Tichys Einblick
Watergate-Aufklärer beschuldigt USA

USA sprengten Nord-Stream-Pipeline, behauptet US-Starjournalist Seymour Hersh

Der renommierte Investigativ-Journalist Seymour Hersh will herausgefunden haben, dass CIA und US-Navy auf Befehl des US-Präsidenten Joe Biden die Nord-Stream-Pipelines sabotiert haben. Washington dementiert dies.

IMAGO / ZUMA Wire

In einer aktuellen Reportage werden die USA beschuldigt, die Nord-Stream-Pipelines gesprengt zu haben. Der renommierte Investigativ-Journalist und Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh will aufgeklärt haben, dass die CIA im Auftrag von Präsident Joe Biden die Nord-Stream-Pipelines zerstört haben. Die Reportage veröffentlichte Hersh auf seinem privaten Blog. Mitwisser und Helfer außerhalb der USA sollen auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die norwegische Regierung und in geringerem Maß die schwedischen und dänischen Regierungen gewesen sein.

Viele Details um den Bericht, insbesondere öffentliche Stellungnahmen des US-Präsidenten waren bekannt; neu ist die detaillierte Beschreibung über die konkrete Durchführung und Tarnung. Hersh zitiert eine nicht näher spezifizierte Quelle. US-Medien wie The Times haben darüber berichtet. TE wird Sie in den kommenden Tagen um Verifikation und weitergehende Analyse auf dem Laufenden halten.

Europäer unterstützen Biden-Plan, so der Bericht

Ziel der Operation sei dem Bericht zufolge, sich im Fall eines Angriffs Russlands auf die Ukraine der Unterstützung Europas zu versichern. Solange über die Oststee-Pipelines Gas fließen konnte, hatte Russland ein Druckmittel gegen Europa – insbesondere Deutschland – in der Hand. Diese politische Waffe wurde nun zerstört – zu Lasten Deutschlands, das von der wichtigen Energieversorgung abgeschnitten wurde. Norwegen und Dänemark seien an der Durchführung beziehungsweise aktiven Duldung beteiligt gewesen; möglicherweise sogar Bundeskanzler Olaf Scholz einbezogen werden. Dazu erwarten wir Stellungnahmen.

Dabei erhebt Hersh zudem Vorwürfe gegenüber der CIA: Schon wie in den 70er Jahren soll sie die Verfassung und ihre eigenen Regeln bewusst gebrochen haben. So wurden explizit nicht Taucher des „Special Operations Command“, also dem Kommando für Sondereinsätze eingesetzt. Denn dessen verdeckte Operationen müssen dem Kongress und der Führung des Senats – auch der Opposition – im Voraus mitgeteilt werden. Stattdessen wurden Marinetaucher eingesetzt.

Als im Januar 2022 Staatssekretärin Nuland verkündete: „Ich möchte Ihnen heute ganz klar sagen: wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 so oder so nicht vorankommen“, nutzten die CIA-Planer diese als Vorankündigung verstandene Aussage, um die Geheimhaltungsstufe der Operation von der höchsten Sicherheit auf eine reguläre Hochsicherheitsoperation herabzustufen. Damit konnte das „Special Operations Command“ – und damit parlamentarische Kontrolle durch Senat und Kongress – vermieden werden. Formal konnte der Präsident nun allein über die Operation verfügen und alle Kontrollorgane aushebeln.

Hersh beruft sich dabei auf eine nicht genannte Quelle innerhalb der CIA, legt aber keine Beweise vor. Adrienne Watson, eine Sprecherin des Weißen Hauses, erklärte in einer E-Mail den Bericht betreffend: „Das ist falsch und frei erfunden.“ Tammy Thorp, eine Sprecherin des US-Geheimdienstes Central Intelligence Agency, schrieb ebenfalls: „Diese Behauptung ist komplett und völlig falsch.“

Bei dem Autor dieses für nun sehr großes Aufsehen erregenden Artikels handelt es sich mit Seymour Hersh nicht um irgendjemanden. Hersh ist US-amerikanischer Journalist und vor allem durch seine investigativen Berichte weltberühmt geworden. 1969 veröffentlichte er die Verbrechen der US-Truppen im Massaker von My Lai im Zuge des Vietnamkrieges. Er war an der Aufdeckung des Watergate-Skandals beteiligt und deckte den CIA-Regierungssturz der Chilenischen Regierung Salvador Allendes auf.

Hersh gilt als legendär in seiner investigativen Recherche: In den vergangenen Jahren sollen sich aber einige seiner Berichte als falsch herausgestellt haben oder konnten nicht durch Dritte verifiziert werden. So berichtete er in Folge der Tötung Osama Bin-Ladens, dass dieser nicht frei in Pakistan gelebt habe, sondern Gefangener des dortigen Geheimdienstes gewesen sei. Auch berichtete er 2017, dass ein Giftgasangriff der Syrischen Regierung tatsächlich ein Unfall in einer Chemiefabrik gewesen sei: ein Bericht, der von einer Untersuchung der Vereinten Nationen und anderen Journalisten als falsch bezeichnet wurde.

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