Kanzler Olaf Scholz sah sich gezwungen, in der Bundestagsdebatte am Mittwoch seine Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ausdrücklich in Schutz zu nehmen. In der parlamentarischen Auseinandersetzung ging es vor allem um den Vorwurf, Lambrecht würde die Lieferung von Waffen an die Ukraine bremsen. Er sei sich sicher, so Scholz, dass seine Ministerin „alles unternimmt, was angesichts der Beschlusslage unserer Alliierten und mit Blick auf die Fähigkeiten der Bundeswehr machbar ist“.
Nach einer Umfrage des Instituts Civey vom 6. bis zum 7. April besitzt die SPD-Politikerin kaum noch öffentlichen Rückhalt. Civey fragte, ob die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder richtig sei, Lambrecht zu entlassen. Darauf antworteten Stand 7. April vormittags 45,4 Prozent der Befragten: „Auf jeden Fall.“ Weitere 12,4 Prozent sehen einen Rauswurf der Ministerin als „eher richtig“ an. Nicht festlegen wollten sich 13,8 Prozent der Befragten. Nur 18,8 Prozent fanden, eine Entlassung sei „eindeutig falsch“, weitere 9,6 Prozent meinen, sie wäre „eher falsch“.
Trotzdem will Scholz an der schwer angeschlagenen Ministerin festhalten – schon deshalb, weil ihre Entfernung aus dem Wehrressort den Blick auf das insgesamt schwache Kabinett des Kanzlers lenken würde. Denn auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verliert nach seiner jüngsten Volte zur Verkündung einer freiwilligen Quarantäne und der Rücknahme seiner Entscheidung in einer Talkshow sowohl die Unterstützung in den Koalitionsfraktionen als auch öffentlichen Rückhalt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gilt ebenfalls als Belastung im Kabinett, Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hofft darauf, dass sie ihr Versagen als Umweltministerin während der Ahrtal-Flut in Rheinland-Pfalz irgendwie aussitzen kann.
Scholz entschloss sich allerdings dazu, Lambrecht teilweise zu entmachten: Die Entscheidung, wie das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Schlagkraftverbesserung der Bundeswehr ausgegeben werden soll, will er der Ressortchefin nicht allein überlassen.