Damit wollen wir die Bedeutung dieses 176 Seiten umfassenden Berichtes nicht abtun. Denn manchmal ist es wichtig, wenn der „hohen“ Politik immer und immer wieder ein Spiegel vorgehalten wird. Vor allem dann, wenn sich an bekannten Defiziten seit Jahren nichts geändert hat. Was die Bundeswehr betrifft, so hätten sich die Merkel-Kabinette an die Beseitigung der mehrfachen Defizite heranmachen müssen, die die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr erheblich einschränkten. Aber nein, diese Kabinette vergrößerten die Probleme gar noch. Insofern ist der desolate Zustand der Bundeswehr ein Erbe einer Regierungschefin Merkel, die im Kriegsfall übrigens die Oberkommandierende der Bundeswehr gewesen wäre. Aber das spielte für sie keine Rolle, sonst hätte sie nicht eine überehrgeizige Dilettantin wie Ursula von der Leyen für fünfeinhalb Jahre zur Verteidigungsministerin machen können.
Nun also der aktuelle Bericht der Wehrbeauftragten. Dort steht auf vielen Seiten, was hier auf TE seit Jahren thematisiert und analysiert wird. Wie widersprüchlich die deutsche Presse den Högl-Bericht dennoch rezipiert, zeigen allein zwei Schlagzeilen der Berichterstattung. Die Zeit titelt: „Högl hält die Bundeswehr für einsatzbereit“. Die HNA titelt „Högl äußert Zweifel an Einsatzfähigkeit der Bundeswehr“.
Die Bundeswehr unter der Herrschaft eines rechtsextremistischen Verdachts?
Die Wehrbeauftragte Högl und große Teile der deutschen Presse würden freilich ihrem selbstgeschaffenen Image nicht gerecht, wenn sie nicht aus dem aktuellen Bericht heraus ein spezielles Problem besonders akzentuierten. Defizite macht Eva Högl bei den Soldaten selbst aus, nämlich Defizite bei der charakterlichen und demokratischen Grundausrichtung Einzelner (sic!). Vor allem beschreibt Högl einen weiteren starken Anstieg gemeldeter extremistischer Vorkommnisse. Die Zahl der „meldepflichtigen Ereignisse“ stieg um fast ein Viertel (exakt 23,4 Prozent) auf 226 Fälle an.
Eva Högl führt den Anstieg aller Verdachtsfälle auf eine gestiegene Sensibilität innerhalb der Truppe zurück und dass mehr Verdachtsfälle aus dem Kreis der Soldaten angezeigt würden. Dies sei „gutes, kameradschaftliches Verhalten“, sagte Högl. Als ein „echtes Ärgernis“ kritisierte die Wehrbeauftragte die lange Verfahrensdauer bei den Dienstgerichten in solchen Verdachtsfällen. Zudem müsse es künftig schneller gehen, auffällig gewordene Soldatinnen und Soldaten aus dem Dienst zu entlassen.
Damit eines klar ist: Jeder dieser nicht nur unappetitlichen, sondern strafrechtlich relevanten Fälle muss konsequent verfolgt und geahndet werden – gegebenenfalls bis hin zur Entlassung der Betreffenden. Die Zahl der betreffenden Fälle sollte aber auch neben die Gesamtzahl aller Bundeswehrangehörigen gestellt werden: 183.000.
Was jetzt allerdings wieder geschieht, ist, dass die Bundeswehr pauschal unter die Herrschaft eines bestimmten Verdachts gestellt wird. Eine Ministerin von der Leyen war hier 2017 eine unrühmliche Vorreiterin, als sie der Truppe ein „Haltungsproblem“ vorhielt und „Säuberungen“ (!) in den Kasernen anordnete, um Devotionalien oder Modelle von Panzern und dergleichen der Wehrmacht herauszufischen. Ganze 41 „Andenken“ an die Wehrmacht wurden gefunden.
Versachlicht würde die Empörung über solche Fälle von Extremismus, wenn nach geraumer Zeit auch berichtet würde, wie viele der „Verdachtsfälle“ sich definitiv als solche gerichtlich oder disziplinarrechtlich bestätigten. Bislang schrumpfte deren Zahl dann nämlich erheblich zusammen. Immerhin – darüber wurde nicht öffentlich berichtet – wurden im Berichtsjahr 37 Soldatinnen und Soldaten vorzeitig aus dem Dienstverhältnis entlassen.
Es wurde zudem nie nachgewiesen, dass in der Bundeswehr jemals ein höheres Maß an extremistischer Gesinnung oder Betätigung herrschte als in anderen öffentlichen Einrichtungen.