Bisher argumentierte die Justiz damit, dass das Robert-Koch-Institut seine Entscheidungen politisch unabhängig rein nach wissenschaftlichen Erkenntnissen formuliert habe. So wurden bisher alle Corona-Klagen abgeschmettert, im Gegenteil sogar Ärzte in das Gefängnis geworfen, die sich der offiziellen Corona-Doktrin nicht beugen wollten.
Doch den bohrenden Fragen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Osnabrück an den geladenen Zeugen ist es zu verdanken, dass die wissenschaftliche Kompetenz des RKI zusammengebrochen ist. Der geladene Zeuge war: Lars Schaade, zu Corona-Zeiten Leiter des »Corona-Krisenstabes« des Robert-Koch-Institutes und heute dessen Präsident.
Die Justiz kann sich mit ihren Gerichtsentscheidungen künftig nicht mehr auf die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI berufen.
Formal ging es um einen Bescheid des Landkreises Osnabrück. Eine Pflegehelferin aus Quakenbrück hatte eine Normenkontrollklage angestrengt, denn der Landkreis hatte der Helferin im November 2022 untersagt, ihren Beruf auszuüben und an ihren Arbeitsplatz zu gehen. Sie hatte weder Impf- oder Genesenennachweis noch ein befreiendes ärztliches Attest vorgelegt. Basis des Bescheides war das sogenannte Infektionsschutzgesetz mit jener »einrichtungsbezogenen Impfpflicht«. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2022 diese Impfpflicht und die Konsequenzen als zulässig anerkannt.
Auch das Verwaltungsgericht Osnabrück habe seinerzeit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes entschieden, wie jetzt der Präsident des Verwaltungsgerichtes, Neuhäuser, erklärte. Dabei hat er darauf vertraut, dass der Entscheid des Bundesverfassungsgerichtes auf den unabhängigen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Robert-Koch-Institutes beruhten.
Dann platzten die geleakten RKI-Files in den öffentlichen Raum und erschütterten dieses Vertrauen. Deshalb lud das Verwaltungsgericht den damaligen Leiter des Corona-Krisenstabes und heutigen Präsidenten des RKI als Zeuge nach Osnabrück.
So will Richter Neuhäuser wissen, wie ein Protokolleintrag vom 10. September 2021 zu verstehen ist. Da das Bundesgesundheitsministerium die Fachaufsicht über das RKI habe, könne sich das Institut nicht auf die Freiheit der Wissenschaft berufen, heißt es da. Schaade erklärt, dass das Robert-Koch-Institut tatsächlich weisungsgebunden sei, lediglich in der Wahl der Methoden und der Interpretation frei sei.
Das Bundesgesundheitsministerium habe seine Behörde ausgebremst, sagte Schaade. So sei das Ministerium am 25. Februar 2022 nicht dem Rat des RKI gefolgt, die aktuelle Risikolage herabzustufen. »Wir haben da keine Zustimmung für unseren Vorschlag gefunden beim Ministerium«, so zitiert die neue Osnabrücker Zeitung den heutigen Präsidenten des Robert-Koch-Institutes. Ansonsten sei die Risikoeinschätzung Sache des RKI. »Wir sind hier wohl an einer Schnittstelle, wo Management, wo Wissenschaft verantwortlich sein sollte, da gab es bei uns verschiedene Auffassungen.«
Den Landkreis treffe keine Schuld, so später Richter Neuhäuser. Er habe nach geltender Rechtslage handeln müssen. Denn ein Vertreter des Landkreises hatte gegen Ende der Sitzung erklärt, die Beweisaufnahme habe ihn sehr nachdenklich gemacht. Doch der Kreis sei der kleinste Player und als regionale Behörde davon ausgegangen, dass RKI, Landes- und Bundesämter stets nach aktuellem Stand der Wissenschaft gehandelt hätten. Er würde den damals erlassenen Bescheid aufheben, wenn er könnte.
Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung das Klageverfahren der Pflegehelferin ausgesetzt und wird das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorlegen und ihm die Frage stellen, ob Paragraph 20 des Infektionsschutzgesetzes verfassungswidrig war.
Das hatte damals gesagt, das Robert-Koch-Institut sei in seinen Beurteilungen unabhängig. Doch aufgrund der vorliegenden Protokolle des Corona-Krisenstabes und der Zeugenvernehmung von RKI-Präsident Schaade sei die Unabhängigkeit der behördlichen Entscheidungsfindung in Frage zu stellen, wie das Osnabrücker Gericht mitteilte:
»Nach der Gesetzesbegründung sei der Schutz vulnerabler Personen vor einer Ansteckung durch ungeübtes Personal ein tragendes Motiv für die Einführung der Einrichtung und unternehmensbezogenen Impfpflicht gewesen. Diese auf den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts beruhende Einschätzung werde durch die nun veröffentlichten Protokolle des Instituts erschüttert. Der Gesetzgeber sei seiner Normbeobachtungspflicht nicht gerecht geworden.«