Tichys Einblick
Linke Verharmlosung

Wie Bootsführerin Rackete die Welt erklärt

Nach SPIEGEL und La Repubblica gewährte Carola Rackete auch dem Springer Verlag mit BILD eine Privataudienz zum Interview.

OMER MESSINGER/AFP/Getty Images

Der in Weltkrisen erprobte Reporter Paul Ronzheimer, BILD, hatte sich auf den Weg zu Rackete in die Alpen gemacht – einzige Bedingung der deutschen Aktivistin, man müsse klimafreundlich anreisen.

Chuzpe und Selbstbeschreibung zugleich, wer dem Reporter die Anreiseart diktiert, demonstriert die ganz eigene Agenda – die Welt wird schließlich nicht einfach so verbessert, nein, die noch nicht Erleuchteten, Normalos also, müssen bei jeder Gelegenheit „erzogen“ werden.

Das schreit aus jeder Zeile des Interviews. Und das von einer 31-jährigen Aktivistin, die privilegiert studieren durfte (das ist kein Vorwurf, aber sie betonte es ja selbst mehrmals), die das Deutsch und Weiß sein, wenn nicht als Schande, dann doch als historische Verantwortung heranzieht, um die gesamte unterdrückte Welt zu retten.

Wäre es tatsächlich so, hätten wir großen Respekt vor Rettern á la Carola Rackete, aber sie retten eben nicht dort, wo unterdrückt wird, in Somalia oder dem Sudan, im Jemen, wo die armen Seelen und Kleinkinder vor Hunger sterben, oder im arabischen Raum, wo Despoten regieren und Christen täglich verfolgen und massakrieren – nein, auf dem Wasser, nah der libyschen Küste, um gut genährte, kräftige junge Männer zu „retten”, die sich privilegiert in ein Boot setzen lassen, weil sie dafür einige tausend Euro bezahlt haben: für die Reise ins Wunschziel Europa – Italien – Deutschland.

Der Leser gewinnt nicht den Eindruck, dass dem Interviewer da eine welterfahrene Frau gegenüber sitzt, die je schon einmal etwas Produktives für Deutschland erwirtschaftet hat. Vielmehr hat man freie Sicht auf eine ideologisch verbohrte Erlebnispädagogin, die sich stets mit denen gemein macht, die sie und ihre Mitstreiter als so genannte „Opfer“ sehen – und mit denen dahinter: den Schleppern.

Das Interview ist für alle, die beruflich oder auch nur ehrenamtlich tatsächlich Geflüchteten helfen und die bereits hunderte von Gesprächen geführt und Protokolle gelesen haben so wie ich, sehr schwer bis unerträglich.

Unerträglich deshalb, weil jeder normale Bürger, selbst wenn er als konservativ gilt (oder gerade deshalb), mehr Menschenkenntnis, Verstand und Alltagsrealismus besitzt als die Aktivistin Rackete, die den Menschen die Welt erklären möchte.

Jeder Leser soll sich das Interview bitte selbst zu Gemüte führen.

In einem halb selbstbewussten, halb larmoyant rechthaberischen Ton blockte Rackete wie bereits beim SPIEGEL ab: Aktivisten und Schuld? Niemals.

Zudem wäre es nun auch vor der anstehenden Verhandlung strategisch unklug, eine Schuld zuzugeben. (Für den Unfall mit den Zollfahndern hatte sie sich ja gleich entschuldigt, das reicht doch – oder?). Nein, sie möchte den Innenminister eines souveränen Landes und Rechtsstaates anklagen – wegen Verleumdung. Der BILD diktiert sie auch gleich ihre Wunschforderung: „Ich finde, man darf sich nicht alles gefallen lassen. Er hat Unwahrheiten verbreitet und ich will, dass er diese Unwahrheiten bei Twitter und Facebook löschen muss. Und dass ein Richter ihm sagt: ‚So etwas dürfen Sie nie wieder behaupten!“

Hier decouvriert sich Carola Rackete komplett selbst und gleich alle Aktivisten aus dem identitätslinken Spektrum mit: Meinungsfreiheit bedeutet ihnen nämlich rein gar nichts, es sei denn, eine Meinung entspricht zu 100% ihrer eigenen. Erlauben möchten diese Ideologen nur, was ihnen und ihrer Agenda genehm ist und sie gehen mit System vor, was die „Rechtspopulisten” geradezu alt aussehen lässt. Rackete und Co. haben die deutsche GroKo und andere etablierte Parteien hinter sich – und eine große Anzahl von Journalisten in den Leitmedien.

Rackete mit verfilzter Rastamähne als bewusst gewähltem Erkennungszeichen vieler ideologischer Weltverbesserer, demonstrativ gegen „Apartheid” und Diskriminierung diskriminiert selbst, wirkte ganz in ihrem Element, chillig, etwas kindisch und mit einem überborderndem Selbstbewusstsein, gespeist aus dem Wissen, dass eine europäische anarchische Linke sie in ihrer Meinung unterstützt.

Sie behauptet beim nächtlichen Manöver nie Menschen in Gefahr gebracht zu haben. Die anderen näheren Häfen hätte sie schon aus moralischen Gründen nicht anfahren dürfen, in Tunesien gäbe es nämlich keine Asylverfahren (?). Tunesien hätte die Flüchtlinge aufgenommen, Tunesien bietet natürlich Asyl, schwer vorzustellen, dass Rackete Asylverfahren beurteilen kann. Warum hatten wohl Spanien und Frankreich oder auch Malta abgelehnt? Weil sie weder illegale Migration, noch das Schlepperbusiness unterstützen möchten.

Dass die Zahl der Toten durch Ertrinken auf dem Mittelmeer durch Salvinis Politik zurück gegangen sei? Rackete leugnet diese Tatsache. Sie behauptet, es sterben mehr, wenn es weniger „Rettungsboote” im Mittelmeer gibt.

Nein, überall hätte Carola Rackete schon viel früher das gleiche Manöver wie in Lampedusa fahren können. Es musste aber Italien sein, denn die Passagiere hatten in Libyen für Italien bezahlt. Vielleicht wird noch herauskommen, was an Bord der Sea-Watch 3 wirklich geschah.

Dann der typische grün-rote Faden, der sich durchs Interview zieht, ist Klimaretter, Fridays-For-Future-Kids sowie Regenbogen-Freunde und „Flüchtlingshelfer” vereinigt Euch! Ja, das Limit an Aufzunehmenden sei noch nicht erreicht, es werde noch mehr „Klimaflüchtlinge” geben. Wir müssen mehr aufnehmen (auf WeLT online nennt sie erst mal eine halbe Million aus Libyen).

Und „wir” haben „die Verpflichtung”, diese aufzunehmen. Ohne Limit, sie müsse es wiederholen. Länder wie Jordanien und der Libanon würden verglichen mit uns viel mehr aufnehmen. Dass das unmittelbare Nachbarländer sind, blendet sie ebenso aus wie die Tatsache, dass nur kommt, wer die teuren Tickets zahlen kann. Es ist ein übles Geschäft. Hört man Rackete, würde sie gern die halbe Welt nach Deutschland bringen – oder die, die es sich finanziell leisten können?

Vor allem ist erschreckend, wie naiv und unreflektiert sie und ihre Crew allen Migranten an Bord deren Geschichten anscheinend abkaufen und in den Interviews Horrorszenarien (KZ-ähnliche Lagerzustände in Libyen; was für eine Beschreibung) verbreiten. BAMF-Protokolle und traumatisierte Flüchtlingszeugen bringen oft ganz andere Geschichten zutage.

Es scheint so, als wäre die 31-jährige Deutsche wirklich multitask veranlagt: Das Schiff steuern, eine Crew und Journalisten(?) an Bord koordinieren, gleichzeitig die Psychologin an Bord, die ständig gegen den Koller ankämpft, tiefgründige und rechtlich orientierte Gespräche und Interviews mit den angespannten(?) Männern führt? Oder sie instruierte, was sie – erst einmal an Land – einhellig erzählen sollen – natürlich jeder auf seine Weise.

Zeit auf dem Schiff hatten sie genügend, die Hilfsbedürftigen hatten die Italiener längst aufgenommen. Die männlichen Passagiere selbst wollten keinen anderen Hafen. Rackete hat dahingehend aber Recht, das Gericht muss letztendlich entscheiden. Doch sie fühlt sich absolut im Recht.

Sei’s drum, eigentlich müsste das Bundesamt für politische Bildung einen Flyer für die Allgemeinheit herausgeben, mit dem Arbeitstitel, „Wie diskutiert man mit linken Ideologen“, es ist nämlich kaum noch zu vermitteln, was dieser politisch linke und orchestrierte Gesamtplan für Europa generell und für uns in Deutschland speziell bedeutet. Noch sind wir zwar nicht ganz so weit, aber: Würde man tatsächlich in den kommenden Jahren den Parolen der Greta Thunberg und Carola Rackete nachkommen – eigentlich die pure Grünen-Agenda – wäre Deutschland sofort ein ökonomischer Pflegefall. Von Hundert auf Null – in den Abgrund.

Und auf Null muss auch der Ausstoß von CO2 gesenkt werden. Hier schließt sich dann der Stromkreis der ideologischen Hysterie. Das Klima und die Flüchtlinge hängen zusammen? Weil nach linker „Klimagerechtigkeit” das Wetter überall so sein muss, wie es im grünen Weltbild bis noch vor Kurzem in Europa war?

Diese Meinung hat Rackete aber exklusiv, nicht ein einziger Migrant artikulierte dies in seinen Anhörungen. Und die, die wirklich hilfsbedürftig sind, schaffen es kaum auf eine Sea-Watch oder Alan-Kurdi-Dschunke. Und in Deutschland angekommen, was dann? Ach ja, die Weltanschauung der Ideologen kann so schön simpel sein – wenn man Wahrheiten und Vorkommnisse im eigenen Land komplett ausblendet. Das macht sie aber auch so unberechenbar.

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