Die Atomkraft muss weg. Koste es, was und wen es wolle. Das ist die Staatsräson in Deutschland, seitdem die Grünen an der Regierung sind. Als nächstes will die Ampelkoalition die Insel Rügen dieser grünen Staatsräson opfern. Wo Menschen Ruhe suchen, soll ein LNG-Terminal entstehen. Wo die Natur bisher aufwendig in einem Biosphärenreservat geschützt wird, soll ein neues Duisburg entstehen, ein zweites Liverpool. Doch die Insel wehrt sich.
Die Gruppe, die sich an einem Samstagmittag spontan bildet, hört Kannengießer gebannt zu, wie er von den Plänen Robert Habecks (Grüne) und der Ampelregierung erzählt. Gut fünf Kilometer vor dieser Sehenswürdigkeit soll ein LNG-Terminal entstehen. Enorme Tanker sollen um dieses Terminal kreisen, um Gas abzuladen. Gas, das benötigt werde, weil Deutschland aus der Atomkraft aussteigen will, Stromleitungen nicht schnell genug umbaut, der Kohleausstieg auch besser vorgestern als gestern passieren würde und Deutschland auf russisches Gas verzichtet – zumindest wenn es aus Pipelines fließt.
Kannengießer berichtet von Chlor, das die Boddenlandschaft zu ruinieren droht. Von Flüssiggas, das auslaufen könnte. Von Diesel betriebenen Tankern. Von drohendem Lärm und Gestank in dem Urlaubsparadies und Naturschutzgebiet. Das alles direkt in Sicht der Seebrücke. Einem Hotspot der Insel. Auf dem sich mittags schnell mal zwei Dutzend Zuhörer gruppieren, wenn jemand nur wenige Minuten von solchen Gefahren für die Insel spricht. Zuhörer, die sich echauffieren. Die fragen, was sie tun können. Die spontan per Smartphone eine Petition zum Stopp dieser Vernichtung unterschreiben.
Wenn es um Informationen zum LNG-Terminal geht, das ihre Existenz zu zerstören droht, können sich die Rügener auf offizielle Stellen so gut verlassen wie Zuschauer des nordkoreanischen Staatsfernsehens. Dass ein Terminal vor Sellin geplant sei, hätten sie erfahren, als ein entsprechendes Riesenschiff vor ihrer Küste aufgetaucht sei, erzählt der heimische Hotelier Thomas Dorissen. Sie hätten sich dann selbst schlau machen müssen, was da auf sie zukommt.
Das Terminal vor Sellin wird nötig, weil es mit dem Terminal vor Lubmin ein Problem gibt. Dort steht zwar eine Anlage zur Verarbeitung des gelieferten Gases. Aber das Gewässer vor Lubmin ist zu flach. Die LNG-Tanker können den Ort nicht anfahren, der auf dem Festland gegenüber Rügen liegt. Shuttle-Schiffe sind notwendig. Von der fehlenden Wassertiefe konnte niemand was wissen, niemand konnte das prüfen. Zumindest kein Wirtschaftsministerium, das von Robert Habeck geführt wird: erstmal eine Gasumlage raushauen, dann den Protest schönreden, bis sogar der Kinderbuchautor Habeck merkt, dass es die Protestierer sind, die recht haben. In Sachen Lubmin scheint der Wirtschaftsminister wieder so gehandelt zu haben.
Die Inselbewohner sind bereit zu kämpfen. Eigentlich muss ein Tourismus-Ort wie Sellin Berichte wie diesen fürchten. Das weiß Hotelier Dorissen. Potentielle Gäste könnten Nachteile erwarten und der Insel fernbleiben. Doch Dorissen und die anderen nehmen das in Kauf: „Wir müssen kämpfen.“ Käme das LNG-Terminal, drohe ihnen das komplette Aus. Dann lieber jetzt dagegen angehen. Auch auf die Gefahr hin, durch ein gewisses Tal zu müssen. Immerhin haben sie eine Hoffnung: Kurz nachdem der Vorletzte in Deutschland verstanden hat, dass die Gasumlage nicht funktioniert, hat es auch Habeck akzeptiert. Die Bewohner von Rügen hoffen nun auf den gleichen Effekt – die Geduld und den Kampfgeist, bis dahin zu wirken, haben sie. Ihre Gäste sind ebenfalls auf ihrer Seite.