Tichys Einblick
Tricks der Ampel

Der PR-Schwindel um die steigende Beschäftigung

Die Beschäftigung steigt und steigt und steigt. Mit dieser Botschaft versucht die Ampel, die Lage der Wirtschaft gut aussehen zu lassen. Doch eine unabhängige wissenschaftliche Quelle zeigt den Schwindel dahinter auf.

picture alliance / dts-Agentur

Die Ampel gibt sich derzeit reichlich Mühe, die Lage der Wirtschaft nicht so verheerend wirken zu lassen, wie sie tatsächlich ist. So verbreitete das Ministerium von Hubertus Heil (SPD) am Dienstag Zahlen zur Arbeitslosigkeit: Arbeitsmarkt stabil, Zahl der Arbeitslosen von April auf Mai leicht zurückgegangen und die Zahl der Erwerbstätigen auf 45,9 Millionen Menschen gestiegen. Alles supi. Läuft doch in Ampelland.

Nun. Eine, wenn auch entscheidende Zahl, haben Heils PR-Arbeiter weggelassen. Die muss man sich in den Tiefen der Internetseite suchen, die von der Agentur für Arbeit betrieben wird: den Jahresvergleich. Von Mai 2023 auf Mai 2024 ist die Arbeitslosigkeit demnach um 179.000 Personen auf 2,7 Millionen gestiegen. Das unter einer Ampel, die massenhafte Zuwanderung mit einem Fach- und Arbeitskräftemangel begründet. Die „Unterbeschäftigung“ ist laut Agentur im Mai ebenfalls gestiegen. In dieser Kategorie versteckt sie unter anderem die Arbeitslosen, die sie in Maßnahmen schickt und damit aus der Statistik rausholt.

Das Ministerium von Hubertus Heil lässt also unangenehme Zahlen weg, um den Boss besser aussehen zu lassen? Geschenkt. Das Statistische Bundesamt hingegen ist zu politischer Neutralität und solider Arbeit verpflichtet – sollte man meinen. Das Amt veröffentlicht in dieser Woche eine Pressemitteilung mit der Überschrift: „Zahl der Erwerbstätigen nimmt im April 2024 weiter zu“. Damit bedient das Amt die Erzählung der Ampel von der blühenden Wirtschaft. Es folgt eine Reihe von Zahlen, die bestätigen, wie langfristig die steigende Beschäftigung ist.

Nur eine Zahl, die findet sich bei dem neutralen und seriösen Amt nicht. Dabei hätte die es in sich. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung veröffentlicht sie: Die „Teilzeitbeschäftigung liegt auf Rekordniveau“. Im ersten Quartal ist die Teilzeitquote demnach um 0,3 Prozentpunkte gestiegen und liegt jetzt bei 39,1 Prozent. Nicht so schlimm, könnte man meinen. Wenn die Beschäftigung insgesamt zunimmt, wächst halt auch die Teilzeitbeschäftigung. Oder?

Nein. Im Gegenteil. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung berichtet: „Die Vollzeitbeschäftigung ist dagegen erstmal seit Corona gesunken.“ Eine Angabe, die in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts fehlt. Nicht für wichtig befunden? Vergessen? Vom Hund gefressen worden?

Nun denn. Wie sieht es also wirklich um die deutsche Wirtschaft aus? „Noch nie lag die Teilzeitbeschäftigung in einem ersten Quartal so hoch wie jetzt“, sagt Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Er führt das auch auf die schwache Industrie und Bauwirtschaft zurück. Wenn es in den Branchen gut läuft, herrscht dort Vollzeitbeschäftigung – nur läuft es in den Branchen eben nicht gut. In Zahlen: „Das Arbeitsvolumen ist gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,6 Prozent auf 15,8 Milliarden Stunden gesunken.“

Das Institut spricht davon, dass die schlechte Lage in Industrie und Bauwirtschaft ein Grund für die Zunahme von Teilzeit ist. Es konzentriert sich auf den Bereich, der sich empirisch nachweisen lässt. Wissenschaftlich nachvollziehbar. Eine andere mögliche Erklärung lässt sich wegen der Natur der Sache kaum nachweisen: die Zunahme von Schwarzarbeit. Die Jungen Unternehmer und die Familienunternehmer warnen davor, dass immer mehr in die Schwarzarbeit abwandern, weil Steuern und Abgaben in Deutschland zu hoch sind. Die Teilzeitarbeit wiederum ist eine beliebte Möglichkeit, Schwarzarbeit zu tarnen: Ein Unternehmer stellt einen Beschäftigten offiziell für wenige Stunden ein. Die Differenz zu seiner tatsächlichen Arbeitszeit wickeln die beiden schwarz ab.

Doch die Politik darf nicht delegitimiert werden. Sonst kommen Verfassungsschutz und Sondereinsatzkommandos. Deshalb behält Heils Ministerium das letzte Wort: Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sei ebenfalls auf 34,8 Millionen gestiegen. Eine Jubelmeldung. Solange man nicht rechnet. Tut man es doch, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Beschäftigung vielleicht steigen mag. Aber dass halt auch knapp jede vierte Stelle nicht sozialversicherungspflichtig ist. Eine Erfolgsmeldung aus Sicht des Arbeitsministeriums. Man sollte Politiker wirklich nicht delegitmieren. Schon gar nicht, wenn sie das selbst tun wollen.

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