Tichys Einblick
128 Männer – 2,5 Millionen im Jahr

Warum ist die Unterbringung von Migranten so teuer?

Was ist dran an den Gerüchten um neue Containerdörfer und Übergewinne? In Elmshorn sollen 128 „junge Männer“ für 2,5 Millionen Euro pro Jahr in der Nähe einer Klinik untergebracht werden. Die Container wären für ein Fünftel der Summe zu mieten.

Symbolbild Containerdorf

IMAGO / Funke Foto Services

Und noch eine Behelfslösung, wiederum auf einer öffentlichen Fläche, auf der die Stadt Elmshorn eigentlich ein Zentralkrankenhaus für die Region bauen wollte. Doch die 51.000-Einwohner-Stadt in Schleswig-Holstein bekam den Zuschlag nicht, und so gilt die alte Baumschule zwischen Wittenberger und Hamburger Straße als freier Baugrund. Gebaut werden soll aber gar nicht, dazu reicht die Zeit nicht. Mittlerweile preisen ja auch Bundesminister – zuletzt Justizminister Buschmann (FDP) in einer Phoenix-Runde mit Jörg Schönenborn – die Vorteile des „modularen Bauens“ (alte Sprache: des Plattenbaus) für die normalen Bürger an.

Doch Städte protestieren, das ergäbe kein schönes Bild. Für die provisorischen „Asyldörfer“ der Republik setzt man noch etwas unterhalb an: Container müssen reichen. In diesem Fall müssen „128 Männer“ untergebracht werden, wie es schon halbwegs anklagend in den Elmshorner Nachrichten heißt, und zwar „ausschließlich junge Männer“. Dafür sollen bis Juli 114 eingeschossige Container aufgestellt werden.

Die verschiedenen Aussagen zur Polizeilichen Kriminalstatistik haben inzwischen auch dem letzten klar gemacht, welches Gefahrenpotential in „jungen Männern“ steckt, zumal wenn sie nicht in Elmshorn verwurzelt sind. Die kommunalen Wohnungen für eine „dezentrale Unterbringung“ sind mittlerweile alle besetzt. Das weiß neben Elmshorn auch der sächsische Erzgebirgskreis. Dort sollen bald 650 Wohnungen von Ukrainern geräumt werden, weil der Kreis seine Wohnungen für neue „Flüchtlinge“ braucht, diesmal wieder Asylbewerber aus außereuropäischen Staaten. Die Ukrainer sind ja seit ihrer Ankunft anerkannte Flüchtlinge und erhalten Bürgergeld. Sie können sich also eigene Wohnungen suchen. Was man daraus lernt: Der Ansturm auf den Wohnraum hierzulande bleibt groß.

Keine Abschottung: „Das ist kein Lager“

In Elmshorn erwartet man insgesamt 400 Neuzugänge in diesem Jahr. Das sind jene Busfahrgäste, die ohne Rückfahrschein ankommen und von der Stadt untergebracht werden müssen. Für das „Männerdorf“ hat man sich angeblich den „konfliktärmsten“ Ort ausgesucht, den es gab. Das sind so Marketingsprüche, die aber doch verraten: Man will die 128 jungen Männer nicht unbedingt in der Nähe von Einkaufsgeschäften oder Schulen haben. Ein Sicherheitsdienst, der 24 Stunden am Ort sein soll, ist aber schon fest eingeplant. In der Nähe des Standorts steht schon heute das Regio-Klinikum an der Agnes-Karll-Allee. „Der Standort soll nicht abgeschottet werden, sondern Begegnungen und Austausch ermöglichen“, heißt es offiziellerseits. Das werde kein Lager.

Für Aufruhr in der Bevölkerung sorgt aber nicht nur die Unterbringung hunderter Neuankömmlinge im städtischen Umfeld, das tun vor allem auch die Kosten des Projekts. Denn laut den Elmshorner Nachrichten kostet das 128-Personen-Containerdorf die Stadt 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Darin sind neben der Miete auch die Sicherheits- und Betreuungskosten enthalten. Laut Oberbürgermeister Volker Hatje werden diese Kosten überwiegend aus Bundesmitteln finanziert, also aus dem allgemeinen Steueraufkommen aller Bundesbürger, auch der Elmshorner. Einen Teil muss die Stadt aber wohl selbst tragen.

Wohncontainer kosten nur ein Fünftel des Gesamtpreises

Pro Person und Jahr sind das 19.531 Euro. Ein Gewerbetreibender aus der Region teilte Tichys Einblick mit, dass jedem der „jungen Männer“ acht Quadratmeter zur Verfügung stehen werden, daneben ein Badezimmer, das sich jeweils zwei Männer teilen, und eine Küche für vier. Insgesamt ergibt sich eine Wohnfläche von 14 Quadratmetern pro Mann. So ergeben sich Quadratmeterpreise, die auch bei einer mittleren Hotelmiete nicht übertroffen werden. Monteurzimmer sind in Elmshorn ab 14 Euro pro Nacht zu bekommen. Das wären dann 5.110 Euro als Jahresmiete. Und das ist ja immer noch im weitesten Sinne Hotellerie, nicht gewöhnlicher Wohnraum. Ein kurzer Anruf ergibt einen möglichen Preis von 11 Euro pro Person und Nacht, also etwas über 500.000 Euro im Jahr für die 128 Männer. Es ist ein schnelles Geschäft, mit Preisansagen auf Zuruf und starkem Wettbewerb.

Nun sind in den genannten 2,5 Millionen Euro pro Jahr angeblich auch Sicherungs- und Betreuungskosten enthalten, wie Oberbürgermeister Hatje mitteilt; er ist parteilos, gewählt mit der Unterstützung von CDU und SPD. Aber diese Extrakosten müssten nach den angestellten Überlegungen vier Fünftel der Gesamtkosten betragen. Das allein begründet schon die Rede von einer Asylindustrie; denn irgendwohin müssen diese gewaltigen Summen – 1,9 Millionen Euro oder mehr – ja fließen.

Unter Elmshorner Gewerbetreibenden gehen jedenfalls Vermutungen um, dass der beauftragte Bauunternehmer schon häufig lukrative Aufträge der Stadt erhalten habe und dass vielleicht auch der OB nicht ganz abseits steht, wenn die „Übergewinne“ verteilt werden. Das bleiben Vermutungen, aber die Wut in Elmshorn über die 2,5 Millionen Euro hinausgeworfenen Steuermittel wächst und könnte die Stadt in nächster Zukunft Gewerbesteuereinnahmen kosten – einfach, weil die betroffenen Unternehmer sich zurückziehen und sich lieber andernorts neu niederlassen.

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