Der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen hat in der Bild einen brisanten Vorschlag gemacht: Krankenversicherte sollen sich mit bis zu 2000 Euro im Jahr an ihren Gesundheitskosten beteiligen. Sportler, Raucher und Übergewichtige sollen noch mehr zahlen. „Wir können uns das System nicht mehr leisten. Patienten müssen künftig mehr aus eigener Tasche dazu bezahlen“, begründet Raffelhüschen seinen Vorschlag in der Bild.
Raffelhüschen mahnt, der Beitragssatz könne ohne Reformen in den nächsten zwölf Jahren von jetzt 16,2 auf 22 Prozent steigen. Als Gründe für die steigenden Kosten nannte der Ökonom den demografischen Wandel, also die Tatsache, dass die Deutschen im Schnitt älter werden. Außerdem führt er den medizinisch-technischen Fortschritt an. In dieser Logik müsste dann die Rentnerin für ihre Grippebehandlung bezahlen, um bessere Möglichkeiten in der Kniebehandlung mitzufinanzieren.
Nun ließe sich Raffelhüschens Position als Einzelmeinung abtun. Aber dafür ist seine Vergangenheit zu prominent. So gehörte er der Rürup-Kommission an, die unter der rot-grünen Regierung Gerd Schröders Vorschläge für Einschnitte in den Sozialstaat vorgelegt hat. Auf sie geht unter anderem die Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre hervor.
Einen Grund für Kostensteigerungen im Gesundheitswesen lässt der ehemalige rot-grüne Sparberater denn auch in seiner Argumentation weg. Die Krankenkassen beklagen, dass der Staat den Kassen 10 Milliarden Euro zu wenig für die Behandlung von Hartz-IV-Empfängern überweist. Dieser Kostendruck steigt durch die zunehmende Zuwanderung und den erleichterten Zugang für Einwanderer in Hartz IV. Die Kassen fordern Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon seit längerem auf, mehr von diesen Kosten zu übernehmen – bisher vergebens.
Raffelhüschen räumt in der Bild ein, die Rentner würden die Verlierer seiner Reformvorschläge sein – behauptet aber, die Arbeitnehmer seien die Gewinner, weil die Beiträge nicht so schnell stiegen. Da ist aber zu unterscheiden zwischen Arbeitnehmern, die gut und schlecht verdienen. Wer überschuldet oder nur chronisch knapp bei Kasse ist, könnte in die Situation kommen, im Jahr 2500 Euro und mehr an Kassenbeiträgen zahlen, sich aber eine gesundheitliche Behandlung verkneifen zu müssen, weil er die Eigenbeteiligung nicht finanzieren kann. Während er gleichzeitig mit seinen Beiträgen die gesundheitlichen Behandlungen desjenigen mitfinanziert, der gar nicht arbeitet. Das solle dann wiederum der Staat übernehmen, meint Raffelhüschen. Der Staat, der für Hartz-IV-Empfänger schon jetzt zu wenig an die Kassen zahlt.