Tichys Einblick
Wahlannullierung in der Kritik

Proteste in Bukarest: Zehntausende gegen Annullierung der Präsidentschaftswahlen

Zehntausende Demonstranten gingen am Wochenende in Bukarest auf die Straße, um gegen die Annullierung der Präsidentschaftswahlen durch das rumänische Verfassungsgericht zu protestieren. Die Entscheidung sorgt bereits seit Dezember für Unmut in der Bevölkerung.

Am Wochenende protestierten in Bukarest Unterstützer Călin Georgescus, des Siegers der ersten Wahlrunde der im Dezember 2024 annullierten rumänischen Präsidentschaftswahlen.

Präsidentschaftswahl annulliert
Staatskrise in Rumänien
Nachdem der zuvor politisch unbedeutende EU-kritische Călin Georgescu überraschenderweise die erste Runde der Wahl gewonnen hatte, wurden Vorwürfe laut, sein Erfolg basiere auf Social-Media-Kampagnen, namentlich auf der Plattform TikTok, und gehe auf russische Einflussnahme zurück. Tatsächlich wurde die entsprechende Kampagne von der Partei des amtierenden Präsidenten, der PNL, finanziert – der gesamte Vorgang der Annullierung, die auf Geheimdienstberichten fußt, stellt sich als undurchsichtig dar.

Während am Freitag rund 3000 Anhänger Georgescus vor dem Verfassungsgerichtshof demonstrierten, der die Wahlen für ungültig erklärt hatte, sollen es am Sonntag bis zu 100.000 Demonstranten gewesen sein, wie die AUR (Allianz für die Einheit der Rumänen) verlauten ließ. Die als rechtspopulistisch eingestufte Partei hatte die Proteste organisiert, an denen Anhänger verschiedener politischer Lager teilnahmen, die gleichfalls das Vorgehen des rumänischen Verfassungsgerichts ablehnen.

Unabhängige Schätzungen gehen hingegen von lediglich 20.000 Teilnehmern aus, die Polizei gab keine offiziellen Zahlen heraus.

Partei des Präsidenten bestellte Kampagne
Johannis-Partei PNL finanzierte TikTok-Wahlkampf in Rumänien
Der Vorsitzende der AUR, George Simion, sagte, man protestiere gegen den Staatsstreich, der am 6. Dezember 2024 stattgefunden habe: Man habe zu spät entdeckt, dass man von Leuten geführt wurde, „die behaupteten, Demokraten zu sein, es aber gar nicht sind“.

Kleinere Kundgebungen finden bereits seit dem Dezember 2024 statt. Simion kündigte an, die Proteste fortführen zu wollen, bis die Forderungen der Demonstranten erfüllt seien – diese wenden sich gegen die als unrechtmäßig betrachtete Annullierung der Wahl.

Georgescus Anwälte haben derweil den Verfassungsgerichtshof dazu aufgefordert, die zweite Wahlrunde unverzüglich wieder aufzunehmen, die „ungerechterweise, unrechtmäßig und verfassungswidrig“ abgesagt worden war.

Während pro-europäische Kräfte die Proteste ablehnen, richtet sich breite Kritik nicht nur gegen die unzureichende Begründung der Annullierung seitens des Verfassungsgerichts, sondern auch gegen Verzögerungen bei der Festsetzung eines neuen Wahltermins: Premierminister Marcel Ciolacu versprach mittlerweile eine Entscheidung diesbezüglich im Laufe der Woche, als mögliche Termine stehen der 4. und 18. Mai 2025 für die beiden Wahlrunden im Raum.

Den EU-Kritikern ein Fest
Breton: „Wir haben es in Rumänien getan und werden es, falls nötig, auch in Deutschland tun müssen“
Unterdessen hatte der ehemalige EU-Kommissar Thierry Breton Unmut ausgelöst, als er in einem Interview in Bezug auf Einmischung seitens der EU verlauten ließ, „man [habe] es in Rumänien gemacht und man wird es, offensichtlich, falls nötig, auch in Deutschland tun“. Die Äußerung wurde so interpretiert, als sei die Annullierung der Wahl in Rumänien auf Interventionen seitens der EU zurückzuführen, die ihren Einfluss auch geltend machen würde, sollten in Deutschland unliebsame politische Kräfte die Wahl gewinnen.

Solche Äußerungen erhärten den Verdacht EU-kritischer Kräfte, die die Legitimität der Annullierung anzweifeln, und die Souveränität der europäischen Staaten durch die EU bedroht sehen.

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