Tichys Einblick
Wohnen, Wasser, Mobilität:

Ulrike Herrmann schwärmt von der totalen Entmündigung

Ulrike Herrmann hat sich schon längst als „böser Bulle“ der grünen Transformation etabliert, der das Volk mit gezielten Meldungen auf die Folgen des neuen Sozialismus einschwört. Nun ging sie weiter und fordert unter anderem Wohnraumbeschränkungen und Abschaffung des Geldes.

Ulrike Herrmann auf der Frankfurter Buchmesse 2022

IMAGO / Chris Emil Janßen

Bereits seit einigen Jahren geht die Wirtschaftsjournalistin der taz, Ulrike Herrmann, in ihrer Rolle als „böser Bulle“ der grünen Transformation auf. Während die „guten Bullen“ der Politik dem Wahlvolk jahrelang Honig ums Maul schmierten und von grünem Wachstum schwärmten, durfte Herrmann die Menschen mittels Schocktherapie auf die zu erwartende Realität einstimmen. Ein – für Herrmann – treffliches Arrangement. Als Journalistin und Autorin beschreibt sie ja nur ihre Thesen und muss auch nicht gewählt werden. Dafür wird sie in Talkshows eingeladen und sorgt mit ihrer radikal linken Position dafür, dass das Overton-Fenster selbst Leute wie Robert Habeck als moderat erscheinen lässt. Win-win für alle Beteiligten. Also bis auf die Wähler natürlich, die aus dem Staunen nicht rauskommen, was man mit ihnen nicht noch alles vor hat.

Nun kursiert ein Video aus einer Veranstaltung des Vereins „Werkstatt Zukunft“ vom April 2024, in dem Herrmann der „oberen Mittelschicht, die jetzt hier sitzt, akademisch gebildet“, wie sie es selbst in ihrem Vortrag benennt, weitere Einsichten in ihre Vision des „grünen Schrumpfens“ gibt, mit der sie seit Jahren als Rednerin und Talkshow-Gast das Land bereist.

Für all jene, die das Glück hatten, Herrmanns Thesen bislang nicht ausgesetzt worden zu sein: Herrmann gibt zu, was viele Kritiker der grünen Transformation ebenfalls vorhersagen. Grünes Wachstum ist eine Illusion, in der Realität läuft es auf grünes Schrumpfen hinaus. Das würde Deutschland auf das Wohlstandsniveau von 1978 zurücksetzen, aber das wäre ja gar nicht so schlimm, denn damals war das Leben ja auch ganz nett, denn im Kino lief Star Wars. Nur gab es halt nicht das ganze Jahr über die frische Mango im Supermarktregal.

Klingt erstmal nostalgisch. Bis man hört, wie Herrmann nach 1978 zurückkehren möchte. Da die sowjetische Planwirtschaft aufgrund ihrer offensichtlichen Schwächen nach wie vor einen schlechten Ruf hat, spricht Herrmann lieber von der britischen Kriegswirtschaft, die so wunderbare Resultate gezeitigt hätte. Da ist die Rede von Einschränkungen und Rationierungen, die im Falle des grünen Schrumpfens halt auch dazu führen würden, dass Privatmobilität mit dem Auto wohl der Vergangenheit angehören, dass der Urlaub im Flieger ausfallen würde und natürlich auch, dass es die frische Mango dann nicht mehr gäbe.

Wohnraum, Fleisch, Zugfahren – alles wird rationiert

Bei ihrer Rede der Werkstatt Zukunft ging Herrmann aber diesmal noch weiter. Nun auf einmal hieß es auch, dass Wohnraum rationiert werden müsse, denn Zement emittiere „unendliche Mengen von CO2“, so Herrmann. „Eigentlich müsste man Neubau verbieten, in aller Härte“, erklärte sie ihrem Publikum und traf dabei auf Verständnis bei einer Klientel, die größtenteils wohl teuer renovierte Altbauten bewohnt. Der Wohnraum solle auf 50 Quadratmeter pro Kopf rationiert werden, „das müsste eigentlich reichen“, sagte Herrmann und erntete dafür auch prompt zustimmendes Nicken der neben ihr sitzenden Dame.

Wobei: Wenn man erst einmal dem Staat die Allmacht über die Wohnraumverteilung übergibt, wo ist dann die Garantie, dass in wenigen Jahren nicht nachjustiert werden muss und man stattdessen 40, 30, oder gar nur 20 Quadratmeter pro Kopf bekommt? Oder gleich eine Röhre zum Übernachten? Oder verpflichtend geteilte Wohneinheiten, in denen die Wohnungen je nach Arbeitszeiten schichtweise genutzt werden? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Doch mit dem Wohnraum nicht genug. Auch die Fleischproduktion müsse rationiert werden, da – man rät es – auch diese „enorme Mengen an CO2 emittiert“. Kleines Trostpflaster: Man müsse nicht gleich Vegetarier werden, aber viel weniger Fleisch essen. Das kommt allerdings wenig überraschend, denn die künstliche Verknappung des Fleisches ist auch bei den „guten Bullen“ in der Politik ein beliebtes Thema.

Regulatorisches Neuland betritt Herrmann aber, wenn es um die Bahn geht. Denn wer dachte, durch den Verzicht auf Auto und Flugzeug mit der Bahn blühende Solarfelder und Windparks durchstreifen zu können, der muss sich laut Herrmann auch auf eine Rationierung der Bahnkilometer gefasst machen. Wer statt mit dem Auto immer ICE fahren möchte, dem entgegnet Herrmann: Das wird auch nix, denn „der Luftwiderstand steigt mit der Geschwindigkeit – alles totaler Irrsinn – Bahnen dürfen nicht schneller als 100 km/h fahren“. Zumindest mit der Einschätzung, es handle sich um totalen Irrsinn, dürfte Herrmann richtig liegen. Auch hier ein schwacher Trost: Beim gegenwärtigen Zustand der Bahn in Deutschland würden Züge, die bis zu 100 km/h fahren, einen echten Fortschritt bedeuten.

Doch die Botschaft ist deutlich. Wer aus seinem fleischlosen 50-Quadratmeter-Kabuff einmal raus möchte, darf dafür höchstens auf die Bummelbahn zurückgreifen. Oder am besten einfach zu Hause bleiben, das spart am meisten CO2.

Herrmann gesteht, das stünde zwar alles in ihrem Buch, aber sie hätte es „nicht ausgewalzt“, denn sie wolle „die Leser nicht erschrecken“. Auf dieses Eingeständnis kann sich Herrmann einige Sekunden lang ein selbstzufriedenes Lachen nicht verkneifen, das bemerkenswert an das mittlerweile berühmte Gackern von US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris erinnert. Ja, es ist schon amüsant, darüber nachzudenken, was man dem gemeinen Pöbel alles zumuten möchte, während man sich selbst wohl als Teil jener bürokratischen Elite sieht, die all dies überwacht und anleitet.

Wer denkt, damit hätte Herrmann bereits genügend Hiobsbotschaften in den Raum gestellt, der irrt gewaltig. Denn „wenn die Wirtschaft schrumpft, verliert das Finanzvermögen seinen Wert“. Die vorhandenen Ersparnisse wären dann „zu einem großen Teil weg“. Das träfe zwar vor allem Millionäre, aber auch für dieeEingangs erwähnte „obere Mittelschicht“ gelte, dass deren Ersparnisse „zum Teil weg“ wären. Die Einschränkung „zum Teil“ ist dabei ein bemerkenswerter Ausreißer, denn da sich Herrmann und Konsorten wohl eben genau dieser Klasse zurechnen, ist es ein Anzeichen dafür, dass man wohl gedenkt, Mittel und Wege zu finden, auch in der grünen Despotie besser dazustehen als der Rest. Alle sind gleich, aber manche sind gleicher. Nur in grün.

Geld abschaffen, aber irgendjemand verdient doch immer daran

Selbstverständlich gäbe es dann auch keine Banken mehr, denn „die brechen ja zusammen, wenn man keine Kredite vergeben kann“ und selbst „Geld an sich“ würde dann nur noch „eine mittelbare Bedeutung“ haben, da ganz vieles ja ohnehin nur über einen „Bezugsschein“ erhältlich wäre. „Was nutzt mir Geld, wenn ich an Wasser nur rankomme, wenn ich so einen Literschein habe?“, fragt Herrmann in die Runde und erntet dabei nicht einmal ein Raunen im Publikum. Geld würde, in dem von ihr propagierten System, seine Funktion – wiederum einschränkend „zum großen Teil“ – verlieren.

Ein Detail, das in dem Fragment von Herrmann ausgespart wurde, aber das unweigerlich an dieses „System“ anknüpft, wäre der Übergang zu einem Sozialpunktesystem, wie man es bereits aus China kennt. Denn wenn man Geld nicht mehr verdient, um Produkte und Leistungen in Anspruch zu nehmen, sondern diese Mittel „zugewiesen“ bekommt, müssen auch die utopischen Bürokraten der menschlichen Natur ins Gesicht sehen und Wege finden, um Leistungsträger zu fördern und Abweichler zu bestrafen. Sozialpunktesysteme gewährleisten genau das: die Belohnung Folgsamer und die Bestrafung Unangepasster. Aber gut, selbst ein „böser Bulle“ wie Herrmann muss nicht alles auf einmal ausplaudern. Es gibt ja noch genügend Talkshows und Vorträge, in denen man die neue grüne Realität fortspinnen kann.

Kleines Detail am Rande: Die „Werkstatt Zukunft e.V.“ aus Oldenburg finanziert sich unter anderem aus Mitteln der Stadt Oldenburg, des Katholischen Fonds und von Brot für die Welt. Der womöglich wichtigste Sponsor aber, der auch an erster Stelle gennant wird, ist „Engagement Global“, eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Bonn, die, laut Eigenaussage, „zentrale Anlaufstelle in Deutschland für entwicklungspolitisches Engagement“. Diesen Titel hat sie sich alleine im Jahr 2023 mit 388 Millionen Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) versilbern lassen. Wie viel das wohl in Bezugsscheinen ist?

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