Der Umgang des Bundestags mit der Berliner Bundestagswahl von 2021 weckt Erinnerungen. Zuerst hatte man auch dort die skandalösen Abläufe heruntergespielt. Die Berichterstattung konzentrierte sich auf die Abgeordnetenhauswahl – so, als wäre auf wundersame Art und Weise die zeitgleich erfolgte Bundestagswahl anders verlaufen. Bis zur Ankündigung des Verfassungsgerichts Berlin, sich möglicherweise für eine vollumfängliche Wiederholung der Wahl einzusetzen, blieb es im Bundestag still.
Kurz vor der heutigen Sitzung hatten Medien, Politik und Sachverständige jedoch Kritik an diesen Absichten geübt. Die Bundestagsverwaltung hatte unter anderem erhebliche Bedenken bezüglich der Zeitgrenze von 18:45 Uhr geäußert. Nun ist von 18:30 Uhr die Rede. Es soll auch nicht mehr in 300 Stimmbezirken, sondern in 431 der 2256 Stimmbezirke neu gewählt werden. Auch bei der Erststimme haben die Ampelparteien eingelenkt: Diese soll wie die Zweitstimme abgegeben werden können.
Es waren kleine, aber nicht die nötigen Korrekturen. Es ist immer noch kaum zu erklären, warum in Berlin auf Landesebene möglicherweise komplett neu gewählt wird, aber auf Bundesebene nur in rund 16 Prozent der Stimmbezirke. Offenbar weiß man es im Wahlprüfungsausschuss besser. „Wir wollen die Bundestagswahl dort wiederholen, wo tatsächlich Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme aufgrund von festgestellten Wahlfehlern nicht abgeben konnten“, hieß es von den Vertretern von SPD, Grünen und FDP.
Heute Mittag sollte eigentlich eine Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses erfolgen. Doch die wurde vertagt – vorerst auf den 7. November. Die Begründung: Es sei sehr umfangreich, in die 200 Seiten starke Beschlussempfehlung noch die aktuellen Änderungswünsche einzuarbeiten, sagte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner als Ausschussmitglied. Man wollte sichergehen, dass die Beschlussempfehlung fehlerfrei sei. Der Bundestag soll dann am 11. November über die Empfehlung entscheiden.
Vielleicht wäre es besser, die Sitzung verschöbe sich noch weiter. Dann hätten die Abgeordneten auch die Zeit, sich die Unterlagen genau anzusehen – und würden feststellen, dass sie das Vertrauen in die Demokratie mehr denn je zerstören, sollten sie eine solche Mogelpackung durchs Parlament schieben wollen.
Recherchen von Tichys Einblick haben zur Aufklärung der Chaos-Wahl in Berlin wesentlich beigetragen. Lesen Sie auch: