Wahlkampf gegen türkische Demokratie in Deutschland?
Fritz Goergen
Wenn die Bundesregierung türkische Regierungsmitglieder in Deutschland türkischen Wahlkampf machen lässt, ist das ihre politische Entscheidung, weder eine Folge deutschen Rechts, noch des Völkerrechts.
„Die Verfassungsbeschwerde „des Herrn S… gegen das Unterlassen der Bundesregierung, die Rede des türkischen Ministerpräsidenten Yildirim am 18. Februar 2017 in Oberhausen wegen Propaganda für eine nach unserer Verfassung demokratiefeindliche Staatsform zu verbieten und gegen weitere Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in diesem Zusammenhang einzuschreiten ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht … selbst betroffen ist.“
So weit so gut die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Bundesregierung, aber die Begründung wird sie nicht gern lesen:
„Zwar haben Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen weder von Verfassungs wegen noch nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet und die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland. Hierzu bedarf es der – ausdrücklichen oder konkludenten – Zustimmung der Bundesregierung, in deren Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten eine solche Entscheidung gemäß Art. 32 Abs. 1 GG fällt (vgl. BVerfGE 104, 151 <207>; 131, 152 <195>; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juli 2016 – 15 B 876/16 -, juris, Rn. 15 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 32 Rn. 11). Soweit ausländische Staatsoberhäupter oder Mitglieder ausländischer Regierungen in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität in Deutschland auftreten, können sie sich nicht auf Grundrechte berufen. Denn bei einer Versagung der Zustimmung würde es sich nicht um eine Entscheidung eines deutschen Hoheitsträgers gegenüber einem ausländischen Bürger handeln, sondern um eine Entscheidung im Bereich der Außenpolitik, bei der sich die deutsche und die türkische Regierung auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten (Art. 2 Nr. 1 der Charta der Vereinten Nationen) begegnen.“
In Normaldeutsch: Wenn die Bundesregierung türkische Regierungsmitglieder in Deutschland türkischen Wahlkampf machen lässt, ist das ihre politische Entscheidung, weder eine Folge deutschen Rechts, noch des Völkerrechts.
Die deutsche Politik wird sich entscheiden müssen, ob sie Wahlpropaganda für das türkische Ermächtigungsgesetz in Deutschland zulässt. Denn darum handelt es sich, nicht um ein „Präsidialsystem“. In der Türkei wird über die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat abgestimmt. So viel deutsche Geschichte sollten Politiker und Journalisten draufhaben.
Und noch etwas: Die Bundesregierung überläßt es den Bürgermeistern und Chefs der lokalen Verwaltung, mit konstruierten Verboten wegen Brandschutz und anderen an den Haaren herbeigezogene Gründen die Versammlungen zu stoppen.
Es wäre Aufgabe der Bundesregierung. Sie ist mal wieder abgetaucht.
Wenn Ihnen unser Artikel gefallen hat: Unterstützen Sie diese Form des Journalismus. Unterstützen