Am 25. Mai um 20 Uhr wurde die Polizei zu einem Geschäft in der Innenstadt von Minneapolis gerufen. Eine Gruppe von Schwarzen – unter ihnen der vormalige Türsteher und seit kurzem durch den Shutdown arbeitslos gewordene George Floyd – hatte versucht, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein für Zigaretten zu bezahlen. Im Laufe der Festnahme – es gibt keine durchgehende Kamera-Aufnahme – scheint es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Beamten und Floyd gekommen zu sein, die zur Fixierung Floyds am Boden durch drei Beamte führte. Einer von ihnen, Derek Chauvin, wendete dabei eine Technik an (Knie im Nacken), die in Deutschland nicht oder nur in Notwehr zum Einsatz kommen darf. Ein anderes Video, das später viral ging, zeigt, wie Floyd die Beamten darum bittet, aus seiner Lage befreit zu werden, er könne nicht atmen. Wenig später scheint er das Bewusstsein zu verlieren. Nach knapp neun Minuten lockerte der Polizeibeamte Derek Chauvin die Fixierung. Zu diesem Zeitpunkt war Floyd vermutlich schon tot.
Am folgenden Tag wurden Chauvin und drei weitere Kollegen aus dem Polizeidienst entlassen, Chauvin wurde wegen Mordes oder Totschlags angeklagt. Doch das war offensichtlich nicht das Ende. An dem live auf Facebook gestreamten und dann weiterverbreiteten Video inspirierte sich eine Protestbewegung, die nach dem Muster von anderen forderte, auch »schwarze Leben« seien wichtig. Und so tragisch die Umstände dieses Todes auch sein mögen, tragisch sind auch die Geschehnisse, die sich daran in Minneapolis und andernorts anschlossen.
Denn schon am ersten Tag der Proteste wurden Geschäfte und massenhaft Polizeiautos angegriffen. In den folgenden Tagen entwickelten sich die Proteste zu Unruhen. Die Polizeistation des dritten Bezirks wurde in Brand gesetzt und musste evakuiert werden. Dutzende weitere Feuer brannten auch in der Nachbarstadt Saint Paul. Geschäfte wurden beschädigt und geplündert. Dann gingen die Proteste auf die Reise. New York, Philadelphia, Atlanta, New Orleans, Dallas, Denver, Indianapolis, Houston, Salt Lake City, Los Angeles und viele andere Städte kamen an die Reihe für gewalttätige Proteste, bei denen Sachen und Menschen zu Schaden kamen. Inzwischen haben laut CNN mindestens 40 Städte in den USA nächtliche Ausgangssperren verhängt. Die Nationalgarde wurde von 17 Bundesstaaten und vom Hauptstadtdistrikt mobilisiert.
Gewaltsamer Protest als legitimer Ausdruck der Wut?
Der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, sagte am Freitagabend: »Die symbolische Bedeutung eines Gebäudes wiegt nicht schwerer als die Bedeutung menschlicher Leben.« Man habe die Kontrolle des dritten Polizeibezirks nicht aufgegeben. Doch als er von einem schon etwas aufgebrachten Journalisten gefragt wird, was sein Plan gegen die Plünderungen und Brandstiftungen sei, antwortet Frey: »In diesem Moment gibt es eine Menge Schmerz und Wut in der Stadt. Ich weiß das, unsere ganze Stadt weiß das.« Schmerz wodurch? Den ungerechten Tod eines Bürgers? Wut worüber? Den Kontrollverlust der städtischen Behörden? Es geht alles ein wenig durcheinander, rein emotional, in dieser Antwort …
Von der Nationalgarde wollte Frey da noch keinen Gebrauch machen. Deren Einsatz hatte Donald Trump am Freitag gefordert und Frey einen »sehr schwachen linksradikalen Bürgermeister« genannt. Eines muss man dem Mann lassen: Er weiß einen Konflikt zu inszenieren, damit aber auch die Essenz von Politik. Als Trump die Gewalt der Protestler scharf angriff und sie Schläger (»thugs«) nannte, wurde sein Tweet wegen »Verherrlichung von Gewalt« gesperrt. Anlass für die Sperrung war vermutlich der Satz »wenn das Plündern losgeht, geht das Schießen los« (»when the looting starts, the shooting starts«), der auf die Rassenunruhen der sechziger Jahre zurückgeht. Trump mag diese historische Verbindung gekannt und bewusst genutzt haben. Doch die Kontroverse zeigt vor allem, dass der politische Diskurs in den Vereinigten Staaten an dieser Stelle mindestens beschädigt ist und nicht mehr einwandfrei funktioniert. Wenn gewaltsame Proteste als legitimer Ausdruck der Wut eines Teils der Bevölkerung gelten, kann irgendetwas nicht in Ordnung sein. Zuvor hatte Trump eine Untersuchung des Falls Floyd angekündigt, seinen Tod als »traurig und tragisch« bezeichnet und ihm Gerechtigkeit zugesagt.
80% der Festgenommenen stammen nicht aus Minnesota
Doch als er sich gegen die gewalttätigen Aktionen aussprach, die nun in George Floyds Namen geschahen, wurde wie üblich Trump selbst zur Zielscheibe seiner Kritiker. Der Präsident sei das Problem, nicht die Antifa, ließ die Washington Post einen hingebungsvollen, auch vor der Rechtfertigung von Gewalt nicht zurückschreckenden Akademiker schreiben.
Erst am Sonntagabend wurde die Nationalgarde auch nach Minneapolis gerufen. Trump begrüßte das und gratulierte der Garde für die Wiederherstellung der Ordnung. Am selben Tag kündigte er an, die linksradikale Antifa in den Vereinigten Staaten verbieten zu wollen, auch wenn noch niemand weiß, wie das gehen soll. Schon im Juli 2019 hatte Trump ein Verbot der linksradikalen Gewalttäter erwogen, die seiner Meinung nach die Polizeiarbeit erheblich erschweren. Und in der Tat: Linke Gruppen spielen vermutlich eine bedeutende Rolle bei der Organisation und Anheizung der aktuellen Proteste in mehreren Bundesstaaten der USA. So erklärte der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, der ebenso wie Bürgermeister Frey der linken Democratic-Farmer-Labor Party angehört, die Proteste würden von eigens angereisten Agitatoren geschürt. Um die 80% der Festgenommenen stammen laut Walz nicht aus Minnesota.
Auch Fox News berichtet von Verbindungen der gewalttätigen Protestler zur Antifa. Die Gewalt richtet sich dabei gezielt gegen Polizei und Nationalgarde. Auf einem Telegram-Kanal sollen Mitglieder der Antifa die Nationalgarde in Minnesota als »einfaches Ziel« beschrieben haben. Man solle ihre Ausrüstung und Waffen stehlen. Tatsächlich wird von derlei Diebstählen berichtet. Man kann sich bei alldem nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass die Antifa den vermeintlichen Rassenkonflikt in den USA eher anheizt und verschärft, als eine Lösung für ihn anzubieten.
Ein Opfer der Proteste postet: »Diese Gewalt muss enden«
Der Antifa-Experte Andy Ngô berichtet von einer blitzschnellen Mobilisierung der Antifa, die innerhalb von Stunden aus mehreren Bundesstaaten nach Minneapolis zogen, um eine für sie unschätzbare Gelegenheit wahrzunehmen. Die militanten Linksradikalen waren dabei offenbar schneller als die Polizei und anderen Sicherheitsbehörden. Diese wurden vom Ausbruch der Unruhen überwältigt. Ngô – der selbst schon eine sehr unschöne Bekanntschaft mit den linksradikalen Schlägerbanden gemacht hat – spricht von der über Jahrzehnte gehegten Ambition eines großen »Aufstands«, die die Antifa-Aktivisten antreibe. Ngô wurde im Juni 2019 während Unruhen in Portland krankenhausreif geschlagen und veröffentlicht weiterhin über die militante Bewegung. Den gewaltsamen Protest hätten die Antifas zu einer Kunstform ausgebaut: »Das erste zerbrochene Fenster« ist das »Blut im Wasser«, das die Plünderer wie Haie anzieht. Danach kommen die Brandstifter mit ihren brandbeschleunigenden Chemikalien. In Minneapolis fand man gar eine Bombe in einem zerstörten Ladengeschäft. Tatsächlich hatte Bürgermeister Jacob Frey von mehr als nur einigen wenigen Feuern in Minneapolis gesprochen.
In der Nacht zum Sonntag erreichten die Aufrührer das Weiße Haus und lieferten sich auch dort einen Wettlauf und einen Kampf mit den Sicherheitskräften, die zu den besten im ganzen Land zählen sollten. Ziegelsteine seien geflogen und sollen mindestens einen Beamten verletzt haben. Präsident Trump soll sich zeitweise in einen Bunker zurückgezogen haben. Die Lichter am Weißen Haus gingen aus, als sich hunderte Demonstranten auch nach der Zeit des Zapfenstreichs nicht zurückzogen. Feuer und Verletzte waren die Folge.
Sogar im kanadischen Montreal brachen am Montag Unruhen aus. Auf einem kurzen Video kann man sehen, wie die »Protestler« dabei sehr planvoll teure E-Gitarren stehlen, die vermutlich der Finanzierung der Gruppen zugute kommen werden.
Inzwischen kam ein schwarzer Polizist bei den Protesten ums Leben. Der 53-jährige Dave Patrick Underwood wurde in Oakland von einer Kugel getroffen, während er sich randalierenden Protestlern entgegenstellte. Seine Schwester schrieb in einem Posting: »Diese Gewalt muss enden.«