Nach Griechenland, Großbritannien, Spanien, Italien, Österreich nun das gleiche Muster in der Türkei und in Dresden: deutliche Gewinne der extremen Ränder und klare Verluste der Herrschenden. Und auf Schloss Elmau tanzt der G7- Kongress. Zunehmend viele Leute halten das wirklich für den Gipfel.
Tayyip Erdogan verliert mit seiner AKP 10 Prozent und die weit links stehende Kurdenpartei HDP überspringt mit fast 13 Prozent die türkische 10-Prozent-Hürde. Das ist auch das Aus für Erdogans Pläne der Errichtung eines Präsidialsystems, wofür er eine Zwei-Drittel-Mehrheit bräuchte. Noch mehr Macht wollen die Türken dem Möchtegern-Diktator offensichtlich nicht geben. Seine unglaublich pompöse Palastanlage konnten wir alle sehen: spießbürgerliche XXL-Architektur.
Wo sind die glorreichen CDU-Zeiten von König Kurt Biedenkopf geblieben? Mit Dresden verliert die CDU den letzten Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt und einer Stadt von mehr als 500.000 Einwohnern. In den übrigen sächsischen Kommunen schnitt die CDU gut ab. Wird die Union nur noch eine Partei fürs Land? Dass der als Unabhängiger angetretene FDP-Mann Dirk Hilbert, bisher Dresdens Erster Bürgermeister, 31,7 Prozent erreichte, macht seinen Sieg im zweiten Wahlgang möglich. Denn Eva-Maria Stange kam als rot-rot-grüne Kandidatin auf 36 Prozent. Im zweiten Wahlgang werden sich voraussichtlich genug der 15,4 Prozent Stimmen für den CDU-Kandidaten Markus Ulbig, der nicht mehr antritt, für Hilbert entscheiden.
In der sächsischen Hauptstadt stand erstmals Pegida selbst zur Wahl: Kandidatin Tatjana Festerling kriegte 9,7 Prozent. Auf 4,8 Prozent kam Stefan Vogel, Fraktionschef der AfD im Rat der Stadt.
Was gestern Abend in den Fernseh-Nachrichten auffiel: Sie nahmen von den Wahlen in Sachsens Städten und Landkreisen nicht die geringste Notiz. Die türkischen Wahlergebnisse wurden vermeldet. Neben dem Foto-Shooting der G7-Schönheiten in der bayrischen Almwiesen-Kulisse hatte nichts Platz. Diesen Wettbewerb haben Angela Merkel und die eingesetzten Sicherheitskräfte gewonnen. Die Uniformierten umarmten die – viel weniger als erwarteten – Demonstranten beeindruckend wirkungsvoll. Was für eine Gegensatz zu den Blockupy-Bildern aus Frankfurt. So sehr die Herrschenden bei Wahlen verlieren, ihre Inszenierungs-Kompetenz nimmt zu – die Massenmedien können guten Bildern eben nicht widerstehen.
Hinter den bunten Bildern verschwindet die Tatsache, dass diese Gipfel-Treffen seit dem Kamingespräch am Rande des ersten Weltwirtschaftsgipfels auf Schloss Rambouillet 1975 der reziproken Formel folgen: Die politische Bedeutung sinkt, der Pomp nimmt zu.