Tichys Einblick
Ideologiewunder statt Wirtschaftswunder

Werden die Universitäten zu Tummelplätzen totalitärer Ideologien?

Die schöne neue Welt wird ideologisch dekonstruktivistisch und divers, gesellschaftlich eine Welt der positiven Diskriminierung und der Spaltung, wissenschaftlich und wirtschaftlich eine Welt des Bankrotts sein. Die Zeit des Wirtschaftswunders ist vorbei, die Zeit des Ideologiewunders ist angebrochen.

© Getty Images

Mit dem Sturz des Strukturalismus in die Ideologie des Poststrukturalismus, mit dem Siegeszug von Ideologien, die vom Marxismus inspiriert worden sind wie Konstruktivismus und Dekonstruktivismus, mit dem Denken von Foucault, Derrida und Butler, an den Universitäten und in den Publikumsverlagen setzt die Selbstzerstörung der Kultur und der Wissenschaft und damit die Erosion der Lebensgrundlage der westlichen Gesellschaft ein. Die Aufklärung wird als ein im Grunde rassistisches Unternehmen der „Weißen“ vor die Schranken selbsternannter Richter gezerrt, deren Diversitäts-Jargon dort für Wissenschaft bürgen soll, wo keine ist. Der Prozess hat die Universitäten im Griff und wird, wenn es so weiter geht, zu einem Gebilde führen, mit dem verglichen das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED eine hochwissenschaftliche, pluralistische und kritische Einrichtung war.

Das Erschreckende an den Vorgängen ist, dass sie von einer Minderheit von Studenten, die eigentlich nur „Asta“ studieren und sich allein für Ideologie interessieren, vorangetrieben wird, von Studenten, bei denen der Mangel des Geschichts- und des Deutschunterrichts, so wie die verheerenden Folgen der Kompetenzpädagogik und des Wirkens der Didaktiker des Deutsch- und des Geschichtsunterrichts deutlich wird. Worum es abseits des Wortgeklingels geht, hat die taz in einem Beitrag unbeabsichtigt ausgeplaudert:

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Die Studentin Naledi Mmoledi „nennt Ansätze, um Universitäten als weiße Räume zu dekonstruieren und zu öffnen: die Beschäftigung von Schwarzen Dozierenden, ein Überdenken von Lehrplänen unter Berücksichtigung dekolonialer Theorien, Gelder, um Schwarze Berater*innen einzustellen.“ Es geht also um Geld und um Posten und um positive Diskriminierung. Für die zur „Diversität“ an der FU Berlin forschende und lehrende Chan de Avila, die zudem die „Entwicklung des Diversity-Konzeptes der FU Berlin“ begleitet, steht die Frage im Mittelpunkt: „Wer lehrt an Universitäten?“ Dass es hierbei nicht um Wissenschaft geht, sondern um das Ersetzen von Wissenschaft durch Ideologie, hat Chan de Avila eingestanden: „Es gibt vor allem in Deutschland noch immer diese Idee, Wissenschaft sei objektiv und neutral.“

Wenn Wissenschaft den Anspruch aufgibt, objektiv und überprüfbar zu sein, dann verkommt sie zur Ideologie, dann werden wir keinerlei Fortschritte mehr in Biologie, Chemie, in der Pharmazie, in der Medizin und Physik erzielen – und übrigens auch nicht in der Erkenntnis der Welt, sondern nur noch von ihnen träumen, dann gilt nur noch das Subjektive, das Empfundene und nicht mehr das Erkannte, das sich in den Prüfungen der Falsifikation zu beweisen hat. Im institutionellen Gewande der Wissenschaft würde dann nur noch ein totalitärer Moralismus einherstolzieren.

Man fragt sich, weshalb der Steuerzahler überhaupt „Wissenschaftler“ wie Chan de Avila finanzieren muss, die das Ziel von Wissenschaft darin sehen, Qualität durch Quote, Chancengleichheit durch Diskriminierung zu ersetzen. Chan de Avila moniert: „Wonach gar nicht erst gefragt wird, ist alles, was mit Ethnizität oder Hautfarbe zusammenhängt.“ Ist es nicht hingegen ein Zeichen für eine vielfältige und offene Gesellschaft, wenn sie nicht nach „Ethnizität“ oder „Hautfarbe“ fragt? Haftet der Frage nach „Ethnizität“ oder „Hautfarbe“ nicht der Geruch des Rassismus an? Haben denn nicht alle deutschen Bürger das gleiche Recht auf Bildung? Gilt denn nicht für alle deutschen Staatsbürger das gleiche Recht? Oder soll Wissenschaft zu einer reinen Machtfrage erniedrigt werden? Zumindest ist sie es für Chan de Avila. Geht es aber dann wirklich noch um Wissenschaft? Oder geht es vielmehr um die große Transformation, die in einer gesellschaftlichen Katastrophe enden wird?

Für die Universität Münster kommt laut Ausschreibung für die „W3-Professur Humangeographie mit Schwerpunkt Wirtschaftsgeographie und Globalisierungsforschung“ nur ein Bewerber in Frage, „der vorzugsweise neomarxistische Ansätze, postkoloniale Ansätze, feministische Ansätze, New Materialism oder Assemblage-Ansätze“ vertritt. Vielleicht benennt sich die traditionsreiche Westfälische Wilhelms-Universität in Karl-Marx-Universität um – der Name ist durch die Friedliche Revolution in Ostdeutschland glücklicherweise frei geworden.

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Man täusche sich nicht. Wenn die Geisteswissenshaften zu Ideologien, zu, wie es neuerdings heißt, Geschwätzwissenschaften verkommen, dann werden die Naturwissenschaften im Niedergang folgen, denn die Geisteswissenschaften stellen eine Schule des Denkens dar. Mehr noch, als Deutschlands Mediziner und Naturwissenschaftler Nobelpreise errangen, besaßen auch die Geisteswissenschaften einen beeindruckenden Standard. Aber auch das interessiert nicht mehr: so will die Humboldt-Universität zu Berlin die Galerie ihrer Nobelpreisträger, auf die sie einmal stolz war, aus ihrem Hauptgebäude entfernen, weil sie weiß und männlich waren, und sucht dafür nach „Humboldtianer*innen mit Zivilcourage.

An den Universitäten in den USA lässt sich beobachten, was an den deutschen Universitäten Einzug hält. In Yale werden in Kunstgeschichte nur noch Kurse angeboten, die Fragen des Geschlechts im Sinne des Genderismus, der sozialen Zugehörigkeit und der „Rasse“ („question of gender, class an „race““) in den Mittelpunkt stellen oder sich mit dem Klimawandel beschäftigen. An der Universität in Claremont wurde die Disziplin Philosophie abgeschafft und die am Department beschäftigten Wissenschaftler entlassen. Die Leiterin des Department of Religion der gleichen Universität empfahl den Studenten, keine Zeit mit der Philosophie und Theologie der toten weißen Männer Europas zu verschwenden.

Dementsprechend wurde in der Ausschreibung für den Lehrstuhl der Religionsphilosophie festgelegt, dass sich nur eine „person of Color“ bewerben darf, weder ein weißer Mann, noch ein Asiat. Aus den über 160 Bewerbern wurde dann ein Kandidat ausgewählt, der sich mit Africans Studies und eben nicht mit Religionsphilosophie beschäftigt hatte. Im Artikel der taz wird die Einrichtung eines Universitätsfaches: „Black Lives Matter Studies“ gefordert. Vielleicht übernehmen die Humboldt-Universität oder die FU-Berlin diesen Voraschlag und schließen dafür den Studiengang Philosophiegeschichte, der in der Hauptsache ohnehin nur eine Angelegenheit der toten, weißen Männer ist?

Aber es betrifft nicht nur die toten weißen Männer der Philosophiegeschichte oder Religionsphilosophie. Fatma Aydemir schrieb in dem von ihr herausgegebenen Band „Eure Heimat ist mein Alptraum“: „Dass eine weitere weiße deutsche Volontärin nicht unbedingt einen Mehrwert bietet. Und vielleicht ist das Wort Migrantenbonus auch gar nicht so falsch. Nur dass es kein Bonus ist, den wir erhalten, sondern einer, den wir vergeben: Vielleicht wissen aufmerksame Arbeitgeber_innen inzwischen einfach, dass sie von uns für das gleiche Geld mehr bekommen.“ Laut Aydemir sind also deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund mehr wert als deutsche Staatsbürger ohne Migrationshintergrund – und dass, obwohl sie im gleichen Staat leben, die gleichen Rechte haben und ihnen die gleiche Schulbildung offensteht. Was unterscheidet sie für Aydemir?

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Ganz in Aydemirs Sinne agiert die Leiterin der Kita in Groß-Flottbeck in Hamburg, Christiane Kassama. Zu ihren Feindbildern gehört die deutsche Kinderliteratur: „Jim Knopf wird leider noch oft gelesen. Jim Knopf reproduziert viele Klischees, zum angeblich typischen Wesen und Äußeren von Schwarzen. Jim Knopf ist so, wie sich Weiße ein lustiges, freches, schwarzes Kind vorstellen. Auch Pippi Langstrumpf liegt als Buch fast in jeder Kita.“ Und damit Jim Knopf und Pippi Langstrumpf den Kindern nicht mehr vorgelesen werden, hat Kassama in ihrer Kita verfügt: „Im Februar habe ich gesagt: Der Black History Month steht an, wie können wir den umsetzen? Eine Kollegin schlug vor, vorübergehend nur Kinderbücher mit schwarzen Hauptfiguren in der Bibliothek zu belassen. Das hat gut funktioniert, gut im Sinne von: Es hat niemand gemerkt. Kein Kind hat ein Buch vermisst.“ Denn für Kassama „ist die Kita ein politischer Ort“, ein Ort der Indoktrination also. Und damit bei Kassamas ideologischem Feldzug nichts schief geht, hat sie „dafür gesorgt, dass alle Kolleginnen und Kollegen ein Antirassismustraining machen. Ich hole Menschen in die Kita, die den Blick dafür schärfen, was Rassismus ist. Schwarze mit Rassismuserfahrung, die unsere Kinder natürlich nicht haben, weil sie weiß sind. Alle zwei Jahre ist ein Critical-Whiteness-Training oder ein Antirassismustraining verpflichtend.“

Weil die Kita-Kinder in Kassamas Kita weiß sind, bedürfen sie einer ständigen Politschulung? Weil sie weiß sind, sind sie potentielle Rassisten? Nach den Erfahrungen zweier deutscher Diktaturen stellt es einen Skandal dar, dass man einer Kita-Leiterin gestattet, Kinder ideologisch zu indoktrinieren. Hat die Gesellschaft schon vergessen, was eine durchgehende ideologische Schulung von der Kita über die Schule bis hin zum Studium anrichtet? Wie will man so selbständige und kritische Menschen bilden? Aber natürlich, der Mensch, der den Mut aufbringt, sich der Leitung seines Verstandes zu bedienen, ist ein Relikt der Aufklärung – und die war, wie uns erklärt wird, nur eines, nämlich rassistisch.

Die schöne neue Welt wird ideologisch dekonstruktivistisch und divers, gesellschaftlich eine Welt der positiven Diskriminierung und der Spaltung, wissenschaftlich wirtschaftlich eine Welt des Bankrotts sein. Die Zeit des Wirtschaftswunders ist vorbei, die Zeit des Ideologiewunders ist angebrochen.

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