In einer Art Sommerinterview der Augsburger Allgemeinen mit Bundetagspräsident Wolfgang Schäuble sagt dieser:
„… das Besondere an der CSU ist neben ihrer politischen Schlagkraft ja auch ihre besondere bayerische Identität. Würde sie sich bundesweit ausdehnen, das sagen im Übrigen auch viele in der CSU, würde sie diese Identität ein Stück weit verlieren.”
Da hat der Badener sicher recht. Die CSU würde als bundesweite Partei ihren Charakter verlieren. Mich erinnert es spontan daran, dass die CSU schon mal einen Test, wenn auch in Gestalt eines CSU-Stellvertreters und regional begrenzt, durchführte, mit der DSU: Deutsche Soziale Union. Über sie steht in der CSU-Parteigeschichte (mehr bei der Adenauer-Stftung):
„In Leipzig schließen sich mit Unterstützung der CSU rund ein Dutzend liberal-konservativer und christlicher Parteien und Gruppierungen zur DSU zusammen. Zum ersten Vorsitzenden wird Hans-Wilhelm Ebeling, Pfarrer der Leipziger Thomaskirche, gewählt. Die neugegründete Partei beantragt am 17.6.1990 in der Volkskammer den sofortigen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Als sie sich im April 1993 auf das gesamte Bundesgebiet ausdehnt, kündigt die CSU die Zusammenarbeit auf.”
Die DSU gibt es immer noch, auf ihrer Website steht:
„Aufgrund des Einigungsvertrages konnte die DSU am 3. Oktober 1990 acht Volksvertreter in den Deutschen Bundestag entsenden … Die acht DSU-Volksvertreter blieben bis zum Ende der 11. Wahlperiode Mitglieder des Bundestags. … Um den Einzug der noch jungen DSU in den Deutschen Bundestag zu sichern, gab es seitens der CSU unter ihrem damaligen Vorsitzenden Theo Weigel Bestrebungen, der DSU drei sichere Wahlkreise der CDU zu überlassen. Der damalige Bundeskanzler Kohl hat dieses Vorhaben unterbunden. Auch verbot Kohl der CSU die DSU weiterhin zu unterstützen, wodurch die geplante Ausdehnung auf das gesamte Bundesgebiet unterblieben ist.”
Die Suche nach neuen Gruppierungen hatte in der Zeit damals durchaus begonnen, wurde aber durch die Einvernahme der DDR durch die BRD abgewürgt. Wiedervereinigung ist keine zutreffenden Bezeichnung des DDR-Beitritts zur BRD. Den damals üblichen Ersatz-Begriff für DDR haben die meisten schon vergessen: „Beitrittsgebiet”.
In meinem Buch über die FDP (2004) steht, dass mich deren damaliger Bundesvorsitzender Klaus Kinkel – zusammen mit Schäuble „Verhandlungsführer“ der BRD – überhaupt nicht verstand, als ich sagte: Das ist die Stunde der Liberalen, alles, was sich in Westdeutschland angesammelt hat, auf den Prüfstand, den Interventionsstaat radikal abspecken und zusammen mit den Reformkräften der DDR neu anfangen, eingebettet in eine breite Debatte des ganzen Volkes, Ost und West, mit dem Abschluss einer Volksabstimmung über eine neue schlanke Verfassung der wenigen Grundregeln einer wirklich freien Gesellschaft.
In der Sommerzeit, bevor es ganz heiß wird, beim Wetter und in der Politik, wird sich so einer wie ich ja nochmal erinnern dürfen. Schadet vielleicht gar nicht.