Die AfD-Abgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch wird beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage einreichen, um die Redefreiheit im Deutschen Bundestag zu sichern. Es geht dabei um von Storchs Rede zu dem AfD-Antrag „Transsexuellengesetz (TSG) erhalten und den Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie verbessern“, der sich gegen das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) der Ampel richtet, das die Partei ablehnt. Von Storch sieht das SBGG als „Höhepunkt des Wahnsinns“ und „Weg ins Tollhaus“ an, wie sie in ihrer Rede vom 15. November erklärte.
Unter anderem hatte sie in Bezug auf einen Grünen-Abgeordneten gesagt, Markus Ganserer könne sich zwar wünschen, eine Frau zu sein. Darüber urteile man auch nicht, das mache sein Leben ganz sicher schwer, aber: „Es macht ihn nicht zur Frau.“ Und weiter: „Wer in Zukunft Markus Ganserer Herrn Ganserer nennt, soll dafür 10.000 Euro Strafe zahlen. Für die Wahrheit. Sie sind realitätsphob.“ Dieser Teil ihrer Rede rief umgehend Protest, vor allem von den Bänken von SPD und Grünen, hervor. Ganserer selbst schwieg, in der ersten Reihe der Grünen-Fraktion sitzend. Betont werden muss, dass Ganserer rechtlich noch immer ein Mann ist.
Das „Offenbarungsverbot“, das es verbietet, das biologische Geschlecht einer sogenannten ‚Transperson‘ zu nennen, nannte von Storch eine „Pflicht zur Lüge“ und das SBGG insgesamt – mit einer Spitze gegen die mitregierende FDP – keineswegs liberal, sondern totalitär. Das Gesetz sei eine „Symbiose von Gendergaga und Nordkorea“. In der Tat darf man fragen, welchen Sinn es hat, das reine Sprechen oder Berichten über die Biographie eines Menschen vor seinem ‚Geschlechtswechsel‘ unter Strafe zu stellen. Das bedeutet nämlich das Offenbarungsverbot: Man wird nicht sagen dürfen, dass Tessa früher ein Markus war – das wäre Neu-Sprech für Arme. Das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“, wie der Titel vollständig heißt, soll unter anderem den Geschlechtswechsel durch Sprechakt einmal im Jahr möglich machen.
Doch noch vor der endgültigen Beschlussfassung zu dem geplanten Gesetz (das nach einem entsprechend ausfallenden Bundestagsbeschluss am 1. November 2024 in Kraft treten soll) durfte Beatrix von Storch die vorweggenommenen Konsequenzen des Entwurfs erleben. Die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linkspartei) erteilte von Storch zwei Ordnungsrufe und zuletzt eine Geldbuße (von 1000 Euro) wegen angeblicher Verstöße „gegen die Würde des Hauses“. Das Ordnungsgeld hatte Pau verhängt, nachdem von Storch ihre Sitzungsleitung in angeblich „despektierlicher“ Weise über soziale Medien kritisiert hatte. In der Sitzung hatte sie den „Respekt“ von Storchs vor Markus (Tessa) Ganserer vermisst.
Von Storch: Zwang zur Lüge ist grobes Unrecht
Von Storch legte Einspruch gegen die Entscheidungen ein, dem wurde aber laut der Abgeordneten nicht abgeholfen. Die Strafmaßnahmen seien dann „von allen Fraktionen außer der AfD bestätigt“ worden, heißt es in einer Pressemitteilung der AfD. Von Storch sieht sich deshalb in ihren Rechten als Abgeordnete des Deutschen Bundestages verletzt und will vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
Ihre Klage begründet die Juristin in einer Pressemitteilung so: „Das Aussprechen von Fakten und das Beschreiben der Realität kann schlechterdings nicht sanktioniert werden, auch oder besonders nicht im Deutschen Bundestag. Das mag für eine in der Tradition der SED (‚Die Partei hat immer Recht‘) stehende Bundestagsvizepräsidentin Pau schwer erträglich sein. Wer die freie Rede beschneidet, legt die Axt an unsere Demokratie.“
In der Debatte um das „unsägliche Selbstbestimmungsgesetz“ habe sie „inhaltlich gesagt, der Kollege Ganserer ist biologisch und juristisch ein Mann und er heißt mit Vornamen Markus“. Gegen die beiden Ordnungsrufe und die ihr auferlegte Geldbuße protestiert von Storch auch mit ihrer Klage: „Wenn sich diese Rechtsauffassung des Bundestagspräsidium durchsetzen würde, bedeutet dies, dass ich zum Lügen gezwungen werde. Das ist evident und für jedermann erkennbar grobes Unrecht und in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat unvertretbar. Deshalb gehe ich den Weg nach Karlsruhe.“