Tichys Einblick
Kaffeesatz-Prognostik

Was bringt das Heizgesetz praktisch? Die Antwort ist ernüchternd

Zu Habecks Vorzeigeprojekt gibt es nur Fragezeichen: Sein Ministerium kann weder sagen, was es kostet, noch, welche CO2-Einsparung es bringt. Eine andere Maßnahme wäre sehr viel effizienter gewesen.

IMAGO / Christian Ohde

In der vergangenen Woche ging das Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) durchs Parlament, nach monatelanger quälender Debatte und vielen Änderungen, am Ende aber im Eilverfahren. Verbände und Experten durften ihre Meinung dazu sagen – aber die Ampel nahm ihre Meinungen nicht mehr in das Gesetz auf. Erst jetzt und in den kommenden Monaten stellt sich die Frage: Wie wirkt das Paragraphenwerk namens GEG praktisch? Was bedeutet es für Millionen Eigentümer und Mieter? Was wird es kosten, da der Heizungswechsel staatlich bezuschusst wird? Und: Wie steht es um die Klimawirkung? Mit der dringend nötigen CO2-Einsparung hatte Robert Habeck das Projekt schließlich begründet.

Weniger noch als Schall und Rauch:
Robert Habecks Politik fußt auf fragwürdigen Prognosen
Genau zu diesen Fragen kann sein Ministerium bestenfalls vage Prognosen liefern. Denn das GEG enthält durch mehrere Überarbeitungswellen so viele Übergangsfristen und Ausnahmen, dass völlig offen ist, wie sich die Bürger verhalten. Reizen sie die Übergangsfristen aus? Immerhin verspricht die Union, das Gesetz wieder abzuschaffen, wenn sie 2025 regiert. In einer Umfrage der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gaben 69 Prozent der Befragten an, dass sie nicht die Absicht haben, ihre Gasheizung auszutauschen. Habeck musste sich am Ende auch der Logik beugen, dass erst einmal kommunale Wärmepläne existieren müssen. Die können in Dörfern beispielsweise Holzpellet-Anlagen vorsehen, die im kleinen Maßstab Fernwärme liefern.

Da das Verhalten der Verbraucher sich kaum vorhersagen lässt, kann der Minister weder erklären, was sein Heizgesetz die Steuerzahler kostet – noch, wie viel CO2 es tatsächlich einspart. Die optimistischste Schätzung seines Ressorts geht von 54 Millionen eingesparten Tonnen CO2 bis 2030 aus. Das Öko-Institut Freiburg rechnet im schlechtesten Fall nur mit gerade 10,8 Millionen Tonnen bis 2030. Schon die starken Abweichungen zeigen: Es handelt sich eher um Kaffeesatz-Prognostik.

Aber selbst dann, wenn alles nach Wunsch des Ministers läuft, fällt der CO2-Effekt außerordentlich bescheiden aus, gemessen an dem finanziellen und politischen Aufwand, und vor allem an der deutschen Energiepolitik insgesamt.

Eine Studie der Universität Stuttgart beziffert den zusätzlichen CO2-Ausstoß Deutschlands wegen der Kernkraft-Abschaltung, die bekanntlich mit einer erhöhten Kohleverbrennung kompensiert werden muss, auf 15 Millionen Tonnen CO2 – und zwar pro Jahr. Wären die Grünen 2022 bereit gewesen, die drei letzten Atommeiler weiterlaufen zu lassen, hätten sie für ihr selbstgesetztes Klimaziel deutlich mehr erreicht als mit ihrem bürokratischen Eingriff in die Heizkeller der Bürger. In dem Gesetz zeigt sich – wieder einmal – das Grundprinzip der bundesdeutschen Energie- und Klimapolitik: Sie schafft es immer wieder, Hochmoral und enormen Geldaufwand mit außerordentlich bescheidenen Ergebnissen zu kombinieren.

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