Nach dem Wahlsieg von Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan bei der türkischen Präsidentschaftswahl hat EVP-Chef Manfred Weber sich dafür ausgesprochen, den EU-Beitrittsprozess mit Ankara zu beenden. „Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine enge Partnerschaft wichtig ist, eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU allerdings niemand mehr will – weder die Türkei noch die EU“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben). „Diesen Prozess müssen wir zu den Akten legen, weil er bessere Beziehungen mehr blockiert als unterstützt.“
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt gekommen für einen generellen Neustart zwischen der EU und der Türkei auf einer realistischen Grundlage. Die Beitrittsverhandlungen sind 2005 formal aufgenommen worden, liegen allerdings seit einigen Jahren auf Eis. Die EU sei offen für eine „weiter partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen unmittelbaren Nachbarn, die viele gemeinsame Herausforderungen haben“, so Weber.
„Die Erwartungshaltung ist aber klar: Erdoğan muss zusammenführen und das Land modernisieren.“ Gerade beim Ziel eines Friedens zwischen der Ukraine und Russland, bei der Migrationspolitik oder bei der Zypern-Frage „brauchen wir die Zusammenarbeit“. Konkret forderte Weber: „Erdoğan sollte nun umgehend der Mitgliedschaft Schwedens in der Nato zustimmen.“
Die EU-Kommission hatte am Sonntagabend Erdoğan Glückwünsche ausgerichtet. „Wir gratulieren Präsident Recep Tayyip Erdogan zu seiner Wiederwahl“, hieß es in einer von Brüssel veröffentlichten Erklärung. Die EU habe „ein strategisches Interesse daran, eine kooperative und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung mit der Türkei und ihrer gesamten Bevölkerung fortzusetzen, sowie an einem stabilen und sicheren Umfeld im östlichen Mittelmeerraum“, hieß es weiter.
Die EU sei bereit, mit der Türkei zusammenzuarbeiten, „um eine konstruktive Beziehung für unseren gemeinsamen Wohlstand und unsere Stabilität auf der Grundlage von Verpflichtungen zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, internationalem Recht und regionaler Stabilität zum Wohle aller unserer Bürger voranzutreiben“.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu dessen Wiederwahl gratuliert. „Angesichts der besonders engen menschlichen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen unseren Ländern kommt dem deutsch-türkischen Verhältnis ganz besondere Bedeutung zu“, schrieb Steinmeier am Montag. Er würde sich freuen, gemeinsam zu einer Festigung „guter Beziehungen“ zwischen beiden Ländern beitragen zu können.
„Die Herausforderungen in der Welt, denen wir uns gegenüber sehen, machen dies umso wichtiger“, so Steinmeier. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Erdogan bereits am Sonntag zur Wiederwahl gratuliert und diesem angeboten, gemeinsame Themen mit „frischem Elan“ voranzutreiben. (dts)