Tichys Einblick
Auch außenpolitisch ist Zeitenwende

Westliche Allianz am Ende

Der Zusammenstoß zwischen Trump und Brüssel wird nach Meinung des australischen Experten Tom Switzer "the breaking point in the political West", die Bruchstelle, der Knackpunkt im polititischen Westen.

China's President Xi Jinping, Vietnam's President Tran Dai Quang, Indonesia's President Joko Widodo, Japan's Prime Minister Shinzo Abe, (back L to R) Philippine President Rodrigo Duterte, Russia's President Vladimir Putin, US President Donald Trump, and Thailand's Prime Minister Prayut Chan-O-Cha pose during the 'family photo' during the Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) leaders' summit in the central Vietnamese city of Danang on November 11, 2017. World leaders and senior business figures are gathering in the Vietnamese city of Danang this week for the annual 21-member APEC summit.

JORGE SILVA/AFP/Getty Images

„The Western alliance is dead“, lautet die unmissverständliche Botschaft von Tom Switzer im Spectator. Die Frage zur bevorstehenden Reise von Donald Trump durch Europa sei nicht, ob die NATO-Verbündeten mehr Geld beitragen oder Putin die strategische Bedrohung für den Kontinent ist. Vielmehr gehe es darum, warum die U.S. so wie in den letzten 70 Jahren weiterhin die militärische Kapazität und Führung einer atlantischen Allianz bereitstellen sollten.

Das Konzept eines politisch vereinten Westens sei seit dem Fall der Mauer und dem Untergang der Sowjetunion nicht mehr überzeugend und löse sich nun in sich auf. Die politische Kultur des Westens von repräsentativer Demokratie, Herrschaft des Rechts, Marktwirtschaft und so weiter bliebe gültig. Aber eine gemeinsame Zivilisation wäre eine Sache und politische Einigkeit eine andere; beide sollte man nicht miteinander verwechseln.

Die West-Allianz war der künstliche, nicht der natürliche Zustand

Der Grund für die Auseinanderentwicklung sei eine von Trump unabhängige, sagt Switzer und bezieht sich auf einen Artikel von Owen Harries in Foreign Affairs im Herbst 1993, “The Collapse of the West”. Harries hatte ausgesprochen, was unter dem Einfluss des Kalten Krieges nicht nur verdrängt, sondern in das Narrativ von der quasi natürlichen und ewigen Existenz des politischen Westens gegossen worden sei. In Wahrheit wären die Differenzen innerhalb des Westens das natürliche gewesen, Harries sagt es für die Schüler der Westlehre in der Bonner Republik erschreckender Weise so:

«… the political West was not a “natural construct but a highly artificial one.” In fact, notwithstanding the Cold War, the West had almost always been deeply divided politically. Its history had been studied with internecine conflicts and vicious intramural wars, culminating in both world wars – which, in civilisational terms, were essentially western civil wars.»

Beide Weltkriege – zivilisatorisch betrachtet – westliche Bürgerkriege? Da muss der Absolvent des politischen Unterrichts und auch des Studiums der Geschichte in Westeuropa seit 1945 tief durchatmen. Aber das lohnt eigene Geschichten. Hier geht es um die Betrachtung von Tom Switzer zu den vor uns liegenden aktuellen Fragen und Entwicklungen.

Trump bringt nur zutage, was längst ist

Der Zusammenstoß zwischen Trump und Brüssel wird nach Meinung von Switzer „the breaking point in the political West“, die Bruchstelle, der Knackpunkt im polititischen Westen. Nicht wegen Trumps rüpelhaftem Benehmen, sagt Switzer, nicht wegen Zöllen, Iran, Verteidigungsausgaben und Klimawandel. Sondern wegen der alten unterschiedlichen Gegensätze und Interessen: „The political West will collapse because of broad historical forces, which Harries identified in his landmark essay.“ Als da wären:

Ich bin versucht hinzuzufügen: Die EU hat die NATO zur Ausdehnung der Union eingesetzt und ausgenutzt, was dank einer geistig verknöcherten Mannschaft im Pentagon und seinen Affiliados leicht möglich war. Die EU hat sich nicht nur einfach darauf verlassen, dass der militärische Schutzschirm der U.S. einfach weiter zur Verfügung steht, sondern auch von ihnen bezahlt wird – und EU-Länder wie Deutschland ihre eigene Armee einfach dahinrotten lassen können.

Trumps Abneigung gegen NATO und EU wird in den U.S. breitgeteilt

Was Tom Switzer schreibt, bestätigt mein ältester Freund in den U.S., ein guter Beobachter der politischen Dinge auf beiden Seiten von Atlantik und Pazifik. Er schrieb die Tage:

„Germany should definitely NOT ignore Trump’s hostility to NATO, it is real and it is widely shared this side on the Atlantic. The feeling is that the Europeans are free-loaders and the Germans in particular are welfare-queens.

It needs to be remembered that America is also a Pacific power and the east Asians are much different than the EU dwarfs who merely make moral pontifications.“

Trumps Abneigung gegen die NATO wird in den U.S. breit geteilt. Der Eindruck ist allgemein, die Europäer sind Schmarotzer und die Deutschen im Speziellen wohlfahrtsverwöhnt. Amerika ist auch eine pazifische Macht und die Ostasiaten unterscheiden sich sehr von den EU-Zwergen, die nur moralische Hochämter zelebrieren.

Langes Sommertheater begonnen
Das wird nichts mehr mit der GroKo, nicht in der EU und sonstwo
Donald Trump wird zuletzt lachen, sagt Switzer, nicht nur, weil er die besseren Zustimmungsraten hat als Merkel, Macron, Trudeau und May, sondern weil er und nicht nur seine Anhänger der EU und der NATO bei der Lösung der internationalen Probleme nichts zutrauen und wie er selbst diese wimps (Warmduscher) verachten und sicher sind, dass sie sich nicht trauen, Trump wirklich herauszufordern.

Alles zusammen genommen sieht Tom Switzer nicht, wie die NATO eine Einrichtung von Bedeutung sein kann. Wird Trump wiedergewählt, wofür für Switzer viel spricht, solange sein Protektionismus die Wirtschaft nicht beeinträchtigt, dann, schließt der Australier: „Two Trump terms is more than enough time to consign the world’s greatest alliance to the ash heap of history.“ Zwei Amtszeiten Trump reichen, um die größte Allianz der Welt in einen Aschenhaufen der Geschichte zu verwandeln.

Nachwort: Am Thema bleiben wir dran. Schon deshalb, weil auf dieser Seite des Atlantiks immer noch der naive Glaube der Mandarine ist (und bei den letzten im Pentagon auch), nach einer Weile werde schon wieder alles so werden, wie es war.

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