Die Mörder von Paris haben zugleich die Debatte über den Zustrom von Flüchtlingen in Deutschland befeuert. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, sagen die einen. „Paris ändert alles“, sagt Markus Söder (CSU) und spricht damit vielen aus den Herzen. Da schwingt die Hoffnung mit, dass wir uns mit undurchlässigen Grenzen gegen den IS-Terror schützen könnten.
Dabei gilt auch hier: Nicht alles, was zusammengerührt wird, gehört auch wirklich zusammen. Deshalb ein paar nüchterne Feststellungen:
1. Offene Grenzen waren schon vor Paris eine Gefahr
Wir wissen nicht, ob einer der an der Mordserie von Paris direkt oder indirekt Beteiligten im Strom der Flüchtlinge sozusagen mitgeschwommen ist. Auszuschließen ist es nicht, dass IS-Terroristen die derzeit weit offenen Grenzen für ihre Zwecke nutzen. Wahrscheinlicher ist es freilich, dass die IS-Verbrecher mit echtem oder gefälschtem Visum per Flugzeug kommen.
Jedenfalls ist es ein Zeichen für einen gefährlichen Kontrollverlust und für staatliche Ohnmacht, wenn die Bundesregierung nicht weiß, ob 100.000 oder gar 300.000 Illegale unter uns leben, wovon sie leben und was sie tun. Ein Zustand, der in einem geordneten Gemeinwesen untragbar ist und war – auch schon vor Paris.
2. Nicht importierte Terrorristen sind die größte Gefahr, sondern die „hausgemachten“
Die ersten Ermittlungsergebnisse sind eindeutig: Es waren offenbar überwiegend in Frankreich geborene muslime, die das Massaker veranstalteten. Dieser Befund ist im Grund erschreckender, als wenn die Killerkommandos aus Syrien gekommen wären. Denn er besagt: In westlichen Gesellschaften wachsen junge Männer und Frauen heran, die die Welt am liebsten in die Steinzeit zurückbomben würden.
Solche „Gotteskrieger“ leben auch bei uns. Die Zahl der gewaltbereiten Islamisten wurde vom Bundeskriminalamt Ende 2014 auf rund 1.000 Personen geschätzt, 330 von ihnen gelten als „Gefährder“. Sie alle müssten permanent überwacht werden. Das überfordert jedoch unsere Sicherheitsdienste. Das ist so und das war so – auch schon vor Paris.
3. „Hausgemachte“ Terroristen kommen aus Parallelgesellschaften
Frankreich ist am Freitag bereits zum wiederholten Mal Zielscheibe von IS-Terroristen geworden – von in Frankreich geborenen Mitbürgern mit französischem Pass. Doch die Bezeichnung „Mitbürger“ trifft wohl nicht zu. Wer in einer Parallelgesellschaft lebt, in der die Regeln des im Westen üblichen zivilisierten Miteinanders nicht gelten, in der unser Verständnis von Religionsfreiheit, von der Gleichberechtigung von Mann und Frau und von der unantastbaren Menschenwürde als dekadent gelten, wo Hassprediger in Moscheen junge Leute für den „heiligen Krieg“ rekrutieren, der ist kein Mitbürger, sondern einer der sich bewusst abseits, ja gegen das Gemeinwesen stellt.
Solche Parallelgesellschaften gibt es auch in Deutschland. Und es werden eher mehr werden, weil der unbegrenzte Zuzug die Chance, alle die Menschen aus fremden Kulturen hier zu integrieren, verringert. Je größer die Zahl der Neuankömmlinge, umso größer die Gefahr einer Ausweitung dieser Parallel-Welten. Das ist so und das war so – auch schon vor Paris.
4. Die Verlierer von heute sind die „Krieger“ von morgen
Keine Gesellschaft kann verhindern, dass junge Leute zu Revolutionären und Mördern werden. Der Großteil der RAF-Mitglieder hierzulande stammte aus gut situierten, akademischen Elternhäusern, nicht wenige sogar aus evangelischen Pfarrhäusern. Dennoch sind gerade solche Menschen gefährdet, sich aus pseudo-religiösen Gründen gegen Staat und Gesellschaft zu wenden, die dort keinen Platz gefunden haben. Deutsche Islamisten sind überwiegend Verlierer-Typen, die es im Leben zu nichts gebracht haben und nun hoffen, eine Kalaschnikow mache aus jedem „Loser“ einen Helden.
Man kann es auch positiv ausdrücken: Gut integrierte Zuwanderer scheiden als Nachwuchskräfte für die IS-Mörderbande aus. Integration setzt jedoch voraus, dass die Bereitschaft zur Integration vorhanden ist. Daran hat es in der Vergangenheit oft gemangelt. Und es gibt kein Indiz, dass die wachsende Zahl der Zuwanderer die Aufgabe der Integration erleichtert – weder in der Gesellschaft noch in der Arbeitswelt. Im Gegenteil: Der ungeregelte Zustrom von Asylbewerbern, Bürgerkriegsflüchtlingen und Armutsmigranten wird die Zahl der Verlierer zwangsläufig erhöhen. Das ist so und das war so – auch schon vor Paris.
Fazit: Auch nach Paris gibt es keinen Grund, jeden muslimischen Flüchtling zum potentiellen Mörder zu erklären. Doch war Europa seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr so gefährdet wie heute. Wir werden auf absehbare Zeit im Alarmzustand leben. Umso wichtiger ist, dass Europa wieder eine Festung wird – eine Festung der Freiheit, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit.