Tichys Einblick
Thüringen-Wahl vom 1. September

Die „Ampel“ ist implodiert

Thüringen hat gewählt. Und zwar in etwa so, wie es von INSA prognostiziert wurde. Freilich doch anders, als es „Ampel“, CDU, ARD, ZDF, DLF, SZ, ZEIT, linkslastige Umfrageinstitute und Co. herbeibeten, herbeisenden, herbeischreiben, herbeiprognostizieren wollten.

picture alliance/dpa | Martin Schutt

Thüringen hat gewählt. Und zwar in etwa so, wie es von INSA prognostiziert wurde. Freilich doch anders, als es „Ampel“, CDU, ARD, ZDF, DLF, SZ, ZEIT, linkslastige Umfrageinstitute und Co. herbeibeten, herbeisenden, herbeischreiben, herbeiprognostizieren wollten.

Die Prognosen laut ARD und ZDF eine Viertelstunde nach Schließung der Wahllokale inkl. „ExitPolls“ weisen folgende Prozent aus (ARD vs. ZDF):

AfD: 30,5 – 33,5
CDU: 24,5 – 24,5
BSW: 16,0 – 14,5
Linke: 12,5 – 11,5
SPD: 7,0 – 6,5
FDP: 1,3 – 1,0
Grüne: 4,0 – 4,0

„Ampel“-Parteien in der Summe 12,3 bzw. 11,5 Prozent! Das ist eine Implosion – auch für die „Ampel“ in Berlin! Oder mit anderen Worten: Grüne draußen, FDP draußen, SPD knapp drin! Das deckt sich zwar nicht ganz mit der letzten INSA-Prognose von vor einer Woche. „Solingen“ könnte eine Rolle gespielt haben. Hier die INSA-Prognose vom 24. August in Prozent: AfD 30, CDU 21, BSW 20, Linke 14, SPD 6, Grüne und FDP jeweils 3.

Die nun kurz nach Schließung der Wahllokale prognostizierten Ergebnisse der aktuellen Thüringen-Wahl kann man wohl nur halbwegs einordnen und erklären, wenn man vier Entwicklungen, Ereignisse und Tendenzen rekapituliert. Eines der Ereignisse hat vermeintlich nur mit dem Land Thüringen selbst zu tun; die anderen drei haben mit dem Bund zu tun.

Hätte ein Machiavellist die AfD mit Tricks stark machen wollen, er hätte genau diese vier Dinge inszeniert und befördert.

Wir sind gar nicht mal gespannt, was die Sprecher der Alt-Parteien heute und in den folgenden Tagen noch von sich geben werden. Wir können es erahnen: „Hat nur regionale Bedeutung … Thüringen und Sachsen stellen nur 7,5 Prozent der bundesdeutschen Wahlberechtigten …. Der Kampf gegen Rechts, Hass und Hetze muss intensiviert werden, in Schulen, Kindergärten, Hochschulen, Kirchen, Vereinen, Verbänden usw. hineingetragen werden … Wir müssen je nach Regierungsbildung um Bundeszwang nach Artikel 37 des Grundgesetzes diskutieren … Ein AfD-Parlamentspräsident kommt überhaupt nicht in Frage …“

Nun, der Wähler im Freistaat Thüringen war so frei, sich im Sinne von Kant seines eigenen Verstandes zu bedienen. Er hat Schluss gemacht mit einer CDU, die seit 1990 vier Ministerpräsidenten, und einer „Ex-SED/PDS, jetzt „Linke“, die 10 Jahre mit wenigen Tagen Unterbrechung einen wendigen Ministerpräsidenten stellte. Die Achterbahnfahrt Thüringens setzt sich vermutlich fort.

Achterbahnfahrten in Thüringen seit 1990

Thüringen war ja seit Wiederbegründung als Freistaat im Jahr 1990 für alle Parteien eine Achterbahnfahrt. Die CDU erzielte bei den bislang 7 Landtagswahlen zwischen 21,7 (2019) und 51,0 Prozent (1999). Die SPD hatte mal Ergebnisse von 29,6 (1994), zuletzt 8,2 Prozent (2019). Die Grünen waren bislang 4-mal im Landtag und 3-mal nicht im Landtag vertreten, die FDP flog 4-mal aus dem Landtag, 3-mal schaffte sie den Einzug. Die vormalige SED, spätere PDS, dann „Links“-Partei verbesserte sich seit 1990 kontinuierlich von zunächst 9,7 auf zuletzt 31 Prozent. Die AfD trat erstmals 2014 an und erzielte 10,6 Prozent, 2019 waren es auf Platz 2 dann schon 23,4 Prozent für die AfD. Und nun der Senkrechtstarter, die Phantompartei BSW mit 16,0 (ARD) oder 14,5 (ZDF) Prozent.

In Thüringen wechseln sich 2019 zudem Skandale ab. Es hat viel mit der öffentlichen Skandalisierung von AfD-Spitzenmann Björn Höcke als vom Verfassungsschutz beobachteten „Gott-sei-bei uns“ zu tun. Es hat mit der damaligen Kanzlerin Merkel zu tun, die die reguläre Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich am 5. Februar 2020 aus dem fernen Südafrika für „unverzeihlich“ erklärte und eine Wahlwiederholung verlangte. Kemmerich ging denn auch nach 3 Tagen mit seinem Rücktritt und, nachdem ihm seine Bundes-FDP den Rückhalt entzogen hatte, als der am kürzesten amtierende Ministerpräsident in die bundesdeutsche Geschichte ein.

Vor allem hat alles damit zu tun, dass der Landtag in Erfurt, voran die CDU kuschte und am 4. März 2020 „Links“-Mann Bodo Ramelow in einem dritten Wahldurchgang bei Enthaltung der CDU mit einfacher Mehrheit erneut zum Ministerpräsidenten verhalf: zum Ministerpräsidenten einer Rot-Rot-Grün-Minderheitsregierung, die nur 42 der insgesamt 90 Parlamentssitze hinter sich hatte. Ramelow blieb es bis dato, wiewohl er 2020 großspurig staatsmännisch baldige Neuwahlen angekündigt hatte. Wahl-Possen waren das. Man erinnert sich an die „Links“-Fraktionsvorsitzende, die quasi als Blumenmädchen FDP-Mann Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße warf, einen Ramelow, der Höcke den Handschlag verweigerte usw. So könnte es wieder kommen, wenn etwa eine Bundesinnenministerin Faeser (SPD) vielleicht in die Veto-Fußstapfen einer Angela Merkel tritt.

Was aber ist das Allerwichtigste abseits einzelner Prozentzahlen und möglicher Regierungsbündnisse oder Minderheitsregierungen: Die ach so aufgebläht daherkommende „Ampel“ ist in Thüringen und in Sachsen regelrecht implodiert. Die drei „Ampelisten“ aber werden wie sattsam bekannt weitermachen und weiter ihrer Lust an der eigenen und an der Dekadenz Deutschlands frönen.

 

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