49 Prozent sind laut Insa unzufrieden mit Olaf Scholz (SPD), zufrieden sind nur 38 Prozent. Das ist der schlechteste Wert in seiner noch kurzen Amtszeit. Erstaunlich: Denn eigentlich profitieren grundsätzlich Regierungen von Krisen wie dem Ukraine-Krieg. Diese Regierung hat zudem versucht, sich durch ein „Entlastungspaket“ Wohlwollen zu erkaufen. Doch dieser Versuch ist offensichtlich fehlgeschlagen – mit der gesamten Bundesregierung sind sogar 55 Prozent der Befragten unzufrieden, wie die Bild am Sonntag gemeldet hat. Nur 35 Prozent sind demnach zufrieden.
Allerdings hat die Opposition von dieser Unzufriedenheit nichts: In der „Sonntagsfrage“ gibt es nahezu keine Veränderungen: Die oppositionelle AfD verliert sogar einen Prozentpunkt, die Grünen legen als Regierungspartei um einen Prozentpunkt zu. Mit 25 Prozent für die SPD, 17 Prozent für die Grünen und 10 Prozent für die FDP kommt die Ampel weiterhin auf eine stabile Mehrheit. Zumal die Linke weiter wackelt: Sie steht nur bei 5 Prozent. Wäre jetzt Bundestagswahl, müsste die Linke zittern, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde nimmt – oder in der Stadt Berlin wieder unter irregulären Wahlbedingungen zwei Direktmandate holt.
Die AfD liegt bei 10 Prozent, die Union bei 26 Prozent. So viel – oder so wenig – hatte sie schon bei der jüngsten Insa-Umfrage. Woran liegt es, dass die größte Oppositionspartei von der offenkundigen Schwäche der Bundesregierung – Spiegel-Rücktritt, Energiekrise, Rekord-Inflation – nicht profitieren kann? Zum einen fehlt ihr ein Gegenentwurf. DIe Partei, die nicht einmal einen eigenen Kandidaten zur Bundespräsidenten-Wahl aufstellen konnte, kann den Wählern offensichtlich nicht glaubhaft versichern, dass es unter ihrer Regierung besser laufen würde. Dazu passt, dass Oppositionsführer Friedrich Merz bereits öffentlich gesagt hat, die Deutschen müssten sich damit abfinden, künftig nicht mehr über so viel Wohlstand zu verfügen wie bisher.
Das ist als Prognose zwar nicht abwegig. Aber es ist halt auch keine Perspektive: Merz gibt keine Antworten auf Fragen wie: Wie wollen wir den Wohlstands-Verlust mindern? Wie wollen wir die auffangen, für die kommende Krisen existenziell werden? Oder wie können wir den Staat verschlanken, um ihn wieder fitter zu machen. Merz bietet den Menschen derzeit nur die gleiche trostlose Mangelverwaltung an wie Scholz.
Zum anderen fehlt der Union eine Machtoption. Durch die Konstruktion der Ampel ist die Union die einzige regierungsfähige Opposition. Die beiden anderen im Parlament vertretenen Parteien AfD und Linke sind mehr mit sich selbst beschäftigt, als mit konzeptioneller Oppositionsarbeit. Zudem driften sie nach Machtkämpfen immer mehr ab, sodass die Außenseiten des Hufeisens weiter nach außen zeigen. CDU und CSU müssten selbst so stark sein, dass sie es alleine mit der Ampel aufnehmen könnten – davon sind sie aber weit entfernt.
Diese Situation der Union ist ein weiteres Erbe aus der Zeit von Angela Merkel. Die ehemalige Kanzlerin hat 2013 den Koalitionspartner FDP ins offene Messer laufen lassen und keinen Hehl aus ihrer Freude über den Rauswurf der Partei aus dem Bundestag gemacht. Die Wut darüber sitzt bei führenden Liberalen noch tief. Der ehemalige Generalsekretär und aktuelle Bundesverkehrsminister Volker Wissing ist zum Beispiel ein überzeugter Gegner einer weiteren Zusammenarbeit mit CDU und CSU. Doch ohne Verbündete im bürgerlichen Lager wird der Union weiterhin eine Machtoption fehlen. Unter Merkel sind CDU und CSU dem grünen Zeitgeist hinterhergelaufen – das hat sie auf die Oppositionsbank geführt. Jetzt müssen die beiden Schwesternparteien für die Konservativen wieder attraktiver werden. Oder es drohen ihnen weitere Ampeln in den Bundesländern und der Verlust weiterer Regierungsbeteiligungen.