehr junge Leute, oft noch Kinder, verantwortlich; immer häufiger prägen zudem Jugendliche und junge Männer mit Migrationshintergrund die Krawalle.

Vieles, was heute normal erscheint, spiegelt einen tiefgehenden Wandel in der Gesellschaft wider. Nur zögerlich und widerstrebend thematisieren Politiker und Wissenschaftler die Frage, ob der „Kampf der Kulturen“ nicht schon längst bei uns an vielen Fronten tobt, massiv angeheizt von freiheitsfeindlichen Kräften im Inneren. Ziel ist die Schwächung des freien Westens.

Was könnte die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und anderen Demokratien besser erklären als die unausgesprochene Herausforderung des freien Westens in allen Bereichen? Schließlich hat niemand mehr Interesse an dem Wandel im Westen und dessen Schwächung als das unerklärte Bündnis der islamischen Welt, des „globalen Südens“ und totalitärer Staaten wie China und Russland.

Wobei der Angriff auf die Bastionen der Freiheit in erheblichem Maße unterstützt wird von den Akteuren im Inneren, die für alle Übel in der Welt das Abendland verantwortlich machen und mehr oder minder offen eine große Transformation fordern. Der Wandel im Land wird mitgetragen von Linken und Grünen, die wegen der „drohenden Klimakatastrophe“ staatlichen Dirigismus und Verbotskultur vorantreiben, aber auch systematisch die Gefahren islamischer Werte und Kultur für Freiheit und Demokratie verharmlosen.

Gewaltbereitschaft der Migranten bleibt ein Tabuthema

Noch verhindern in Deutschland die dominierenden linken Kräfte in Politik, Wissenschaft und Kultur eine offene, grundsätzliche Diskussion über die heimliche Zeitenwende im Land. Dabei hat sie längst das Leben fast aller verändert oder stark beeinflusst, in Kindergärten und Schulen, in Krankenhäusern und Gefängnissen, in Betrieben und Universitäten. Weitgehend ein Tabu bleibt auch der Zusammenhang zwischen der wachsenden Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft und der ungesteuerten Migration von Millionen aus der islamischen Welt.

Tatsache ist, dass Deutschland, wie viele andere europäische Länder auch, immer mehr jenen Staaten ähnelt, in denen – zumindest in einigen Metropolen und Landesteilen – den Menschen die Angst vor Gewalt und eine allgegenwärtige Bedrohung schon seit Jahrzehnten vertraut sind: Das sind Länder wie die USA und Südafrika, wie Mexiko, Brasilien oder Israel (auch zu Friedenszeiten). Mal ganz abgesehen von üblen Diktaturen und „shithole“-Staaten des globalen Südens.

Der Verlust der Sorglosigkeit und Naivität

Es ist ein schwacher Trost, dass Orte wie Kapstadt, Washington oder Rio de Janeiro durchaus noch viel Lebensqualität haben. Der Autor dieser Zeilen hat in einigen dieser oft faszinierenden Städte viele Jahre gelebt und weiß deshalb, dass man dort sich natürlich auch seines Lebens freuen, rauschende Feste feiern und unzähligen Vergnügungen nachgehen kann.

Was hier allerdings schon ganz lange verloren gegangen ist, sind Naivität, Unbefangenheit und Sorglosigkeit. Ebenfalls gibt es Stadtteile und Viertel, zuweilen ganz Landstriche, die man besser meidet. Bei Einbruch der Dunkelheit bricht hier die Zeit extremer Vorsicht an.

Vor allem aber gibt es sehr wichtige Verhaltensregeln, viele Vorsichtsmaßnahmen und Pläne für bestimmte Gefahren wie stundenlanger Stromausfall oder Ausgangssperren – all das wird auch in Deutschland immer wichtiger.

Leicht bekleidete Frau ist auch ein Symbol von Freiheit

Erlebnisse, wie ich sie vor etwa 12 Jahren in Frankfurt hatte, werden immer unwahrscheinlicher. Ich befand mich, damals in Kapstadt lebend, im Heimaturlaub in Frankfurt. In einer wunderschönen, warmen Augustnacht schlenderte ich von einem Fest kommend auf dem Weg zu meinem Domizil gegen zwei Uhr durch den Stadtteil Bornheim, kaum ein Mensch war auf den teilweise schmalen Straßen dieses Wohnviertels.

Dort begegnete ich einer sehr hübschen jungen Frau um die 20, die sichtlich gutgelaunt und beschwingt irgendwohin ging. Sie hatte nichts anderes als ein kurzes, luftiges Sommerkleidchen und Sandalen an.

Dieses Bild prägte sich mir ein, denn ich freute mich unbändig, dass in meiner Heimatstadt so etwas möglich war: Eine junge Frau geht tief in der Nacht allein durch die Gegend, sichtlich nichts fürchtend. So ein Verhalten in Kapstadt oder gar Johannesburg war und ist fast unvorstellbar.

Das furchtlose Mädchen schien mir ein wunderbares Symbol für die Sicherheit und die Emanzipation in Frankfurt zu sein, in der Frauen – zumindest in diesen Vierteln nichts fürchten müssen. Ich vermute, auch in Bornheim ist so etwas heute nicht sehr wahrscheinlich. Denn Deutschland hat sich massiv verändert.

Prophetische Worte einer Grünen-Politikerin

„Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich darauf!“ Das waren die prophetischen Worte der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt auf dem Parteitag 2015. Kein Zweifel, die Vorhersage ist eingetroffen, zumindest der Teil mit der „drastischen Veränderung“.

Für Göring-Eckardt war der Zustrom von mehr als einer Million Menschen vor allem aus Syrien und anderen Staaten des Nahen Ostens so etwas wie Weihnachten. „Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt“, jubilierte sie später. Deutschland wird noch viele Jahrzehnte, nein, vermutlich für immer an diesem Geschenk zu knabbern haben.

Denn insbesondere der Zustrom von inzwischen wohl mehr als zwei Millionen aus der islamischen Welt, aus Afghanistan, Pakistan, Libanon, dem Irak und den Palästinensergebieten stellt Deutschland seit 2015 vor Herausforderungen, mit denen es sichtlich kaum fertig wird.

Weihnachten und Silvester 2023 sind nur besonders spektakuläre Belege; denn sowohl die Terrorgefahr als auch die menschenverachtende Lust am Krawall sind sehr wohl mit der massiven Präsenz gewaltbereiter, demokratieverachtender junger Männer aus der islamischen Welt verknüpft.

„Gnade der späten Geburt“

Die goldene Zeit Deutschlands – und der meisten westeuropäischen Staaten – scheint endgültig der Vergangenheit anzugehören. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl sprach von der „Gnade der späten Geburt“.

Seine zutiefst klugen, weisen Worte bezogen sich vor allem auf den Glücksfall jener Deutschen, die dank ihres Geburtsjahres in keiner Weise verstrickt oder gar mitschuldig sein konnten an den Verbrechen des Holocaust und im Zweiten Weltkrieg.

Aber die Menschen der Jahrgänge 1945 bis 1990 in der Bundesrepublik – wie in anderen Ländern Westeuropas – gehören auch aus anderen Gründen überaus glücklichen, sehr privilegierten Generationen an. So viele Jahrzehnte des Friedens, einer Blüte der Wirtschaft und des Wohlstands gab es in der Geschichte Europas sehr selten.

Goldene Zeit Deutschlands ist vorbei

Wenn überhaupt, könnte man die Gründerzeit nach 1871 als eine besonders glückliche, friedliche Ära Deutschlands beschreiben. Aber damals dominierten ungleich mehr Massenarmut und Klassenunterschiede das Leben der Menschen.

Die wahrhaftig goldenen Zeiten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind nun – für die meisten fast unmerklich – schon lange vorbei. Das scheint sowohl für den gesellschaftlichen Frieden als auch die wirtschaftliche Entwicklung zu gelten. Bei der Suche nach einem Datum, wann der Wandel Fahrt aufnahm, könnte man noch am ehesten die islamischen Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA nennen.

Unser Alltag hat sich seither schleichend, zuweilen dramatisch verändert. Die Folgen der Terrorangst sind heute allerorten spür- und sichtbar, in unseren Innenstädten und auf Flughäfen. In vielen deutschen Städten – wie auch in Malmö, Marseille oder Birmingham – gibt es Ortsteile und Vororte, in denen die Existenz von Parallelgesellschaften täglich zu besichtigen ist.

Das Verschwinden der Frauen im öffentlichen Raum

Insbesondere das Leben der Frauen in der Öffentlichkeit ist heute merklich anders als noch vor 20, 30 Jahren. Die Furcht vor Überfällen und sexueller Gewalt ist angesichts schrecklicher Massenvergewaltigungen und brutaler Gewalttaten gegen Mädchen und Frauen in den vergangenen Jahren in Deutschland spürbar gestiegen.

Es scheint, als ob Frauen, fast unmerklich, immer stärker aus dem öffentlichen Raum verschwinden – zumindest meiden Frauen immer stärker Parkanlagen, unbelebte Straßen und öffentliche Verkehrsmittel nach Einbruch der Dunkelheit oder auf bestimmten, besonders berüchtigten Bus- oder S-Bahnstrecken.

Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert, im Großen wie im Kleinen. Der globale Kampf der Kulturen findet seine Entsprechung in den verschiedenen westlichen Ländern im „Kulturkampf“, dem Generalangriff auf die Sprache, die Kunst, die Wissenschaft oder auch den gesunden Menschenverstand und die individuellen Freiheiten.

Eine Ära des gravierenden Wandels

Der Geist der Aufklärung scheint zur Disposition zu stehen. Zu all den Gefahren von außen und innen kommen die globalen Machtkämpfe um die Führung in der Welt, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die zahlreichen Herausforderungen der digitalen Revolution und der künstlichen Intelligenz im Besonderen.

Unsere Zeit wird in die Geschichte eingehen als eine Ära gravierender struktureller, politischer und kultureller Veränderungen. Es wird Verlierer und Gewinner geben. Ganz sicher sind derzeit nicht Vernunft und Freiheitsideale in der Offensive. Wie sich der historische Wandel im Alltag für den Einzelnen anfühlt, erfahren wir oft genug ganz direkt – eben auch an Feiertagen, an denen unsere Städte wie belagerte, von Fremden dominierte Orte wirken.

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