Die Justiz war schneller als die Holzerntemaschinen. Am vergangenen Wochenende gab sie einem Eilantrag von Ökoaktivisten statt, mit dem die weitere Rodung von insgesamt 91 Hektar Wald in Grünheide bei Berlin gestoppt wurde. Es dauerte ein wenig, bis sich der Entscheid herumgesprochen hatte. Noch zwei Stunden nach dem Erlass arbeiteten die Harvester; erst nachdem die Polizei auf dem Gelände auftauchte, wurden die Rodungsarbeiten gestoppt.
Auf dieser Fläche soll bekanntlich das neue Automobilwerk von Tesla entstehen. Rund 500.000 Elektroautos will der amerikanische Hersteller in der ersten deutschen »Gigafactory« pro Jahr fertigen. Im Eiltempo will Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) das Renommierprojekt durchziehen. Er hat auch angekündigt, dass eine neue »Task Force« in seiner Staatskanzlei für das Tesla-Milliardenprojekt eingerichtet werden soll.
Doch so schnell kommen die Behörden offenbar mit den Genehmigungen nicht nach.
Einen entsprechenden Antrag auf Baustopp hatte neben dem Verein Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB) die Grüne Liga Brandenburg e.V., ein »Netzwerk ökologischer Bewegungen«, gestellt. Dessen Ursprünge stammen noch aus alten DDR-Zeiten. Es tut sich heute dadurch hervor, Hand in Hand mit dem dubiosen Abmahnverein Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen den Braunkohletagebau Jänschwalde zu klagen. Die Truppe hat sich »Aktionen und öko-anarchistischer Theorie und Praxis« verschrieben und lehnt Firmensponsoring und staatliche Gelder nicht ab.
Heinz-Herwig Mascher (61), der Vorsitzende der Grüne Liga Brandenburg e. V.: »Dass Ministerpräsident Woidke dem Investor einen solchen Zeitplan verspricht, haben wir als öffentliche Aufforderung zum Rechtsbruch empfunden.« Tesla dürfe keine unumkehrbaren Tatsachen schaffen, bevor die Fabrik genehmigt ist.
Bis zum 5. März können Umweltverbände und Bürger noch Einwände erheben. Erst danach dürfe ein vorzeitiger Baubeginn genehmigt werden.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigt sich nach dem Rodungsstopp alarmiert und warnt vor der Verzögerung des Projektes. Die Teslafabrik sei von großer Bedeutung für den Klimaschutz und eine der wichtigsten Industrieansiedlungen in Ostdeutschland. Für die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU erhebt sich die Frage, ob nicht das ausgeuferte Verbandsklagerecht wieder eingeschränkt werden müsse. BDI-Präsident Dieter Kempf erklärte gegenüber dem Tagesspiegel: »Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen haben sich nicht erst seit dem Antrag eines US-Unternehmens zu einem massiven Investitionshemmnis entwickelt.«
»Wir mussten schnell handeln, sonst wäre der Wald vorm Urteil weg gewesen«, so eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg. Jetzt stehen erst einmal die 29 Harvester, die in Rekordzeit 92 Hektar Wald fällen sollen. 47 Hektar haben sie bereits geschafft. Es handelt sich dabei um Fichtenplantagen, die ab 2001 angelegt wurden und jetzt erntereif seien. Ursprünglich wollte früher auf dieser Fläche BMW einmal ein Werk bauen, sagte aber dann kurzerhand ab.
Die Zeit drängt: Anfang März beginnt offiziell die Brutperiode für Vögel. Ab dann dürfen keine Bäume mehr gefällt werden – wenn sie nicht gerade Windrädern weichen müssen.
Bis Ende dieser Woche will das Oberverwaltungsgericht endgültig entscheiden, ob weiter gerodet werden kann oder nicht. In der Vorinstanz wurden die Eilanträge übrigens abgewiesen, weil die Abwägung der naturschutzrechtlichen Belange durch das Landesumweltamt nicht zu beanstanden sei.
Woher der Wind weht, geht aus einer Stellungnahme des grünen Verkehrsclub Deutschland (VCD) hervor. Der bezweifelt, dass »große und schwere Fahrzeuge wie das zur Fertigung in Grünheide vorgesehene SUV Modell Y einen sinnvollen Beitrag zur Verkehrswende leisten« würde.
Würde Elon Musk sich entschließen, hier Lastenfahrräder zu bauen, wäre die Trinkwasserversorgung durch die Fabrik vermutlich nicht gefährdet, und es gäbe keine Klagen.