Es gibt Lerneffekte beim ZDF. Zwar nur minimale Lerneffekte. Aber wo nicht viel ist, soll man das Wenige loben. Als ZDF-Aktivist Jan Böhmermann Frauenrechtlerinnen als „Schei…aufen“ bezeichnet und in die rechte Ecke gedrängt hat, wollte TE von ZDF-Intendant Norbert Himmler wissen, was er davon hält. „Zu ihren Fragen äußern wir uns nicht“, antwortete auf erneute Nachfrage seinerzeit Himmlers Pressereferentin Jessica Zobel.
Das war recht stümperhaftes Verhalten und es überraschte, dass es von einer PR-Mitarbeiterin eines Kommunikationsgiganten wie dem ZDF kam. Denn wer als Pressesprecher oder Pressereferntin mit „Wir antworten nicht“ antwortet, lässt Vorwürfe im Raum stehen und hinterlässt den Eindruck, an diesen sei was dran. In diesem Fall ging es um die These, Intendant Norbert Himmler habe kein Problem damit, wenn sein Grimmeclown Frauenrechtlerinnen beleidigt – und redaktionelle Behauptungen gegen sie aufstellt und diese unter dem Mäntelchen der Satire verkleidet.
Dieser Verdacht festigte sich, als Böhmermann im ZDF die Behauptung verbreitete, der wichtigste deutsche Verteidiger gegen Cyber-Angriffe, Arne Schönbohm, pflege Kontakte nach Russland. Wieder tat Intendant Norbert Himmler nichts, um sich von seinem Politaktivisten Böhmermann zu distanzieren. Fairerweise muss man sagen: In Deutschland kommt auch kaum ein Medium auf die Idee, kritische Nachfragen zu Böhmermann zu stellen. TE hat es jetzt halt wieder getan.
Zumal Böhmermanns Tiraden Folgen hatten. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) entließ Schönbohm. Der geschasste Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik hat nun die Beweislastumkehr geschafft. Ein Vor-Disziplinarverfahren hat ergeben, dass an Böhmermanns Vorwürfen nichts dran ist. Nun kann Himmler, Böhmermann und dem ZDF niemand eine Innenministerin vorwerfen, die ihre Entscheidung auf Basis dessen fällt, was sie zwischen Freitagskrimi und „Aspekte“ im Fernsehen aufgeschnappt hat.
Aber für die redaktionelle Qualität ist das ZDF schon verantwortlich. Wiederholte Falschbehauptungen mag Himmler zwar für Satire halten – aber sie sind halt definitiv nicht lustig. Deswegen wollte TE nun vom ZDF wissen: „Welche Qualitätsansprüche erhebt Ihr Sender an das Format ,ZDF Magazin Royale‘?“ und: „Inwiefern findet ein Faktencheck statt?“
Womit wir bei Jessica Zobels Lerneffekt sind und ihrem Erreichen des zweiten Levels der Pressereferenten-Karriere. Dieses Mal antwortet sie: „Das ‚ZDF Magazin Royale‘ ist eine gesellschaftskritische Satiresendung, die relevante Inhalte auf unterhaltsame Art und Weise präsentiert, stets auf der Grundlage ausführlicher und fundierter Recherchen. Die Verantwortung für die Sendung liegt in der zuständigen ZDF-Redaktion. Das heißt, die Sendungen werden gemeinsam erarbeitet und unterliegen einer redaktionellen Abnahme.“ Das ZDF äußert sich zu seinen redaktionellen Verfehlungen. Eine Figurenentwicklung auf der Handlungsebene.
Zobel versucht sich hier in einem PR-Trick: antworten, ohne etwas auszusagen. Damit entgeht ein PR-Experte der Falle, etwas durch Schweigen quasi zu bestätigen oder zumindest diesen Verdacht zu bestärken. Gleichzeitig erschwert er damit die Berichterstattung über die Vorwürfe gegen das eigene Haus. Gut gemacht, ein guter Kniff. Grundsätzlich. Aber immer sachte mit dem Einstieg in Level drei. Denn Zobel sagt ziemlich viel beim Versuch, nichts sagen zu wollen: Durch die Antwort bestätigt das ZDF, dass es eine redaktionelle Abnahme gegeben hat.
Das heißt aber auch: Böhmermann kann dem ZDF nachweisliche Falsch-Behauptungen vorlegen und erhält die abgenickt, obwohl diese politisch brisant sind und das Zeug dazu haben, den Ruf und die Karriere des Betroffenen zu vernichten. Böhmermanns einseitige, offensichtlich falsche Aussagen sind also im Sinne des öffentlich-rechtlichen Senders – und damit auch im Sinne seines Chefs, Norbert Himmler. Danke für die Antwort.
Zumal noch interessant ist, welche Fragen Jessica Zobel unbeantwortet lässt. Nämlich: „Welche Maßnahmen der Gegendarstellung zu den von Ihnen verbreiteten Falschaussagen haben Sie ergriffen?“ Und: „Welche Konsequenzen hat diese grobe journalistische Fehlleistung für die verantwortlichen Redakteure?“ Dabei bleibt die Frage wichtig, denn Stand jetzt gilt: Jan Böhmermann hat das Lebenswerk eines Menschen fahrlässig vernichtet und hat dafür mit keinerlei Folgen durch seinen Auftraggeber, das ZDF, zu rechnen. Denn dessen Chef, Norbert Himmler, verfolgt eine Karrierestrategie des Wegduckens, wenn es unbequem wird.